Rehabilitatives Fitnesstraining: Training nach Meniskusläsion
Die Meniskusläsion ist eine strukturelle Verletzung des Kniegelenks und zieht oftmals therapeutische und operative Maßnahmen nach sich. Die professionelle Betreuung von Verletzten ist nicht nur die Aufgabe des medizinischen Personals, sondern insbesondere die Aufgabe des Fitness- und Gesundheitsmarktes. Denn hier ist eine langfristige und unlimitierte Betreuung möglich.
An kaum einem anderen Krankheitsbild wird der medizinische Fortschritt in Deutschland so deutlich wie an der Meniskusläsion. Wurde ein Patient vor drei Jahrzehnten aufgrund einer Meniskusläsion operativ versorgt, war dies an einen Krankenhausaufenthalt von zwei bis drei Wochen gebunden.
Heutzutage wird in den meisten Fällen ambulant operiert und der Patient kann nach einer Meniskusteilresektion bereits am dritten postoperativen Tag ohne Unterarmgehstützen, auch Krücken genannt, gehen (Kreutz, 2019a).
Meniskusläsion
Die Menisken eines Kniegelenks bestehen aus Faserknorpel. Es wird zwischen dem Innenmeniskus, der medial liegt und mit dem Innenband (Lig. collaterale tibiale) verwachsen ist, und dem lateral liegenden Außenmeniskus differenziert (Schünke, Schulte & Schumacher, 2011, S. 446).
Mensiken dienen der Druckverteilung von Ober- zu Unterschenkel und sind für die Funktionsfähigkeit des Kniegelenks unverzichtbar (Aschenbrenner & Biberthaler, 2012, S. 1).
Bei einer Meniskusläsion werden verschiedene Rissarten unterschieden (vgl. Abb. 2). Die häufigsten Formen sind der Korbhenkel- und Radiärriss (Aschbrenner & Biberthaler, 2012, S. 1).
OP-Indikation
Mit 209.318 Eingriffen im Jahr 2018 listet die Gesundheitsberichterstattung des Bundes die Arthroskopien (ASK) am Gelenkknorpel und Meniskus unter den zehn am häufigsten durchgeführten Operationen in Deutschland (gbe-bund, 2020).
Diese Kennzahl unterstreicht die Relevanz des Krankheitsbildes für unsere Gesellschaft und insbesondere für den Ersten und Zweiten Gesundheitsmarkt.
Dennoch gibt es Kritik am operativen Vorgehen. Die im Jahr 2013 von Sihvonen et al. publizierte Arbeit stellt, in Vertretung für viele weitere Publikationen, den Effekt einer ASK am Meniskus infrage: Es wurden 146 Patienten in zwei Gruppen eingeteilt. Die Kontrollgruppe wurde einer tatsächlichen Meniskus-OP unterzogen, während die Experimentalgruppe lediglich eine Scheinoperation erhielt.
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Beide Gruppen absolvierten das Rehabilitationsprogramm und konnten Besserungen der Beschwerden erkennen. Interessanterweise gab es ein Jahr postoperativ keine signifikante Differenz der Gruppen in den Bereichen Schmerzen und Kniefunktion (Sihvonen et al., 2013).
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass nicht jede Meniskusläsion operativ versorgt werden muss. Abhängig ist dies von der Art der Läsion und dem damit einhergehenden Beschwerdebild des Patienten. Ob eine OP-Indikation vorliegt und wenn ja, welche, entscheidet der therapierende Facharzt mit dem Patienten.
Leitlinien hierzu sind von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie gegeben (Becker et al., 2015, S.10 ff.).
Therapie und rehabilitatives Training
Nach gestellter Diagnose erfolgt in der Regel – egal, ob ohne oder mit Operation – eine physiotherapeutische Behandlung. Das Standardprozedere nach einer Meniskusteilresektion sah bis ins Jahr 2020 für einen Kassenpatienten lediglich ein Rezept mit sechs Behandlungen allgemeiner Krankengymnastik, kurz KG, vor (IntelliMed GmbH, 2018).
Auch die Erweiterung der Budgetierung von KG-Verordnungen in 2021 (IntelliMed & Buchner, 2020, S. 28) stellt nicht sicher, dass die Patienten auf ihr Vor-Verletzungs-Niveau zurückfinden, sondern sorgt lediglich für eine 'Grundversorgung'.
Da ein Patient postoperativ nach sechs bis achtzehn Einheiten KG noch nicht auf dem muskulären Niveau ist, das er vor der OP hatte, ist der Zweite Gesundheitsmarkt mit seinem langfristig ausgerichteten Leistungsangebot aus u. a. Fitness und Sport essenziell.
Gesundheits- und Fitnessunternehmen müssen diesen Bedarf mit qualifiziertem Personal decken. Sie haben die Chance, jährlich über 200.000 Patienten als Kunden in Empfang zu nehmen.
