Management | Autor/in: Thorsten Clemann |

Das Unternehmen als Innovationsschmiede Teil 2

Die Business Model Canvas als Praxistool im Innovationsmanagement

Innovationsschmiede

Teil 2: Die Business Model Canvas als Praxistool im Innovationsmanagement

Im ersten Beitrag zum Thema „Innovationsmanagement“ haben wir uns mit der Frage beschäftigt, wie es Führungskräften gelingen kann, eine starke Innovationskultur im eigenen Unternehmen zu verankern. Im zweiten Teil geht es nun um ein nützliches Instrument, das Ihnen dabei hilft, Geschäftsmodelle systematisch zu analysieren, Verbesserungspotenziale im eigenen Unternehmen zu identifizieren und Innovationen zu schaffen – die Business Model Canvas.

Aufbau der Business Model Canvas
Eine Organisation ist ein komplexes Gebilde, das in seiner Gesamtheit nur schwer zu erfassen ist. Die Analyse und Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells stellt aufgrund dieser Komplexität eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Arbeitet man mit mehreren Personen am Geschäftsmodell eines Unternehmens, was grundlegend zu empfehlen ist, da es die Kreativität und den Ideenreichtum fördert, mangelt es häufig an einem einheitlichen Verständnis und einer gemeinsamen Auffassung, was unter einem „Geschäftsmodell“ und „Geschäftsmodellinnovationen“ zu verstehen ist. Das Resultat sind ausschweifende und strukturlose Diskussionen sowie eine reduzierte Innovationsfähigkeit.
 

Helfen kann hier die von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur (2011) entwickelte Business Model Canvas (BMC). Die BMC ähnelt der Leinwand eines Malers und stellt ein einfaches, aber wirkungsvolles Werkzeug dar, mit dem sowohl bereits bestehende, als auch neue Geschäftsmodelle, beschrieben und visualisiert werden können. Als Praxistool fördert sie nicht nur das Verständnis und die Qualität strategischer Diskussionen innerhalb einer Organisation, sondern auch die Kreativität und Analysefähigkeiten aller involvierten Personen. Durch den Einsatz der Business Model Canvas sind alle Mitarbeiter in kürzester Zeit in der Lage, sachkundig und auf Augenhöhe mit allen Beteiligten die Wertschöpfung eines Unternehmens gemeinsam zu reflektieren, Stärken und Schwächen zu identifizieren und Verbesserungsmöglichkeiten zu erarbeiten (Brandes, Gemmer, Koschek & Schültken, 2014, S. 150).
 

Die neun Bausteine der Business Model Canvas decken die vier wichtigsten Bereiche eines Unternehmens ab. Sie beschreiben die Kunden, das Angebot, die Infrastruktur und die finanzielle Überlebensfähigkeit der Unternehmung.
 

Die nachfolgende Abbildung zeigt den Aufbau der Business Model Canvas, einschließlich einiger Schlüsselfragen zu den einzelnen Bausteinen, die die Ausgestaltung der BMC unterstützen.

Business Model Canvas eines Gesundheitsstudios
Überträgt man das Geschäftsmodell eines herkömmlichen Gesundheitsstudios auf die Business Model Canvas, könnte die BMC für das Unternehmen beispielsweise folgendermaßen aussehen:

Zielt das Unternehmen nun darauf ab, das bestehende Geschäftsmodell zu verbessern, weitere Geschäftspotenziale zu erschließen und Innovationen, mit denen neue Einnahmequellen generiert werden können, ins Unternehmen zu integrieren, kann die Business Model Canvas als Werkzeug zur systematischen Geschäftsmodellanalyse und -adaption herangezogen werden.

Mit Hilfe der BMC kann auf einfache Art und Weise und klar strukturiert das gesamte Geschäftsmodell in seine Einzelteile zerlegt und jeder einzelne Baustein eigenständig auf mögliche Schwachstellen, neue Chancen und Optimierungsmöglichkeiten untersucht werden.

Die Canvas kann als Spielwiese für Geschäftsmodellinnovationen angesehen werden. Um wirklich gute Ergebnisse zu erzielen, empfiehlt es sich folglich, das Geschäftsmodell immer wieder zu verändern, neu zu gestalten und der eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen.

Folgende Fragen können bei der Analyse der einzelnen Geschäftsmodellbausteine im Team diskutiert werden. Auf diese Weise werden neue Ideen für innovative Lösungen kreiert:   
 •    Gibt es weitere Schlüsselpartner, die dem Unternehmen oder den Kunden einen zusätzlichen Mehrwert liefern?
 •    Können die Kosten möglicherweise bei gleichbleibender Qualität reduziert werden, indem Schlüsselaktivitäten automatisiert oder an weitere Schlüsselpartner ausgelagert werden?   
 •    Welche weiteren Produkte oder Dienstleistungen stellen für unsere bestehenden Kunden einen hohen Nutzen dar und können in das derzeitige Wertangebot aufgenommen werden?     
 •    Erreichen wir mit den aktuellen Marketing- und Vertriebskanälen unsere Zielgruppe oder gibt es bessere bzw. kosteneffizientere Alternativen?     
 •    Welche weiteren Kundensegmente können wir mit unseren bestehenden oder neuen Wertangeboten erschließen, um zusätzliche Einnahmequellen zu generieren?     
 •    Gibt es neben den in der Praxis üblichen monatlichen Mitgliedsbeiträgen mit festen Vertragslaufzeiten alternative Einnahme- bzw. Zahlungsmöglichkeiten, die von den Kunden möglicherweise bevorzugt werden?

Betrachtet man das in Abbildung 2 dargestellte Geschäftsmodell des Gesundheitsstudios, wird schnell deutlich, dass durch die Überarbeitung des aktuellen Angebots oder die Anpassung der Geschäftsprozesse in diesem Unternehmen zahlreiche Kerninnovationen, die zu betrieblichen Verbesserungen führen, denkbar sind. So könnten zum Beispiel die Marketingaktivitäten auf digitale Kanäle erweitert und an eine Marketingagentur als neuen Schlüsselpartner ausgelagert, oder die Beratungs- und Betreuungsprozesse optimiert und auf diese Weise Kosten eingespart werden.

Die genannten beispielhaften Kerninnovationen im Geschäftsmodell des Gesundheitsstudios sind in der folgenden BMC in roter Farbe dargestellt.

Erweiterung des Leistungsprofils
Durch die Entwicklung oder Eingliederung (für das Unternehmen) neuartiger Wertangebote oder das Erschließen neuer Kundensegmente haben Fitness- und Gesundheitsstudios aber in der Regel auch stets die Möglichkeit, Innovationen zu schaffen, die neues Wachstum generieren.

Die nächste Abbildung verdeutlicht dies an einer für Fitness- und Gesundheitsstudios gängigen Geschäftsmodellinnovation: Die neu gestaltete BMC zeigt das Geschäftsmodell des Gesundheitsstudios mit der Erweiterung des Leistungsportfolios durch das Wertangebot „Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)“. Die Zielgruppe des Gesundheitsstudios sind hier nicht mehr die Gesundheitssportler, sondern regionale Unternehmen. Neben den bereits bestehenden Kanälen werden unterschiedliche BGF-Maßnahmen auch in den Unternehmen angeboten und realisiert, sowie Messen und Events als weitere Marketingkanäle genutzt. Die Kundenbeziehung gestaltet sich durch feste Ansprechpartner sehr persönlich. Die Höhe der Einnahmen für die BGF-Dienstleistungen ist stets individuell und variiert je nachdem, welche BGF-Leistungen von den einzelnen Unternehmen nachgefragt werden.

Auf der linken Seite der BMC ist darüber hinaus zu sehen, dass durch die Eingliederung des neuen Wertangebots ins Unternehmen ebenso Anpassungen in den Bausteinen „Schlüsselpartner“, „Schlüsselaktivitäten“, „Schlüsselressourcen“ und „Kostenstruktur“ erforderlich sind. Für die Erbringung der Dienstleistung sind möglicherweise zusätzliches Know-how, weitere Mitarbeiter und neues Equipment erforderlich, was sich auch in den Kosten des Unternehmens niederschlägt. Als neue Kooperationspartner können bekannte BGF-Plattformen möglicherweise einen Mehrwert für das Unternehmen darstellen, da sie den Kontakt zu potenziellen Kunden erleichtern.

Fazit: Der besondere Wert der Business Model Canvas liegt neben den zielführenden Schlüsselfragen in der Anordnung der Textfelder, die es erleichtert, die wesentlichen Zusammenhänge des Unternehmens im Blick zubehalten (Brandes, Gemmer, Koschek & Schültken, 2014, S. 151). Insbesondere bei der Entwicklung von Geschäftsmodellinnovationen kann die BMC Ihnen auf diese Weise im Rahmen des Innovationsmanagements nützliche Dienste erweisen.

Thorsten Clemann
B.A. der Betriebswirtschaftslehre, M.A. Prävention und Gesundheitsmanagement, ist Dozent, Autor und Tutor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement und BSA-Akademie. 

Mehr:

Teil 1: Herausforderung Innovationskultur. Das Unternehmen als Innovationsschmiede

Teil 3: Entwicklung von Wertangeboten, die Kunden begeistern Das Unternehmen als Innovationsschmiede

Literaturverzeichnis
Brandes, U., Gemmer, P., Koschek, H. & Schültken, L. (2014). Management Y. Agile, Scrum, Design Thinking & Co.: So gelingt der Wandel zur attraktiven und zukunftsfähigen Organisation. Frankfurt: Campus Verlag. Osterwalder, A. & Pigneur, Y. (2011). Business Model Generation. Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer. Frankfurt: Campus Verlag.

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