Management, DSSV | Autor/in: Iris Borrmann & Gülizar Cihan |

Aktuelle Gerichtsentscheidungen: Was Sie jetzt beim Thema Urlaub beachten müssen

Manchen Studiobetreiber:innen reicht es schon, nur die Urlaubsansprüche für Vollzeit- und Teilzeitkräfte berechnen zu müssen. Auch der Urlaubsanspruch für geringfügig Beschäftigte wird oft übersehen. Nun sind allerdings durch zwei Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes weitere Parameter hinzugekommen, die für alle Arbeitgeber:innen von großem Interesse sind.

Das Recht auf Urlaub und Erholung: Was Sie bei der Berechnung beachten müssen – mit Besonderheiten beim Thema Kurzarbeit

Es handelt sich bei den Gerichtsentscheidungen um die beiden folgenden Urteile:

1. Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers bei der Inanspruchnahme des Urlaubs (BAG, Urteil vom 19. Februar 2019 – 9 AZR 541/15)

2. Kürzungen des Jahresurlaubs bei der Gewährung von Kurzarbeit (BAG, Urteil vom 30. November 2021 – 9 AZR 225/21)

Urlaub und Mitwirkungspflicht von Personalverantwortlichen

Bisher sah die Rechtslage vor, dass nicht genommener Urlaub spätestens am Ende des Übertragungszeitraums, am 31. März des Folgejahres, verfällt. Das geschah unabhängig davon, ob die Arbeitgeber:innen die Arbeitnehmer:innen zuvor in die Lage versetzt hatten, den Urlaub in Anspruch zu nehmen.

Der Urlaubssenat des Bundesarbeitsgerichtes legt § 7 Abs. 1 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in o. g. Entscheidungen nun anders aus und verlangt, dass Arbeitgeber:innen „konkret und in völliger Transparenz“ dafür sorgen, dass Arbeitnehmer:innen tatsächlich in der Lage sind, ihren bezahlten Jahresurlaub anzutreten.

Urlaub: Aufforderung der Arbeitgeber:innen

Die erste Voraussetzung dafür ist, dass jede:r Arbeitnehmer:in weiß, wie viel Urlaub ihm:ihr zusteht und bis wann dieser spätestens genommen werden muss. Arbeitgeber:innen müssen Arbeitnehmer:innen – falls erforderlich sogar schriftlich – dazu auffordern, ihren Urlaub zu nehmen.

Verwirklichung des Urlaubsanspruchs

Sie müssen ihnen unmissverständlich und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er nicht in Anspruch genommen wird. Arbeitgeber:innen tragen damit die Initiativlast, die tatsächliche Verwirklichung des Urlaubsanspruchs voranzutreiben.


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Erst wenn diese sogenannten Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt sind, können Urlaubsansprüche wirksam auf das jeweilige Urlaubsjahr befristet werden.

Der nicht erfüllte Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erlischt folglich nur dann am Ende des Kalenderjahres bzw. des Bezugszeitraums, wenn der:die Arbeitgeber:in nach der genannten Vorgehensweise gehandelt und der:die Arbeitnehmer:in den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Die Fristen im Bundesurlaubsgesetz (§ 7 Abs. 3 BUrlG) werden erst wirksam, wenn Arbeitgeber:innen die Mitwirkungspflicht erfüllt haben.

Informationspflicht erfüllen

Für die Praxis bedeutet das: Studioinhaber:innen sollten rechtzeitig allen Mitarbeitenden eine Mitteilung zukommen lassen (per E-Mail oder als Brief), wie viel Jahresurlaub ihnen im entsprechenden Jahr zur Verfügung steht und dass dieser verfällt, wenn er bis zum Jahresende nicht beantragt und genommen wurde.

Realistische Chance, Urlaub zu nehmen

Diese Mitteilung kann zu Beginn eines Urlaubsjahres erfolgen, jedoch spätestens dann, wenn noch eine realistische Chance besteht, den Urlaub im verbleibenden Zeitraum zu nehmen. Sollte keine entsprechende Mitteilung an die Mitarbeitenden erfolgen, wird der noch nicht verwirklichte Urlaubsanspruch von Jahr zu Jahr angehäuft; er verfällt nicht!