Im Fitnessstudio sollen dann die vom Physiotherapeuten gesetzten Ziele erreicht werden. Hierbei gibt es fünf Schritte, die zu beachten sind:
1. Rehaplan anfordern!
Jeder operierte Patient bekommt einen Rehabilitationsplan, in dem z. B. die Freigabe von Gelenkpositionen, die Einnahme von Medikamenten, die Dauer der Entlastung bzw. Teilbelastung, der Termin zum Fäden entfernen und das gewählte OP-Verfahren enthalten sind. Bei einer reinen Meniskusläsion unterscheidet man drei Arten von OP-Verfahren:
- Meniskusteilresektion
zwei bis drei Tage Unterarmgehstützen mit Thromboseprophylaxe, ab dem vierten Tag Vollbelastung (Kreutz, 2019a; Klinikum.uni-muenchen, 2020) - Danach: Meniskusnaht
Knieorthese mit wechselnder Gradzahllimitierung je Woche; vier Wochen Teilbelastung mit Thromboseprophylaxe, von der vierten bis sechsten Woche zunehmende Vollbelastung, ab der sechsten Woche Vollbelastung, ab Woche sieben bis acht Vollbelastung ohne Orthese (Kreutz, 2019b; Klinikum.uni-muenchen, 2020) - Danach:Meniskusimplantat
Knieorthese mit wechselnder Gradzahllimitierung je Woche; sechs Wochen Teilbelastung mit Thromboseprophylaxe, ab der siebten Woche Vollbelastung (Klinikum.uni-muenchen, 2020)
Zu beachten ist, dass das Meniskusimplantat ein technisch hochanspruchsvolles Verfahren ist, das nur in wenigen Kliniken in Deutschland durchgeführt wird (Shavizadeh, 2020, S. 1). Neuartige Gerüste der Meniskusimplantate aus unterschiedlichen Materialien (Sgaglione, 2003, S. 172–188) und zellbasierte Therapieansätze spielen dabei eine zunehmend wichtige Rolle (Brucker et al., 2013, S. 106).
Diese Materialien müssen noch weiter erforscht werden, insbesondere in Langzeitstudien (Sgaglione, 2003, S. 180; Brucker et al., 2013, S. 106).
2. Individualität wahren!
Jeder Mensch ist anders. Dies gilt insbesondere im Bereich der Rehabilitation. Auch der Facettenreichtum von Verletzungsbildern und Rehabilitationsverläufen ist groß.
Ein guter Ratgeber ist hier der OP-Bericht, da er im Vergleich zum Rehabilitationsplan noch spezifischer auf besondere Gegebenheiten und Vorkommnisse während der OP eingeht. Auch diesen kann man beim Kunden anfragen.
3. Funktionalität wiederherstellen!
In den ersten postoperativen Tagen ist es wichtig, das Gelenk ohne hohe Lasten zu bewegen, damit sich die Synovia wieder bilden kann. Falls keine OP durchgeführt wurde, sollte das Kniegelenk mit Traktions- und Mobilisationsübungen behandelt werden, um einen eventuellen Einklemmungsschmerz zu vermindern.
Des Weiteren sollte der Muskeltonus reduziert werden, da dieser das Gelenk in seiner Funktion einschränken und den intraartikulären Druck erhöhen kann.
Sofern die Physiotherapie die volle Dreh-, Gleit- und Scharnierfähigkeit des Kniegelenks noch nicht zu 100 Prozent wiederherstellen konnte, ist es die Aufgabe des Trainers, dies mit Mobilisation, Dehnung und moderater, exzentrisch betonter Kräftigung zu erreichen.
4. Krafttraining!
Brindle, Nyland und Johnson (2001, S. 165) beschreiben als Hauptziele nach einer Meniskusektomie: Schmerzkontrolle, Entzündungskontrolle, Wiederherstellung der vollen Bewegungsreichweite, allgemeine Kondition, isolierte Muskelfunktion und Verbesserung der neuromuskulären Koordination in der unteren Extremität.
Während die ersten drei Ziele unter 'Funktionalität wiederherstellen' fallen, muss daran anschließend ein Krafttraining durchgeführt werden, das im Kraftausdauerbereich beginnt und zunehmend intensiver wird, um im späteren Verlauf neuromuskuläre und Hypertrophieeffekte hervorzurufen.
5. Grundregeln beim Krafttraining beachten!
Im Rehabilitationstraining nach Meniskusverletzungen gibt es einige Grundregeln, die zu beachten sind. Da bei zunehmendem Knieflexionswinkel der Druck auf die Menisken, insbesondere auf die Hinterhörner zunimmt, ist folgendes zu vermeiden:
- Flexionswinkel des Kniegelenks von 80 Grad plus
- Sprünge
- Stop-and-go-Belastungen
- Kombination von Übungen
Natürlich ist auch hier Punkt zwei 'Individualität wahren' zu berücksichtigen. Je nach Therapieverlauf, Läsionsart und -stelle sowie sportlichen bzw. beruflichen Zielen muss ein Sportler an solche Übungen wieder herangeführt werden oder eben nicht.
Dies wird dann über den Bereich Rehabilitationssport hinaus im Bereich Return-to-Sport/-Competition aufgegriffen (Biedert et al., 2006).
Fazit
Die sportliche Betreuung von Kunden nach einer Meniskusverletzung ist komplex, facettenreich und beinhaltet mehrere Teilschritte. Durch gut ausgebildetes Trainingspersonal können Kunden zielführend trainiert, Neukunden geworben und das Gesundheitssystem entlastet werden.
Durch eine Spezialisierung im Rehabilitationstraining öffnet man somit seine Tür für mehr als 200.000 Arthroskopiepatienten jährlich und führt die physiotherapeutische Behandlung auf sportlicher Ebene fort.
Über den Autor
Marlon Kreis arbeitete über fünf Jahre in einer renommierten sportorthopädischen Praxis in Köln. Parallel behandelte er Profisportler und Patienten in der Schmerztherapie und im Rehabilitationstraining.
Zwei Jahre lang leitete er das Zentrum für Bewegungsanalyse in Köln. Seit 2018 ist er als Dozent, Autor und Tutor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und der BSA-Akademie aktiv.
Auszug aus der Literaturliste
Aschbrenner, I. & Biberthaler, P. (2012). