Fitness, Gesundheit | Autor/in: Anna Welker |

Gesundheit für das Herz-Kreislauf-System durch Ausdauertraining

Eine inaktive Lebensweise, gepaart mit weiteren zivilisatorischen Fehlverhaltensweisen, bleibt nicht ohne Konsequenzen für unsere Gesundheit. Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes mellitus können die Folgen sein. Sie stellen wesentliche Risikofaktoren für eine Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems dar.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten seit einigen Jahren als häufigste Todesursache in Deutschland.

Die häufigste Todesursache im Jahr 2016 war, wie auch schon in den Vorjahren, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung. 37,2 Prozent aller Sterbefälle waren darauf zurückzuführen (Abb. 1). Die Kosten für das Gesundheitssystem liegen allein für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei 338,21 Mill. Euro (Statistisches Bundesamt [Destatis], 2019).

2,5 Stunden pro Woche moderate körperliche Aktivität

Um die Gesundheit bis ins hohe Alter zu erhalten und damit das Gesundheitssystem zu entlasten, haben verschiedene Institutionen, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder das American College of Sports Medicine (ACSM), Empfehlungen für ein Mindestmaß an körperlicher Aktivität herausgegeben. Erwachsene (18 bis 65 Jahre) sollten regelmäßig mindestens 2,5 Stunden pro Woche aerobe körperliche Aktivität mit moderater Intensität durchführen, um ihre Gesundheit zu erhalten (Pfeifer & Rütten, 2017, 33).

Häufigkeit und Intensität entscheidend

Zahlreiche Studien belegen einheitlich bei aktiven Personen eine niedrigere Gesamtmortalitätsrate als bei inaktiven Personen (Lee & Skerrett, 2001; Li et al., 2006; Pfeifer & Rütten, 2017, 35; Williams, 2013). Die Art der körperlichen Aktivität ist im Vergleich zur Häufigkeit und Intensität weniger entscheidend. Ein wöchentlicher Kalorienumsatz von ca. 1.500 bis 2.000 Kilokalorien gilt als entscheidende Mindestgröße, um das Herzinfarktrisiko erheblich zu senken (Gabriel, Wick & Puta, 2006, S. 35).

Gesunderhaltung des Herz-Kreislauf-Systems

Ein regelmäßig durchgeführtes Ausdauertraining kann zur Steigerung des wöchentlichen Kalorienverbrauchs beitragen und aufgrund seiner weitreichenden positiven Auswirkungen auf den menschlichen Organismus einen wichtigen Beitrag zur Gesunderhaltung des Herz-Kreislauf-Systems und des Stoffwechsels leisten (Muster & Zielinski, 2006, S. 4–8). Die folgenden Anpassungserscheinungen beziehen sich auf das Gesundheitsoptimalprogramm nach Zintl & Eisenhut (2009, S. 141) (Tab. 1).

• Herz-Kreislauf-System

Ausdauertraining führt zur Einsparung des Sauerstoffverbrauchs im Herzmuskel und damit zur Ökonomisierung der Herzarbeit (Zintl & Eisenhut, 2009, S. 136). Eine zentrale Anpassung ist die Verbesserung der Herzmuskelkontraktion. Durch eine stärkere Kontraktion des Herzmuskels erhöht sich das Schlagvolumen. Wenn bei einem Herzschlag beim Trainierten so mehr Blut ausgeworfen werden kann (höheres Schlagvolumen), dann muss das Herz, um auf die erforderliche Blutmindestmenge in Ruhe zu kommen, weniger oft kontrahieren (Senkung Ruhepuls). Folglich arbeitet das ausdauertrainierte Herz im Schongang (Neumann, Pfützner & Berbalk, 2013, S. 26). Durch die Ruhepulssenkung bzw. die damit einhergehende längere Füllungsphase des Herzens verlängert sich zudem auch die Phase der Koronardurchblutung. Unter körperlicher Belastung kann der Trainierte durch eine Steigerung des Schlagvolumens sowie durch eine Erhöhung der Herzfrequenz im Vergleich zum Untrainierten ein wesentlich höheres Herzminutenvolumen erzielen. Während der Untrainierte den erhöhten Blutbedarf primär durch eine Erhöhung der Herzfrequenz deckt, erhöht sich beim Trainierten sowohl das Schlagvolumen als auch die Herzfrequenz. Selbst bei alltäglichen körperlichen Belastungen kann so der gesteigerte Sauerstoffbedarf ökonomischer abgedeckt werden.

