Entspannung für Körper und Geist: Yoga als Therapie
Die Zahlen in den verschiedensten Marktanalysen (etwa BDY, DSSV) zeigen immer wieder, dass das Interesse an Yoga beständig bleibt und sogar wächst. Die Teilnehmenden spüren den positiven Trainingseffekt, die wohltuende Entspannung für Körper und Geist. Außerdem wird von positiven Veränderungen im Heilungsprozess bei chronischen Erkrankungen berichtet.
Joachim Koch schrieb im Deutschen Ärzteblatt (2014) zum Thema 'Yoga: Die positive Kraft des Yoga': „Staunend kann die Popularität und weltweite Verbreitung von Yoga festgestellt werden.“
So haben sich in den letzten Jahren in der westlichen Welt immer mehr Wissenschaftler mit den Wirkungen von Yoga, einer aus Indien stammenden Lebensphilosophie, beschäftigt. Gibt man den Suchbegriff 'Yoga Therapy' bei der medizinischen Datenbank pubmed ein, werden 5.683 Treffer angezeigt.
Die Forschungsarbeiten beschäftigen sich in der Breite damit, dass Yoga in seiner vielfältigen Ausprägung sowohl direkten Einfluss auf die Heilung haben kann, als auch den Heilungsprozess durch eine Verbesserung des psychisch-emotionalen Wohlbefindens positiv unterstützen kann.
Dabei muss man allerdings die verschiedenen Bereiche des Yoga differenziert betrachten. Eine allgemeingültige Aussage über die Heilung durch Yoga, wie man sie immer mal wieder in den verschiedenen Medien hören und lesen kann, ist schwer möglich.
Bereiche des Yoga
In den klassischen Texten des indischen Gelehrten Patanjali (lebte zwischen 200 v. Chr. – 200 n. Chr.), den Yoga-Sutren, werden die verschiedenen Bereiche des Yoga beschrieben. Um das Ziel der Befreiung des Selbst zu erreichen oder, modern ausgedrückt, zur Selbsterkenntnis zu kommen, empfiehlt Patanjali seinen Schülern, den sogenannten achtgliedrigen Pfad (vgl. Abb. 1) zu beschreiten.
Die einzelnen Stufen des Pfades müssen weder nacheinander beschritten noch vollständig beendet werden. Jeder Schüler soll auf seinem Pfad seine individuelle Linie gehen, die ihn zum Ziel führt (Moriabadi, 2007).
Auch ohne große Yoga-Erfahrung kann man diesen Pfad mit seinen einzelnen Stufen nachvollziehen. So spielt ein versöhnlicher Umgang mit der Umwelt (Yama) und das verantwortungsvolle Kümmern um sich selbst (Niyama) bei einem Patienten eine große Rolle.
Denn lebt er in ständigem Aufbegehren gegenüber seinem Umfeld und vernachlässigt seine eigene Person, wird dies nicht förderlich für den Heilungsprozess sein. Geht man den Pfad weiter, werden sich im Heilungsprozess das Praktizieren von angepassten Körperübungen (Asana), das bewusste Wahrnehmen und Trainieren der Atmung (Pranayama), das zeitweise Zurückziehen der Sinne (Pratyahara) sowie die Konzentration auf sich selbst (Dharana) positiv auswirken.
Finden die Betroffenen nach einiger Zeit der Übung sogar zu einer regelmäßigen Meditationspraxis, können sie möglicherweise Momente des 'Eins-Sein' (Samadhi) mit sich und der Welt erfahren. Man sieht, dass der vor langer Zeit von Patanjali vorgeschlagene Yoga-Weg durchaus in unser heutiges Leben übertragen werden kann.
Positive Wirkungen bei Stress
Der Hauptaspekt bei der Betrachtung der positiven Wirkung von Yoga ist die Minderung von Stress auf physischer und psychischer Ebene, wobei Stress als „Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und dem auf eine Person einwirkenden Druck auf der einen Seite und deren Wissen und Fähigkeiten auf der anderen Seite“ (Leka, Griffith & Cox, 2004) definiert wird.
