Management | Autor/in: Dr. Sarah Kobel, Gregor Preuschoff & Florian Schmidt |

Erfolgsfaktor Mitarbeiter am Beispiel EMS-Training

EMS-Training hat sich in der Fitnessbranche fest etabliert. Der Grund hierfür ist nicht etwa ein neuartiges Trainingskonzept, sondern, dass EMS-Training ein Dienstleistungsmodell verkörpert, das die persönliche Zielerreichung der Trainierenden in den Fokus stellt. Sorge dafür tragen qualifizierte Mitarbeiter, die einen nicht unerheblichen Anteil am Erfolg des Konzepts für sich beanspruchen können. Während der coronabedingten Schließungen der Anlagen im Frühjahr solidarisierten sich die Mitglieder mit ihnen und leisteten Unterstützung – ein Plädoyer für die Investition in die Mitarbeiter als fundamentale 'Bausteine' des Erfolgs. Die hier vorgestellte Studie bezieht sich auf den Lockdown im Frühjahr 2020. Sie liefert wichtige Erkenntnisse für die kurz- und langfristigen Herausforderungen des zweiten Lockdowns.

Qualifizierte Mitarbeiter im EMS-Training

Vom Angebot begeistert

Hinreichend bekannt ist, dass eine starke emotionale Bindung zu einem Anbieter auch die Begeisterung für dessen Angebote entfacht und verstärkt. Man denke hier an den Pullover der absoluten Lieblingsmarke, den ein Jugendlicher voller Stolz trägt, oder das Auto der Marke X, das man schon immer fahren wollte. Selbiges gilt für das Training im EMS-Studio.

Die Entwicklung der Trainingshäufigkeit vor, während und nach dem Lockdown im März untermauert genau diese Annahme: 90,8 Prozent der EMS-Studio-Mitglieder trainierten vor der Schließung, wie es die DIN 33961-5 empfiehlt, ein- oder zweimal pro Woche. Nach dem Lockdown weisen 89,7 Prozent diese Häufigkeit auf.

Während der Schließung der EMS-Anlagen waren die Mitglieder jedoch gezwungen, sich alternativer Trainingsformen zu bedienen – und die Trainingshäufigkeit verschiebt sich hierbei deutlich nach oben: 32,9 Prozent und damit ein Drittel der befragten EMS-Mitglieder trainierten während des Lockdowns dreimal pro Woche oder sogar häufiger!

Dies zeigt zum einen: EMS-Nutzer müssen deutlich häufiger trainieren, um das fehlende EMS-Training zu kompensieren. Gleichzeitig machen die Ergebnisse deutlich, dass das körperliche Wohlbefinden, das das EMS-Training den Mitgliedern verschafft, dennoch nicht erreicht werden kann (vgl. Abb. 2) – ein klares Indiz dafür, wie wichtig das EMS-Training für das Wohlbefinden der Mitglieder ist.

Wie an der Entwicklung der Trainingshäufigkeiten zu sehen, vermissten die Mitglieder ihr EMS-Training und kehrten nach Wiedereröffnung der Anlagen zu diesem zurück. Müssen Alternativen, wie beispielsweise während des Lockdowns, herangezogen werden, bevorzugen EMS-Mitglieder diejenigen Trainingsformen, die ihrem EMS-Training am ehesten entsprechen: allgemeines Krafttraining mit moderaten Gewichten oder dem eigenen Körpergewicht. EMS-Nutzer bewegen sich auch bei alternativen Trainingsformen daher in 'bekannten Gefilden' – einen tatsächlichen Ersatz für das EMS-Training stellt, so zeigen es die Ergebnisse der Studie, keine der Alternativen dar.

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie gehen, durchaus regelmäßig, mit Freunden in einem bestimmten Restaurant essen. Jedes Mal aufs Neue werden Sie dort von einem anderen Kellner begrüßt. Sie sind, mit Verlaub, einer von vielen unbekannten Gästen. Stellen Sie sich nun das Szenario vor, dass Sie in diesem Restaurant stets von demselben Mitarbeiter empfangen werden.

Dieser begrüßt Sie, wenn Sie eintreten, freudig lächelnd mit den Worten „Bestellung wie immer?“  und weist Ihnen – so hat er es sich gemerkt – den Tisch hinten rechts am Fenster zu, da Sie dort am liebsten sitzen. In beiden Szenarien sind das Essen, der Preis und das Ambiente hervorragend. In welchem der beiden Szenarien aber fühlen Sie sich wohler bzw. dem Restaurant gegenüber verbundener?

In welchem Szenario hätten Sie das Restaurant in Zeiten der Krise unterstützt, um dessen Überleben zu sichern? Die Antwort liegt, intuitiv nachvollziehbar, auf der Hand. Dort, wo man sich wahrgenommen, wertgeschätzt und gemocht fühlt, zeugt die Beziehung von Loyalität und Solidarität. Verschwindet man hingegen in der anonymen Masse, sieht man sich vermutlich nicht in der moralischen und emotionalen Pflicht, Unterstützung in schweren Zeiten zu leisten. Der zentrale Unterschied liegt hierbei in der Person des Mitarbeiters.