• Fließeigenschaften des Blutes

Die Fließeigenschaft des Blutes wird positiv beeinflusst. Durch eine Steigerung der Fibrinolyse kann die körpereigene Auflösung von Blutgerinnseln, sog. Thromben, verbessert werden. Gleichzeitig zeigt sich bei Ausdauertrainierten eine reduzierte Tendenz zur Verklumpung der Thrombozyten (Blutplättchen) (Neumann et al., 2013, S. 26). Besonders Personen mit vorgeschädigten Gefäßen können von den Anpassungen profitieren, da das Infarktrisiko sowie das Thromboserisiko durch die herabgesetzte Thrombusbildung im Blut reduziert werden kann (Zintl & Eisenhut, 2009, S. 136). Zur verbesserten Blutflusseigenschaft trägt auch die Fähigkeit der Erythrozyten (rote Blutkörperchen) bei, sich so zu verformen, dass engere Kapillare leichter passiert werden können. Damit wird die Sauerstoffversorgung der Muskulatur gesteigert (De Marées, 2007, S. 337).

• Hormon- und Immunsystem

Durch Ausdauertraining kann es zu einer veränderten adrenergen Reaktionslage kommen, d. h. besonders der Adrenalinspiegel ist in Ruhe und unter Belastung niedriger (Neumann et al., 2013, S. 27). Adrenalin wirkt gefäßverengend, blutdruckerhöhend und herzfrequenzsteigernd. Durch die Abnahme des Adrenalins, vor allem in Ruhe, wird der Blutdruck positiv beeinflusst. Weitere Veränderungen zeigen sich in einer Zunahme der endogenen Insulinsekretion, der Verbesserung der Glukosetoleranz und der damit verbundenen Erhöhung der Insulinempfindlichkeit der Muskelzellen (Neumann et al., 2013, S. 27). Ebenfalls kann aerobes Ausdauertraining zu einer Stärkung der immunologischen Abwehr führen und somit die Infektanfälligkeit mindern (Neumann et al., 2013, S. 27).

• Stoffwechselsystem

Ein gesundheitsorientiertes Ausdauertraining kann den Fettstoffwechsel positiv beeinflussen. Ausdauertrainierte Personen zeigen eine erhöhte Sensibilität für Adrenalin an den Beta-Rezeptoren der Fettzellen. Damit kommt es bei Belastung zu einer erhöhten Abgabe von freien Fettsäuren (FFS) in die Blutbahn mit anschließender Aufnahme der FFS in die Muskelfaser. Der Muskel speichert die FFS als intramuskuläre Triglyceridspeicher und kann bei Bedarf schneller und effektiver darauf zurückgreifen. Auch die Auswirkungen auf den Cholesterinspiegel im Blut sind positiv. Das Lipoprotein niedriger Dichte (LDL – Low Density Lipoprotein) nimmt ab und das gefäßschützende Lipoprotein hoher Dichte (HDL – High Density Lipoprotein) nimmt zu. Daraus kann eine erhöhte Schutzwirkung gegenüber Arteriosklerose, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Adipositas und weiteren internistischen Erkrankungen resultieren.

Gesundheitsorientiertes Ausdauertraining

Die Belastungsgestaltung eines gesundheitsorientierten Ausdauertrainings ist immer von der momentanen Leistungsfähigkeit des Trainierenden abhängig. Zur Beurteilung der Ausdauerleistungsfähigkeit wird in der Regel ein sportmotorischer Test durchgeführt. Im Anschluss daran kann anhand definierter Normwerte die relative Leistung beurteilt werden. Untrainierte Personen, deren Maximalleistung auf dem Fahrradergometer weniger als 2 Watt pro Kilogramm Körpergewicht (Männer) bzw. 1,5 Watt pro Kilogramm Körpergewicht (Frauen) entspricht, sollten mit einem geringen Trainingsumfang beginnen (Zintl & Eisenhut, 2009, S. 137). Trotz des geringen Belastungsumfangs sowie der geringen Belastungsintensität stellt ein sogenanntes Minimalprogramm nach Zintl & Eisenhut (2009, S. 137) für Anfänger einen trainingswirksamen Reiz dar (Tab. 1). Darauf aufbauend folgt ein höherer Belastungsumfang im Sinne eines Optimalprogramms (Tab. 1). Egal ob Minimal- oder Optimalprogramm, bei der Ausdauerbelastung muss es sich um die dynamische Beanspruchung großer Muskelgruppen im aeroben Bereich handeln. Infrage kommen z. B. Sportarten wie Walking oder Nordic Walking, Laufen, Wandern, Radfahren, Skilanglauf, Schwimmen etc. Tabelle 1 fasst das Belastungsgefüge zusammen.

