Gesundheit, Management | Autor/in: Anke Mächler |

Firmenfitness – Chancen für Unternehmen und Studios

Firmenfitness?! Was steckt hinter der Kombination der Begriffe Firmen und Fitness? Sind es Kooperationen zwischen Unternehmen und Fitnessanbietern und vergünstigte Angebote? Dient das Angebot der Ausnutzung von Steuerfreibeträgen und wie lässt sich ein Zusammenhang zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement herstellen?

Diese und weitere Fragen spiegeln sehr oft die unterschiedlichen Erwartungen von Anbietern und Unternehmen wider und werden dadurch der Chance, die sich hinter dieser Kooperation verbirgt, nicht gerecht.

BGM – ein Must-have in der Arbeitswelt

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist schon seit vielen Jahren präsent, wenn es um das Thema Fehlzeiten und Produktivität am Arbeitsplatz geht. Mittlerweile stehen jedoch im Rahmen eines systematischen Managementprozesses auch Aspekte wie z. B. Arbeitgeberattraktivität, Imageverbesserung und die Reaktion auf den demografischen Wandel im Fokus. Übergeordnete Zielsetzung in allen Bereichen ist direkt bzw. indirekt die Gesundheit und das Wohlergehen der Mitarbeiter am Arbeitsplatz. Insbesondere die Förderung der Arbeitgeberattraktivität und des Images sowie die damit verbundene Wettbewerbsfähigkeit sind neben der Erfüllung gesetzlicher Anforderungen ein wichtiger Beweggrund bzw. Handlungsansatz für die Einführung eines systematischen BGM-Prozesses. Die Gesundheit der Mitarbeiter und die damit verbundene Leistungsfähigkeit bzw. der langfristige Erhalt der Arbeitsfähigkeit und Verfügbarkeit wurden längst von vielen Unternehmen als ein wesentlicher ökonomischer Erfolgsfaktor erkannt.

Firmenfitness – Einordnung und Abgrenzung

Inwieweit können auch Fitness-/Gesundheitseinrichtungen diesen Trend für sich zielführend nutzen und durch Firmenfitnessangebote den Unternehmen eine geeignete Plattform präsentieren, um Maßnahmen anzubieten, die zum einen gesundheitsförderlich sind und zum anderen auch mit den Anforderungen einhergehen, die die heutige Arbeitswelt mit sich bringt?

Da es keine offizielle Definition von Firmenfitness gibt, wird der Begriff nachfolgend auf Maßnahmen bezogen, die je nach Bedarf innerhalb und/oder außerhalb des Unternehmens stattfinden können und dem Erhalt und der Förderung der Gesundheit bzw. der allgemeinen körperlichen Leistungsfähigkeit der Beschäftigten dienen. Wichtiges Kriterium für Firmenfitness ist der Zugangsweg zu den Angeboten über das Unternehmen.

Kooperationsmöglichkeiten in der Praxis

1. In der Fitness- und Gesundheitseinrichtung

Nachfolgende Angebote zeigen die vielseitigen Möglichkeiten, die im Rahmen einer Kooperation genutzt werden können:
• Mitgliedschaften im Rahmen von Firmenfitnessangeboten
• Präventionskurse für Unternehmen
• Spezialkurse mit Zielgruppenfokus, um arbeitsplatzbezogenen Belastungen entgegenzuwirken
• evtl. Analysen und Diagnostik

Für die Gestaltung einer solchen Kooperation gibt es verschiedene Umsetzungsvarianten:

Variante 1 bedeutet, dass sich Unternehmen und Fitness-/Gesundheitseinrichtungen über Leistungen (Nutzung der Anlage, spezifische Programme und Kurse) sowie über die finanzielle Unterstützung durch das Unternehmen einigen und die Mitarbeiter diese Leistungen gemäß den vertraglichen Regelungen nutzen können. Hierbei sind Mitgliedschaften möglich und gewünscht, die jedoch abhängig von steuerlichen Vor- oder Nachteilen unterschiedlich gestaltet werden können. Argumente für eine Mitgliedschaft sind die Nähe zum Arbeitsplatz, flexible Öffnungszeiten und eventuelle Steuervorteile.

Bei Variante 2 steht die spezifische Nutzung der Anlage im Vordergrund. Es können Präventionskurse gemäß § 20 SGB V wahrgenommen werden (unter Berücksichtigung der Kriterien des GKV-Leitfadens). Es ist keine sonstige Nutzung der Anlage möglich, Kurse finden nur für das jeweilige Unternehmen statt oder die Teilnahme ist an regulär stattfindende Kurse des Studios gekoppelt. Mitgliedschaften sind bei dieser Variante ausgeschlossen. Argumente hierfür sind die spezifischen Möglichkeiten im Hinblick auf die arbeitsplatztypischen Belastungsformen, denen durch die Kurse entgegengewirkt wird.

