Gesundheit | Autor/in: Andrea Pieter |

Der Trainer als Coach

Das Motivieren der Kunden, auch über das Training hinaus, stellt mittlerweile eine bedeutende Kernaufgabe des Fitnesstrainers dar, denn auch der beste Trainingsplan muss letztlich vom Kunden regelmäßig umgesetzt werden, um effektiv zu sein.

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Der Trainer als Coach

Das Motivieren der Kunden, auch über das Training hinaus, stellt mittlerweile eine bedeutende Kernaufgabe des Fitnesstrainers dar, denn auch der beste Trainingsplan muss letztlich vom Kunden regelmäßig umgesetzt werden, um effektiv zu sein. Insofern ist der moderne Fitnesstrainer inzwischen ein „Coach“, der seinen Kunden unschätzbare Hilfestellungen bei der Änderung des individuellen Lebensstils gibt.

Coaching im Sport
Das Wort „Coach“ bezeichnete ursprünglich eine Kutsche, später auch den Kutscher, der die Pferde dirigiert. Die Aufgabe des Kutschers ist es, „die Pferde“ sicher und schnell ans Ziel zu bringen. Von dieser Bedeutung, jemanden sicher und schnell ans Ziel zu bringen, ist bis heute etwas im Verständnis von Coaching erhalten geblieben. In diesem Sinne wurde der Begriff „Coach“ oder „Coaching“ auch in den Bereich des Sports übertragen.

Unter Coaching wird ein personenzentrierter Beratungs- und Betreuungsprozess verstanden, der berufliche und private Inhalte umfassen kann, zeitlich begrenzt und freiwillig ist. Dabei ist das Ziel, alle vorhandenen Kräfte und Potenziale eines Kunden so zu optimieren und zu stärken, dass der Kunde seine Fähigkeiten zum Selbstmanagement kontinuierlich verbessern kann. Im sportlichen Kontext wird unter Coaching eine umfassende Betreuung von (Hochleistungs-)Sportlern verstanden, die weit über reines Training hinausgeht und die Beratung, Betreuung und Motivierung vor und während des Wettkampfes be- inhaltet. Eine der Hauptaufgaben des Coaches im Sport besteht darin, Leistungsbedingungen zu schaffen, die es dem Sportler ermöglichen, die Grenzen seiner eigenen Leistungsfähigkeit zu entdecken und zu erweitern.

Coaching = Training?
Interessant ist in diesem Kontext, worin sich Coaching und Training nun konkret unterscheiden:
•Der Coach ist ein Wegbegleiter für den Kunden, der diesen auf seinem Weg zur Lösung unterstützt.
•Der Coach spiegelt dem Kunden, was dieser selbst nicht wahrnehmen kann. Dabei bringt er dem Kunden Wertschätzung entgegen. Somit lernt der Kunde sich selbst immer besser kennen und verstehen.
•Der Coach aktiviert den Kunden zu intensiveren, differenzierteren und systematischeren Reflexionen, um eigene Verhaltensmuster zu hinterfragen und Zusammenhänge zu erkennen.
•Der Coach arbeitet mit dem Kunden klare Ziele heraus und behält diese Ziele über den ganzen Prozess hinweg immer im Auge. Zwischendurch hält er den Kunden immer wieder dazu an, den Grad der Zielerreichung zu überprüfen.
•Der Coach muss ein guter Zuhörer sein, der mit gezielten Fragen das Gespräch lenkt und Rückmeldung gibt.
•Der Coach muss jederzeit die Neutralität wahren. Dies gilt sowohl während des Gesprächs mit dem Kunden, indem er sich mit Interpretationen und Wertungen zurückhält, als auch gegenüber anderen und beinhaltet die absolute Verschwiegenheit in Bezug auf den Kunden und die Gesprächsthemen.

Beim Training geht es dagegen häufig um die Vermittlung von Wissen zum Auf- und Ausbau fachspezifischer Kenntnisse sowie um die gezielte Verbesserung von Verhaltensweisen oder -abläufen in bestimmten Situationen. Meist wird vor einem Training ein konkreter Bedarf oder ein bestimmtes Ziel für das Training ermittelt. Anders als beim Coaching ist der Trainer durch seine methodisch-didaktische Gestaltung des Trainings mitverantwortlich für die Erreichung der Ziele. Der Trainer übernimmt in der Regel die Rolle des Anleiters und ist als Fachexperte dem Kunden klar überlegen.

Die Rolle des Trainers als Coach
Trotz oder gerade wegen dieser aufgezeigten Unterschiede ist es als Trainer sehr sinnvoll, zumindest phasenweise die Rolle des Coaches einzunehmen. Gerade beim Finden von Ideen und alternativen Strategien ist es besonders wichtig, zunächst keine eigenen Ideen für den Kunden zu entwickeln, sondern darauf zu achten, dass der Kunde mögliche Optionen selbst findet. In diesem Sinne ist der Trainer ein Begleiter, mit dem der Kunde seinen Freiraum und seine Entwicklungsmöglichkeiten aufspürt. Der Kunde soll seine eigenen Maßstäbe und Werte finden und (um-)setzen. Deswegen schafft der Trainer lediglich Bedingungen und Herausforderungen, die dem Kunden eine optimale Zielerreichung ermöglichen. Im Mittelpunkt steht somit die Hilfe zur Selbsthilfe. Die Gesprächsführung des Trainers ist so, dass der Kunde – ausgehend von seinem aktuellen persönlichen Status – selbst den richtigen Weg und die richtigen Lösungen zur Realisierung seiner persönlichen Gesundheitsziele findet. Das gilt auch dann, wenn der Trainer berechtigt annimmt, dass dies nicht ausreicht. Die Schritte, die der Kunde in diesem Moment zu gehen bereit ist, sind für ihn die richtigen. Im weiteren Vorgehen kann dann daran gearbeitet werden, andere und eventuell bessere und weiterführende Lösungen zu finden.