Wöchentlicher Energieverbrauch: 2400-2800 Kilokalorien

Die Belastungsvorgaben des Optimalprogramms orientieren sich an den Vorgaben für ein gesundheitspräventives Training mit einem wöchentlichen Energieverbrauch von ca. 2400 bis 2800 Kilokalorien. Die Trainingshäufigkeit sollte demnach bei minimal drei Trainingseinheiten pro Woche liegen (Zintl & Eisenhut, 2009, S. 142). Um die Empfehlungen zu erreichen, müsste z. B. eine 70 Kilogramm schwere Person 3 Mal pro Woche 60 Minuten mit einer Geschwindigkeit von 12 Stundenkilometern laufen (ca. 2.500 kcal/Woche).

Verbesserung der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit

Bei einem geringen Trainingsaufwand (siehe Minimalprogramm) muss mit weniger umfangreichen Trainingswirkungen gesundheitlicher Art gerechnet werden (Zintl & Eisenhut, 2009, S. 138). Die Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems sind zwar auch durch ein Minimalprogramm gegeben, aber die volle gesundheitspräventive Wirkung bleibt aus. Ein Training von 1 Mal pro Woche scheidet nahezu aus, da die Zeitspanne für den Erhalt der erreichten Anpassungen im Grenzbereich liegt. Wer noch seltener trainiert, fängt quasi immer wieder von vorne an (Zintl & Eisenhut, 2009, S. 137). Nur ein regelmäßiges Ausdauertraining bringt die wünschenswerten gesundheitlichen Anpassungen und kann nach ca. 10 bis 12 Wochen zu einer 20-prozentigen Verbesserung der aeroben Ausdauerleistungsfähigkeit führen (Zintl &
Eisenhut, 2009, S. 145).

Fazit

Ausdauertraining wirkt wie ein Medikament: blutdrucksenkend, herzrhythmusstabilisierend, durchblutungsfördernd und bei richtiger Anwendung können Nebenwirkungen ausgeschlossen werden. Wichtig ist, dass das Ausdauertraining regelmäßig ausgeführt wird. Nur dann kann die Entstehung von internistischen und kardiovaskulären Erkrankungen größtenteils verhindert werden (Neumann et al., 2013, S. 28). Zudem fanden Wissenschaftler der Universität des Saarlandes in Kooperation mit dem Institut für Sport- und Präventivmedizin in Saarbrücken sowie mit Professor Dr. Arne Morsch von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement heraus, dass ein regelmäßiges Ausdauertraining den Alterungsprozess der Zellen verzögern kann (Werner et al., 2019).

Anna Welker

Die Sportwissenschaftlerin ist als pädagogische Mitarbeiterin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement sowie der BSA-Akademie im Fachbereich Trainings- und Bewegungswissenschaft tätig. Sie arbeitete bereits als Sporttherapeutin und Kursleiterin in Fitness- und Gesundheitseinrichtungen.

Auszug aus der Literaturliste

Gabriel, H., Wick, C. & Puta, C. (2006). Komponenten präventiven Gesundheitstrainings – Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordination. In L. Vogt & A. Neumann (Hrsg.), Sport in der Prävention (S. 33–65). Köln: Deutscher Ärzte-Verlag.

Neumann, G., Pfützner, A. & Berbalk, A. (2013). Optimiertes Ausdauertraining. Trainingsplanung, Leistungsaufbau, Ernährungstipps (7. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.

Pfeifer, K. & Rütten, A. (2017). Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. Gesundheitswesen (Bundesverband der Arzte des Offentlichen Gesundheitsdienstes (Germany)), 79 (S 01), S2-S3. doi.org/10.1055/s-0042-123346

Statistisches Bundesamt (Hrsg.). (2019). Todesursachen in Deutschland. Zugriff am 05.02.2019. Verfügbar unter: www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/Todesursachen/Todesursachen.html

Zintl, F. & Eisenhut, A. (2009). Ausdauertraining. Grundlagen, Methoden, Trainingssteuerung (BLV Sportwissen, [7., überarb. Aufl., Neuausg.]. München: blv-Buchverl.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

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