Kurzarbeit und Urlaubsanspruch

Das Thema Kurzarbeit ist in der Pandemiezeit wieder in den Fokus gerückt. Das BAG musste sich daraufhin mit der Frage beschäftigen, ob Kurzarbeit den Urlaubsanspruch in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigt.

Grundsätzlich gilt, dass Kurzarbeit die regelmäßige Arbeitszeit vorübergehend aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalls im Betrieb reduziert. Sinn und Zweck der Kurzarbeit ist es, den Arbeitgeber:innen die Chance zu bieten, Arbeitsplätze zu erhalten.

Urlaub vor Kurzarbeit

Daher verwundert es nicht, dass Arbeitnehmer:innen zuerst ihren Erholungsurlaub zur Vermeidung der Kurzarbeit einbringen müssen. 2020 wurde dieses Muss kurzzeitig ausgesetzt, gilt aber seit dem 1. Januar 2021 wieder. Ausnahmen sind zulässig, beispielsweise bei bereits existierenden Urlaubsplanungen oder Betriebsferien.

Erholung im Urlaub

Urlaub hingegen soll zur Erholung dienen. So regelt das Bundesurlaubsgesetz im § 1 ganz klar, dass jede:r Arbeitnehmer:in in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub hat.

Wenn Mitarbeitende in Kurzarbeit geschickt werden und daher nicht nur weniger Stunden pro Tag arbeiten, sondern auch für einen ganzen Tag oder auch mehrere wegfallen, kann sich dadurch ihr Urlaubsanspruch reduzieren.


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Das hat das BAG in seiner Entscheidung vom 30. November 2021 (9 AZR 225/21; 9 AZR 234/21) bejaht – nicht zuletzt, weil der Europäische Gerichtshof bereits in der Vergangenheit schon eine Kürzung von Urlaubsansprüchen für Zeiten geduldet hat, in denen der:die Arbeitgeber:in tatsächlich nicht tätig war.

Kurzeinsätze dienen nicht der Erholung

Gleichzeitig wurde aber auch der Erholungsgedanke mit aufgegriffen. Wenn der:die Arbeitnehmer:in an Tagen, an denen er:sie regulär gearbeitet hätte, gar nicht tätig werden muss, kann er:sie sich „erholen“.

Konsequenterweise gilt das nicht, wenn er:sie – selbst für kurze Zeit – an dem jeweiligen Tag im Einsatz ist. Gleichzeitig wird klargestellt, dass diese „freien“ Tage im Rahmen der Kurzarbeit nicht mit Arbeitszeiten gleichgestellt werden können.

Nichtsdestotrotz muss die Kurzarbeit aber rechtlich wirksam eingeführt worden sein. Nur auf dieser Grundlage können Arbeitgeber:innen den Urlaubsanspruch ihrer Mitarbeitenden rechtssicher kürzen.

Formel zur Urlaubsberechnung

Studioinhaber:innen, die ihre Mitarbeitenden zeitweilig in „Kurzarbeit null“ schicken mussten, können unter den genannten Voraussetzungen Urlaubstage kürzen.

Sofern einzelne Wochentage ausgefallen sind und der:die Arbeitnehmer:in ansonsten regelmäßig zu festen Werktagen gearbeitet hat, kann folgende Formel zur Urlaubsberechnung herangezogen werden:


Individuelle Arbeitstage pro Woche x 24 (Urlaubsanspruch in Werktagen)
_______________________________________________________________________
6 (übliche Arbeitstage: Montag bis Samstag)


Der Urlaubsanspruch kann für jeden Monat, in dem der:die Beschäftigte aufgrund von Kurzarbeit nicht im Betrieb tätig war, um 1/12 gekürzt werden.


 

Rechtsberatung für DSSV-Mitglieder

Iris Borrmann & Gülizar Cihan: Zu allen rechtlichen Fragen rund um den Studioalltag bietet die Rechtsabteilung des DSSV im Rahmen einer bestehenden Mitgliedschaft die Möglichkeit, eine kostenlose rechtliche Erstberatung in Anspruch zu nehmen.

Darin enthalten sind eine erste Einschätzung der Rechtslage, beispielsweise nach Erhalt einer Attestkündigung, zur Überprüfung von Vertragsklauseln oder zu arbeitsrechtlichen Themen.

Tel.: 040 - 766 24 00, E-Mail: jurist@dssv.de


 

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