DHfPG-Studie zeigt: EMS-Konzept punktet

Was aber verrät dieses branchenfremde Szenario über das Erfolgskonzept EMS? EMS hat sich – in Form spezialisierter Mikrostudios oder als Zusatzangebot in konventionellen Anlagen – längst in der Fitnessbranche etabliert. Und nicht nur das: Die Ergebnisse der von der DHfPG durchgeführten repräsentativen Befragung von Mitgliedern in Fitness- und Gesundheitsanlagen (n = 3.591 Trainierende aus Einzel-, Mikro-, Ketten- und EMS-Anlagen) zeigen, dass EMS-Studios sich in einigen Punkten sogar als Vorreiter in der Branche herauskristallisieren.

Während der ersten coronabedingten Schließungen der Studios fühlten sich Mitglieder in EMS-Anlagen besser betreut und fairer behandelt als in Einzel-, Mikro- oder Kettenanlagen. Zweifelsfrei fühlten sich auch Mitglieder in diesen Anlagen gut betreut (vgl. Abb. 1), die Werte bleiben aber dennoch hinter denen der EMS-Mitglieder zurück.

Auch fühlen sich Mitglieder in EMS-Anlagen ihrem Studio gegenüber stärker verbunden als etwa Mitglieder in Einzel- und Kettenanlagen. Wie aber kann dieses Ergebnis erklärt werden?

 

Erfolgsfaktor Mitarbeiterqualifikation

Grund für dieses positive Resultat, das zeigen die Ergebnisse der repräsentativen Befragung durchweg, sind insbesondere die Mitarbeiter und der persönliche Kontakt zu den Mitgliedern. Mehr als bei anderen Anlagen stehen beim EMS-Konzept die individuelle Auseinandersetzung und die persönliche Interaktion mit dem Kunden im Vordergrund.

Empathie gilt als ein entscheidender Erfolgsfaktor: Der Mitarbeiter-Kunden-Beziehung wird durch die Eins-zu-eins- bzw. Eins-zu-zwei-Betreuung eine besondere Intensität verliehen. Die entstehende Bindung wirkt sich schließlich positiv auf die Beziehung zum EMS-Anbieter selbst aus. Wie in nahezu allen Dienstleistungssituationen ist es nämlich der Mitarbeiter, der im direkten Kontakt mit dem Kunden steht und der dem Anbieter damit ein Gesicht verleiht. Im Beitrag „Welche Erfolgsfaktoren die Branche durch die Krise bringen“ wurde vor diesem Hintergrund herausgestellt, dass besonders die EMS-Anlagen die Branche lehren, in die Mitarbeiter als wohl wichtigste Schnittstelle zwischen Mitglied und Studio zu investieren. Keine Frage: Die Qualität der angebotenen Leistung stellt eine notwendige Bedingung des Erfolges einer Dienstleistung dar. Sie gilt im Sinne der Kundenzufriedenheit als Basisfaktor: Ihr Vorhandensein wird vorausgesetzt, das Nichtvorhandensein wird 'bestraft'.

Qualität allein, so hat es auch das eingangs dargestellte Beispiel klar verdeutlicht, reicht aber nicht. Die entsprechende Kompetenz – in persönlicher und insbesondere auch fachlicher Hinsicht – zeichnet sich als zweiter tragender Erfolgsfaktor aus: Es ist an den Mitarbeitern, ihre Kompetenzen passgenau einzusetzen und dem Kunden einen ganzheitlichen Ansatz zu bieten.

Dienstleistungsqualität ist in einer Zeit der 'Anspruchsinflation' vieler Kunden austauschbar, eine gefestigte emotionale Beziehung und ein kompetentes Adressieren individueller Kundenbedürfnisse sind es eben nicht. Besonders die EMS-Branche hat dieses Potenzial erkannt und setzt in großem Maße auf dual Studierende. Diese bringen ein interdisziplinär ausgerichtetes Gesamtpaket (u. a. trainings-, ernährungswissenschaftliche und betriebswirtschaftliche Kenntnisse sowie die nötige Kundenorientierung) mit und können Kunden so optimal betreuen. Als Erkenntnis für die gesamte Branche zeigt sich hieran: Der Kunde sollte nicht nur König, sondern gleichzeitig der beste Freund sein.

Schließlich will man das Beste für ihn – in puncto Betreuungsqualität, aber auch auf einer persönlich-emotionalen Ebene.

Kommunikation während der Krise stärkt Bindung

Ist eine persönliche Kommunikation und Interaktion, wie etwa während eines Lockdowns, nicht möglich, dienen auch Medien (insbesondere Social Media) dazu, den Kontakt zu und die Interaktion mit den Mitgliedern aufrechtzuerhalten. Auch in der digitalen Kommunikation zeigten EMS-Anlagen während der ersten Schließung der Anlagen die stärkste Präsenz. Insgesamt war es für Mitglieder unerheblich, welche Trainingsangebote die Anlagen ihnen während dieser Zeit konkret zur Verfügung gestellt haben. Allein die Tatsache, dass Inhalte abrufbar waren, wurde honoriert: Die Beiträge wurden während der Schließung fortgezahlt, ganz nach dem Motto: „Eine Hand wäscht die andere“.