Dieses Ungleichgewicht kann sich sowohl im Arbeits- als auch im Privatleben aufbauen, aber auch durch Erkrankungen wie z. B. chronische Schmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder psychischen Belastungen entstehen. Bei einer Übersichtsarbeit von DP Dr. Holger Cramer (2017) stand diese Erkenntnis im Fokus. Hierbei wurden 300 randomisierte Studien näher betrachtet, die nachweisen konnten,
- dass durch eine ganzheitliche Yoga-Praxis eine Schmerzlinderung sowie eine verbesserte Wahrnehmung der Gelenkstellung und in der Folge eine verbesserte Haltung eintrat, wobei die positive Wirkung im Bereich Nacken- und Rückenschmerzen dabei besonders hervortrat (Cramer, S. 1926),
- dass bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Adipositas und Hyperlipidämie eine regelmäßige Anwendung von Atem- und Meditationsübungen zu einer Verbesserung der Krankheitsbilder führen kann, was durch das Auflösen eines Ungleichgewichts im vegetativen Nervensystem (VNS)hervorgerufen wird (Cramer, S. 1926),
- dass vor allem Atem- und Meditationsübungen psychische Belastungen und Depressionen durch die Beruhigung des Geistes lindern können (Cramer, S. 1927).
Yoga in der Therapie
Einige Wissenschaftler aus den USA, darunter Marlysa B. Sullivan (Maryland University of Integrative Health) und Laura Schmalzl (Southern California University of Health Sciences), definieren Yoga als ein 'System der Selbstregulierung', das dem Menschen hilft, eine Einheit zwischen Körper, Geist und Umwelt zu spüren und damit mehr Wohlbefinden und eine erhöhte Widerstandsfähigkeit (Resilienz) zu entwickeln. Beides wirkt sich bei Patienten mit chronischen Erkrankungen positiv auf den Heilungsprozess aus.
Dr. Suzanne Danhauer von der Wake Forest School of Medicine in Winston-Salem und Kollegen haben etwa die aktuelle Datenlage zum Thema 'Yoga und Krebs' in einem Review zusammengefasst (Danhauer et al., 2019) und stellten dabei fest, dass „mithilfe von Yoga krankheits- und therapiebedingte Symptome bei Krebspatienten verringert werden können“ (Starostzik, 2019).
Die allgemeine Lebensqualität verbessert sich nach Aussagen vieler Studien, Schlafprobleme nehmen ab und das Stressempfinden sinkt. So wird von Dr. Christine Starostzik (2019) eine Empfehlung für die Integration von Yoga-Programmen in die Krebstherapie ausgesprochen.
Fazit
Abschließend kann festgestellt werden, dass das allgemeine Interesse vieler Menschen, aber auch der Wissenschaftler an Yoga und seinen positiven Wirkungen von Jahr zu Jahr größer wird.
Wie bereits im Text beispielhaft dargestellt, scheint sich auch die schon vor tausenden von Jahren beschriebene positive Wirkung einer regelmäßig durchgeführten Yoga-Praxis auf den gesamten Organismus immer mehr zu bestätigen.
So könnte eine gezielt eingesetzte Yoga-Praxis in der Zukunft als begleitende Maßnahme einer Therapie durchaus zum Heilungsprozess der Patienten beitragen.
Über die Autorin
Uschi Moriabadi erwarb ihren Abschluss zur Diplom-Sportlehrerin mit dem Studienschwerpunkt Leistungssport an der TU München und ist seit vielen Jahren als Dozentin, Autorin und Tutorin für die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und die BSA-Akademie tätig.
Sie ist eine gefragte Autorin zu den Themen Yoga, Pilates, Fitness und Gesundheit.
Auszug aus der Literaturliste
Skuban, R. (2018). Pranayama, Die heilsame Kraft des Atems. Grafing: Aquamarin Verlag.
Ott, U. (2018). Gesund durch Atmen. Ein Neurowissenschaftler erklärt die Heilkraft der bewussten Yoga-Atmung. München: O. W. Barth.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.
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