Nachfolgende Tabelle zeigt im Überblick wichtige Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Coaching und Training:
 

Das Herstellen eines „guten Drahts“
Die Basis der Arbeit, ganz gleich, ob mit einem Coaching-Kunden oder einem Trainierenden, ist der gute Draht, den man auch als Rapport bezeichnet. Diesen gilt es bei jedem Kontakt herzustellen. Er ist die Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wichtige Mittel zum Herstellen von Rapport sind:
•eine wertschätzende Haltung
•aktives Zuhören
•empathisches Spiegeln
•eine zugängliche Stimmlage (warme, freundliche Tonlage)
•eine aufgeschlossene Körperhaltung
•den Gesprächspartner dort abholen, wo er gerade steht, d. h. versuchen, sich in seine Welt hineinzuversetzen, die Dinge so zu sehen, wie er sie sieht.

Die drei Grundhaltungen im Coaching
Soll ein Trainierender bei einer Verhaltensänderung optimal unterstützt und begleitet werden, sind einige Dinge zu berücksichtigen. So spielt es eine große Rolle, wie der Trainer das Gespräch mit dem Trainierenden vorbereitet und wie es ihm gelingt eine persönliche Beziehung aufzubauen. Um Trainer und Coach im „richtigen Mischungsverhältnis“ zu sein, ist es wichtig, sich zunächst mit der Haltung als Coach vertraut zu machen. Folgende drei Aspekte machen die Grundhaltung im Coaching aus und lassen sich gut auf die Arbeit als Trainer übertragen:

• Partnerschaftlich sein
Partnerschaftlich sein bedeutet, im Umgang mit dem Kunden weder sich selbst, noch seine eigenen Maßstäbe in den Vordergrund zu stellen. Stattdessen wird die Andersartigkeit des Kunden akzeptiert, und es werden ihm somit freie und selbstständige Entscheidungen ermöglicht. Diese partnerschaftliche Denkweise spiegelt sich auch in den äußeren Bedingungen wider. Das bedeutet, dass Gesprächstermine gemeinsam vereinbart werden, Coach und Kunde die gleiche Sitzhöhe haben etc. In der Ausdrucksweise zeigt es sich in Formulierungen wie z. B. „für mich ist es so“ statt „es ist so“. Überreden und Suggestion werden vermieden, stattdessen wird der Kunde ermuntert, auch Widerspruch und Kritik zu äußern.

• Partnerzentrierung
Die partnerzentrierte oder auch kundenzentrierte Haltung ist das Gegenteil von einer egozentrischen Haltung. Das Fühlen und Wollen des Coaching-Kunden bestimmen den Gesprächsverlauf, der Coach begleitet ihn verstehend und fühlend und nimmt sich selbst zurück. Der Kunde erhält Hilfe zur Selbsthilfe, kann sich selbst entfalten und entwickeln und schrittweise unabhängig werden. Das bedeutet auch, dass der Coach dem Kunden zutraut, seine Lösung zu finden.

• Echtheit und Selbstkongruenz
Echtheit und Selbstkongruenz sind zwei wichtige Aspekte, die sich jedoch nur schwer lehren und erlernen lassen. Selbstkongruenz heißt, eine Übereinstimmung von innerem Erleben (Gefühle, Wünsche, Werthaltungen, Ideen) und äußerem Verhalten zu erreichen, sowie eine Deckungsgleichheit von nonverbaler und verbaler Kommunikation. Anders ausgedrückt geht es darum, ein unechtes, aufgesetztes Verhalten zu vermeiden. Durch eigenes, kongruentes Handeln wird der Coach zum Vorbild für den Kunden. Ist der Coach offen und echt, fasst der Kunde Vertrauen und Mut, selbst offen und echt zu sein.

Fazit
Um eine Person bestmöglich zu unterstützen, ist es als Trainer sinnvoll, öfter in die Rolle des Coaches zu wechseln und quasi ein Wegbegleiter und Zuhörer für den Kunden zu sein. Im Gegensatz zur Trainerrolle hält man sich hier mit fachlichen Anleitungen und Unterweisungen zurück und unterstützt den Kunden beim Reflektieren der eigenen Handlungen und beim Entwickeln eigener, jedoch auch fachlich korrekter Lösungen.

Nebenberufliche Weiterbildungen im Bereich Mentale Fitness wie bspw. die staatlich geprüfte und zugelassene Qualifikation zum „Mental Coach“ bietet die BSA-Akademie, der Bildungspartner des DSSV, an ihren bundesweiten Lehrgangszentren an. Mehr Informationen: www.bsa-akademie.de/mental

Prof. Dr. Andrea Pieter
studierte Erziehungswissenschaft, Psycho- logie und Soziologie an der Universität des Saarlandes.

Seit 2007 ist sie als Dozentin für die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement sowie für die BSA-Akademie tätig. An der Deutschen Hochschule leitet sie als Professorin für Gesundheitsmanagement den Fachbereich Psychologie / Pädagogik.

2016 wurde Prof. Dr. Andrea Pieter zur Rektorin ernannt.

Mehr zum Thema Coaching im Sport erfahren Sie im Fach-Forum „Coaching“ beim diesjährigen Aufstiegskongress vom 06.-07.10.2017 in Mannheim. Weitere Informationen und Online-Anmeldung unter: www.aufstiegskongress.de

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 04/2017 Leseprobe & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

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