Management | Autor/in: Stefan Haase |

Corporate Wording und Corporate Language

Unternehmen unterscheiden sich in ihrer Darstellung nicht nur durch Logo, Farben und Design – sie 'sprechen' auch unterschiedlich. Jedes Unternehmen klingt anders. Da, wo BMW von der 'Freude am Fahren' spricht, ist bei Mercedes-Benz die Rede von der 'neuen Form, Größe zu zeigen'. Damit transportieren die beiden Unternehmen verschiedene Inhalte und wenden sich an unterschiedliche Zielgruppen. Sie nutzen die Unternehmenssprache, um sich unverwechselbar zu machen. Aber wie sieht es in unserer Branche mit diesem Corporate Wording aus?

Stefan Haase über Corporate Wording und Corporate Language

Bevor Sie den vorliegenden Artikel lesen, bitte ich Sie, dass Sie bei jedem Satz folgende Erkenntnis im Hinterkopf behalten: Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler! Ich gebe Ihnen das mit auf den Weg, weil ich weiß, dass nicht jeder der nachfolgenden Sätze auf Akzeptanz stoßen wird.

Klarheit und Wahrheit

Um Klarheit in die Thematik zu bringen, müssen wir vorab erwähnen, dass die Corporate Language sich konsequent auf die jeweilige Zielgruppe eines Unternehmens beziehen soll.


„Der Unterschied zwischen dem richtigen Wort und dem beinahe richtigen ist derselbe Unterschied wie zwischen dem Blitz und einem Glühwürmchen.“
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Mark Twain (1835-1910), US-amerikanischer Schriftsteller


Es muss erhebliche sprachliche Unterschiede in der Ansprache zwischen den verschiedenen Marktsegmenten wie Premium und Luxus oder Discount geben.

Professionalität ist gefordert

Es ist suboptimal, dass wir als Branche mit fast 12 Millionen Mitgliedern gegenüber den Profis aus der Großindustrie durch deren Spitzenagenturen hinsichtlich Wording und Textung signifikant zurückliegen. Folgende Beispiele verdeutlichen diesen Status quo: 'Mitgliedschaft abschließen' oder auch 'Abschluss einer Mitgliedschaft'!

Positiven Terminus nutzen & zum Kauf anregen

Der hier assoziierte und psychologisch bedeutende Wortstamm kommt von Abschluss bzw. Ende und regt nicht gerade zum Kauf an. Er ist eher negativ belegt. Der richtige Terminus sollte in diesem Fall 'Mitgliedschaft beginnen' oder auch 'Beginn einer Mitgliedschaft' lauten.

Vergleichbarkeit muss eliminiert werden

Ein weiteres Beispiel sind Wörter wie 'Rabatt' oder 'gratis'. Wenn Sie diese verwenden, begeben Sie sich sprachlich in den Beitragssektor eines Discountstudios. Verwenden Sie niemals die gleichen Begriffe wie der günstige Konkurrent. Durch ein vergleichbares, ähnliches Wording bewegen auch Sie Ihre Leistung in die Vergleichbarkeit.

Das ist ein psychologischer Faktor. Stattdessen müssen sie Worte wie 'Bonus' oder 'einmalige Vergünstigung' verwenden.

Elegantere Lösung zur Beitragsbefreiung

Gleiches gilt für die mittlerweile inflationäre Welle der möglichen Zugaben, also etwa für den Beginn (!) einer Mitgliedschaft zwei, drei oder auch sechs Monate Beitragsbefreiung anzubieten. Hier sind Zugaben (PT-Stunden oder Wellnessleistungen) die elegantere Lösung, weil die Wertigkeit der Mitgliedschaft unangetastet bleibt.

Ebenso problematisch ist eine Bezeichnung wie 'Startpaket' von einem Premium- oder Luxusanbieter, wenn der Low-Budget-Sektor im Umfeld auch ein 'Startpaket' anpreist.

Sprachlich eindeutige Unterscheidung

Als gehobene Anlage mit entsprechenden Qualitätspreisen müssen Sie Begriffe wählen, die sich vom Rest unterscheiden sowie Qualitäts- und Leistungsmerkmale widerspiegeln, wie zum Beispiel 'Gesundheits-Check' oder Ähnliches.

Nur so können Sie eine qualitative Differenzierung auch sprachlich darstellen.

Nachstehend finden Sie kurze Anregungen, die im täglichen Gespräch einer Premium- und Luxusanlage vorkommen:

  • Kosten/Beitrag/Preis alternativ Investition
  • Beschwerde/Tadel  alternativ Anliegen
  • Trainingsplan alternativ Programm
  • Antwort/Bitte alternativ gerne oder sehr gerne
  • Erstkontakt 'Du' alternativ 'Sie' (zwingend) usw.

Denken Sie an Ihre Positionierung

Die Corporate Language Ihres Unternehmens existiert aber nicht nur in gesprochenen Worten oder Sätzen, sondern ebenso in Texten aller Art, wie z. B. Anzeigen, Slogans und allen weiteren Medien. Dadurch ist zu erkennen, dass Ihre Kommunikation vollumfänglich Ihrer Positionierung entspricht.

Achten Sie darauf, dass Ihre Terminologie zu keinem Zeitpunkt und in keinem Medium unterbrochen wird, denn dies führt bei Interessenten und Mitgliedern zu Verwirrung und erzeugt ungewollte Interpretationen über die Ausrichtung Ihres Unternehmens. Es folgt der Verlust Ihrer Glaubwürdigkeit.

Gehen Sie nicht von sich selbst aus

Hauptmerkmal effektiver Kommunikation ist, dass Sie eine einfache und klare Sprache verwenden. Dies gilt für Texte jeglicher Art. Konsumenten habe so die Möglichkeit, Ihre Aussage schneller und besser zu speichern. Verzichten Sie auf technische Wörter und unverständliche Fachtermini, die vom Endverbraucher nicht verstanden werden.

Ebenso gilt die Regel, Hauptwörter durch Verben zu ersetzen. Dies lässt Ihren Text kürzer und aktiver erscheinen. Als weiteres Element einer guten sprachlichen Darstellung ist das bildhafte Beschreiben einer Aussage, kombiniert mit zutreffenden Beispielen, in denen die Auswirkung bzw. der Nutzen des Sachverhaltes eindeutig zu verstehen ist.

Welcher Sprachstil passt zu Ihnen?

Die dargestellten markanten Beobachtungspunkte erfordern die grundsätzliche Überlegung, welcher sprachliche Stil zu Ihrer Zielgruppe bzw. zu Ihrem Unternehmen passt. Wir unterscheiden hier primär, ob es sich um ein Dienstleistungsunternehmen handelt, wie in der Fitness- und Gesundheitsbranche, oder um Unternehmen, die mehr im fachlich-technischen Bereich arbeiten. In unserer Branche ist vorrangig ein Stil gefragt, der die Erfahrungen und Emotionen der Zielgruppe ansprechen soll.

Anhand der nachstehenden Punkte müssen Sie prüfen, inwieweit Ihr Corporate Wording Ihre Zielgruppe anspricht:

  • Bringen Sie Ihre Unternehmensphilosophie in Verbindung mit Ihrer Marke in eine verständliche Sprache?
  • Welchen sprachlichen Ansatz müssen Sie wählen, um die Zielgruppe, die Sie definiert haben, emotional zu erreichen?
  • Muss ein gefühlsbetonter, empathischer Sprachstil eingebracht werden oder tendiert Ihr Unternehmen zu einem nüchternen und technischen, vernunftbetonten Ansatz?
  • Passend zu einem empathischen und sinnesbetonten Ansatz müssen alle Social-Media-Kanäle entsprechend „warm“ und die Bildsprache sorgsam aufgebaut sein.

Positiv- und Negativ-Wörter

Wenn Sie ein Corporate Wording entwickeln wollen, das zu Ihrem Unternehmen und zu Ihrer Zielgruppe passt, müssen Sie herausfinden, welche Wörter für Ihre Zielgruppe positiv oder negativ belegt sind.

Zu diesem Zweck sollten als positiv und negativ geprägte Wörter in einem Brainstorming mit Ihrem Team zusammengestellt werden. Diese Zusammenstellungen dienen als Basis für die Entwicklung Ihrer Corporate Language, wobei jedes Positiv-Wort die signifikanten Merkmale Ihres Unternehmens kennzeichnet und seinen Wiedererkennungswert verstärkt.

Positiv-Wörter müssen das Unternehmen und die Marke absolut treffen und immer wieder in der Kommunikation wiederholt werden. Beachten Sie den psychologischen Ansatz, dass 'Wiederholung zur Verstärkung führt'.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß in den Teamsitzungen (kann ich versprechen!) und vor allem in der Umsetzung. Unterschätzen Sie das Thema nicht. Es wird sich lohnen!

Über den Autor

Stefan Haase, Betriebswirt und Industriekaufmann, war langjähriger Partner einer renommierten Unternehmensberatung, zuletzt in der Funktion des betriebswirtschaftlichen Leiters.
Er war Mitglied des DIN-/CEN-Normungsausschusses für Fitnessanlagen und ist zudem als Dozent, Autor und Tutor für die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) tätig.

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