Oder besser: „Aufgrund der guten Kommunikation des Studios habe ich auf eine Reduzierung verzichtet“, „Ich habe mich weiterhin gegenüber meinem Studio verpflichtet gefühlt, sie waren für mich da“, wie es einige der Befragten (bei offener Antwortmöglichkeit) formulierten.

Überraschend ist, dass jedes dritte Mitglied einer Kettenanlage keine Kenntnis über etwaige Angebote des Studios besaß. Bei Einzel- und Mikroanlagen bewegen sich diese Werte bei 19,6 bzw. 24,4 Prozent, während nur 15,9 Prozent der EMS-Mitglieder im Unklaren über Angebote während der Schließung waren (vgl. Abb. 3).

Die Zahlen sind ein weiteres Indiz dafür, dass das Kommunikationsverhalten der EMS-Anlagen in dieser Situation gut funktioniert hat – wodurch auch die Bindung zwischen Anlage und Mitgliedern weiter aufrechterhalten werden konnte.

Gesundheit im Fokus: ganzheitliches Konzept

Nicht nur die Tatsache, dass kommuniziert wurde, sondern auch die Inhalte, die transportiert worden sind, rücken EMS-Anlagen als ganzheitliche Gesundheitsdienstleister immer mehr in den Fokus. 44,1 Prozent der EMS-Studio-Mitglieder gaben an, dass ihr Studio während der Schließung im März u. a. auch Ernährungstipps zur Verfügung stellte – und damit den Gedanken des ganzheitlichen Ansatzes aus Fitness sowie Ernährung verinnerlicht hat und diesen bereits stärker nach außen transportiert als andere Anlagen (vgl. Abb. 4).

Dieser Gedanke spiegelt sich auch im Rahmen der zunehmenden Professionalisierung der EMS-Branche wider: Gilt EMS-Training heute vielfach noch als Lifestyle-Trainingsform, so ist die Gesundheitsprävention doch zunehmend stark in diesem Konzept verankert und wird von den Kunden immer häufiger in Anspruch genommen und wertgeschätzt.

Dass Fitness gut für die Gesundheit ist und durch Berücksichtigung weiterer Komponenten wie insbesondere der Ernährung zusätzlich positive Ergebnisse erzielt werden können, ist ein wesentlicher Gedanke, der im Rahmen einer ganzheitlichen Trainingsbetreuung konsequent weiterverfolgt werden sollte. Hervorzuheben ist, dass kompetente und hochqualifizierte Trainer als Vertrauenspersonen vor, während und nach dem Training den Kunden noch individueller, bspw. über Ernährungstipps, betreuen können. Dadurch sind sie in der Lage, den Kunden zu binden, ggf. auch sinnvolle Zusatzverkäufe (Nahrungsergänzungsmittel etc.) zu generieren und so einen wichtigen gesundheitsrelevanten Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten.

Fazit

EMS-Anbieter haben angesichts der Studienergebnisse während des ersten Lockdowns vieles richtig gemacht. Was zählt, um auch in schwierigen Zeiten erfolgreich auf dem Markt zu agieren, ist also das große Ganze: Dazu gehört ein klares Fokussieren auf die Ganzheitlichkeit der Dienstleistung (Fitness und Gesundheit).

Daneben ist es wesentlich, in die Mitarbeiterqualifikation und in eine fundierte Weiterbildung zu investieren. Gerade die EMS-Branche als Zukunftsmarkt bietet Nachwuchskräften, die diese interdisziplinären Kompetenzen mitbringen, attraktive Perspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten. Das ist ein Erfolgsmodell, wie sich zunehmend zeigt.

Denn schließlich sind es vom Angebot überzeugte Mitarbeiter, die in der Praxis den Unterschied machen und Kunden mit ihrer eigenen Überzeugung 'anstecken' und langfristig begeistern.

Über die Autoren

Die promovierte Betriebswirtin Dr. Sarah Kobel ist als Dozentin und Tutorin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der BSA-Akademie im Bereich Ökonomie tätig.
Durch ihre wissenschaftliche Tätigkeit und Promotion am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung an der Universität des Saarlandes besitzt sie fundierte Kenntnisse in der Konzeption, Durchführung und Auswertung empirischer Untersuchungen.

Gregor Preuschoff, Master of Business Administration (MBA) in International Management, ist Abteilungsleiter für Finanzen und Controlling an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG), der BSA-Akademie und der PIPG.
Der Fitnessfachwirt (IHK) ist darüber hinaus seit zehn Jahren Dozent im Fachbereich Management.

Florian Schmidt absolvierte nach einem Studium in Hotelmanagement und mehreren Jahren Berufserfahrung in der internationalen Hotellerie zusätzlich ein Master-Studium in Sportwissenschaft.
Er ist als Dozent, Wissenschaftsredakteur und Tutor für die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und die BSA-Akademie tätig.

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fMi 06/2020