2. Im Unternehmen direkt vor Ort

• Unterstützung und Durchführung von Gesundheitstagen
• Durchführung von niedrigschwelligen Aktiveinheiten („Aktive Pause“, „Bewegte Pause“, Rücken- und Entspannungseinheiten u. v. a. m.)
• Durchführung von Kursen (je nach räumlichen Voraussetzungen)
• Impulsvorträge
• Arbeitsplatzbegehungen mit dem Fokus Ausgleichsübungen und Haltungsanalysen (z. B. Rückencoaching)

Der Vorteil bei der Durchführung der Maßnahmen vor Ort im Unternehmen ist der Aufbau von Vertrauen in die Kursleiter und Trainer, die Sensibilisierung der Mitarbeiter für die Notwendigkeit von Verhaltensänderungen in Bezug auf das eigene gesundheitsförderliche Verhalten am Arbeitsplatz und das Angebot von Ausgleichs- und Kompensationsmöglichkeiten, die auch einen Transfer in den Alltag bewirken können.

Der gewünschte Effekt, die Erkenntnis der Mitarbeiter für den Mehrwert der gesundheitsförderlichen Maßnahmen und die daraus resultierende Anmeldung für eine Mitgliedschaft ist hier sehr realistisch und kann auch dazu führen, dass Familienmitglieder und Freunde animiert werden, gemeinsam in einer kooperierenden Fitness- und Gesundheitseinrichtung zu trainieren.

Als eine Variante, die beide Kooperationsmöglichkeiten optimal miteinander verknüpft, könnte beispielsweise das Programm der DHfPG zur Reduzierung von Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) genannt werden (siehe Abb. 2).

Erfolgreiche Kooperationen – eine Frage des richtigen Marketings

Aus Sicht der Fitness- und Gesundheitseinrichtungen müssen im Vorfeld Schritte eingeleitet werden, die dem potenziellen Firmenkunden beim Erstkontakt die notwendigen Informationen liefern und aufzeigen, dass auf die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens eingegangen werden kann. Hierbei ist es zielführend, auf der Homepage einen eigenen Bereich für Firmenfitness zu installieren, der über die eigene Kompetenz als BGF/BGM-Anbieter, Referenzen, bereits bestehende Firmenkonzepte, Trainerqualifikationen, Zertifizierungen (z. B. BSA-Zert, TÜV usw.), Öffnungszeiten (evtl. auch speziell für Firmenkunden), zielgruppengerechte Kursangebote (u. a. Präventionskurse nach § 20 SGB V) informiert und eventuell durch Bildergalerien einen ersten Einblick in das Angebot vermittelt. Für den Erstkontakt im Unternehmen vor Ort empfiehlt sich eine Kurzpräsentation mit den notwendigen Informationen, wie z. B. verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten und ein Kurzkonzept mit entsprechendem Ablauf.

Wie können Fitness- und Gesundheitsanbieter Unternehmen als Kunden gewinnen?

Die wichtigste Frage im Vorfeld ist immer die Frage nach der richtigen Akquisestrategie. Hier gibt es viele verschiedene Zugangswege, die genutzt werden können. Der beste Fall ist der Vertrauensvorschuss durch bereits bestehende Mitglieder, die die Kontaktaufnahme zu ihrem Arbeitgeber unterstützen. Die persönliche Ansprache der Mitglieder sollte natürlich sensibel und unter Berücksichtigung des Datenschutzes erfolgen.

Eine weitere Möglichkeit ist die Teilnahme an Veranstaltungen (Unternehmerfrühstück in der Region, bei Wirtschaftsvereinigungen wie z. B. IHK/HWK), Messen, Gewerbeschauen usw., die als Plattform für Vorträge zu verschiedenen Gesundheitsthemen, aber auch der Ansprache von sowohl Firmen als auch Besuchern zur Mitgliedergewinnung dienen. Ein entsprechender Stand mit Aktivitätsangeboten (Koordinationsparcours, Schnupperkurse, Dia-
gnostiken usw.) erleichtert dabei die Kontaktaufnahme. Klassische Werbeinstrumente wie Online-Marketing und die Nutzung sozialer Netzwerke stärken zusätzlich die Marktpräsenz. Die Vernetzung mit Vertretern der Gesundheitsbranche (Renten- und Unfallversicherung, Krankenkassen, Berufsgenossenschaft) kann genauso wie die Vernetzung mit Ärzten und ortsansässigen Physiotherapeuten eine weitere Plattform für Kooperationen darstellen.

Ausgewählte Finanzierungsmöglichkeiten

1. Einkommenssteuerbefreiung

Um Unternehmen zu ermutigen, nachhaltig gesundheitsförderliche Projekte bzw. Interventionen durchzuführen, räumt der Gesetzgeber eine Einkommenssteuerbefreiung für primärpräventive und gesundheitsförderliche Leistungen ein. Nach § 3 Nr. 34 EStG wird dem Arbeitgeber ein Freibetrag von bis zu 500 Euro im Jahr pro Mitarbeiter für Leistungen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) zusätzlich zum Lohn eingeräumt. Die Maßnahmen müssen jedoch den gesetzlichen Anforderungen des § 20 SGB V entsprechen. Weiterhin besteht die Möglichkeit der Ausschöpfung der Freigrenze Sachbezüge gemäß § 8 (2) EStG. Dies bedeutet konkret, dass eine Unterstützung für den Firmenfitnessvertrag (Rabatt/Zuschuss) von bis zu 44 Euro je Mitarbeiter und Monat erfolgen kann. Die Sachbezüge sind grundsätzlich mit dem ortsüblichen Brutto-Endpreis am Abgabeort zu bewerten. Dabei ist zu beachten, dass ein steuerpflichtiger Lohn in vollem Umfang vorliegt, wenn die Grenze aller Sachbezüge von 44 Euro überschritten wird.

2. Gesetzliche Krankenkassen

Wenn der Betrieb nicht alle Kosten für die Verankerung der gesundheitsförderlichen Prozesse und entsprechenden Maßnahmen übernehmen kann oder will, besteht die Möglichkeit, von den gesetzlichen Krankenkassen eine finanzielle Unterstützung zu erhalten. Eine solche Hilfe wird in der Regel nur von einer gesetzlichen Krankenkasse angeboten, sofern ein Teil der Belegschaft auch bei dieser Kasse versichert ist. Die Kassen gehen dabei ihrem gesetzlichen Auftrag, der im Sozialgesetzbuch V § 20 festgelegten Aufgaben in der Prävention, nach. Sie haben die Aufgabe, Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung oder des Betrieblichen Gesundheitsmanagements zu unterstützen. Welche Maßnahmen in verschiedenen Handlungsfeldern finanziell gefördert werden, ist im Leitfaden Prävention des GKV-Spitzenverbandes festgelegt. Die Finanzierung bzw. Förderung von Maßnahmen muss im Vorfeld beantragt werden. Diese Maßnahmen müssen hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V genügen.

3. Europäischer Sozialfonds

Eine weitere Finanzierungsmöglichkeit besteht durch den Europäischen Sozialfonds (ESF). Er ist das wichtigste Instrument zur Verbesserung der Berufsqualifikationen und der Beschäftigungsaussichten und dient zur Förderung von Beschäftigungsprojekten auf lokaler, regionaler und bundesweiter Ebene. In diesem Zusammenhang unterstützt der Fonds auch Projekte bzw. Programme der Gesundheitsförderung und des Gesundheitsmanagements.

FAZIT: Win-win-Konstellation für alle Beteiligten

Firmenfitness ist eine gute Chance für Fitness- und Gesundheitseinrichtungen, Mitglieder durch Firmenfitnessmitgliedschaften zu gewinnen, aber auch Mehrumsätze im Unternehmen selbst durch entsprechende Kurse und Aktivitäten im Rahmen von gesundheitsförderlichen Angeboten zu generieren. Hierbei ist die Qualifikation der Kursleiter und die Bedarfsorientierung in Hinblick auf die individuellen Rahmenbedingungen (z. B. Branche oder Unternehmensgröße) der jeweiligen Kooperationspartner (Unternehmen) ein großer Wettbewerbsvorteil, um auch langfristige Kooperationen einzugehen. Für Unternehmen bietet Firmenfitness eine gute Plattform für gesundheitsförderliche Angebote, deren Zugangsweg niedrigschwellig ist. Gleichzeitig haben diese Angebote einen positiven Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Motivation der Mitarbeiter und tragen damit auch zum Unternehmenserfolg und der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens bei.

Über die Autorin

Anke Mächler ist Dozentin an der DHfPG im Bereich Pädagogik, Management und Gesundheitswissenschaften. Als Referentin unterrichtet sie für die BSA-Akademie in der Sparte Betriebliches Gesundheitsmanagement. Nach dem Studium war sie viele Jahre als Geschäftsführerin und Inhaberin eines Dienstleistungsunternehmens im Bereich BGM und BGF tätig. Neben ihrer Tätigkeit als Dozentin und Autorin von Fachartikeln und Lehrmaterialien berät sie Unternehmen im Bereich BGM und BGF.

Literaturliste

Badura, B., Ducki, A., Schröder, H., Klose, J. & Meyer, M. (Hrsg.). (2018). Fehlzeiten-Report 2018. Sinn erleben – Arbeit und Gesundheit. Berlin: Springer.

Eberle, G. (2006). Erfolgsfaktor Betriebliches Gesundheitsmanagement – betriebswirtschaftlicher Nutzen aus Unternehmersicht. In W. Kirch & B. Badura (Hrsg.), Prävention. Ausgewählte Beitrage des Nationalen Präventionskongresses. Dresden, 1. und 2. Dez. 2005 (S. 325–338). Heidelberg: Springer Medizin.

EuPD Research. (2016). Aufwärtstrends im BGM und wie trotzdem hinterhergehinkt wird. Zugriff am 13.02.2017.

GKV-Spitzenverband. (2018). Leitfaden Prävention.

Meyer, J.-A. & Tirpitz, A. (2008). Betriebliches Gesundheitsmanagement in KMU. Widerstände und deren Überwindung (1. Aufl.). Lohmar: Eul.

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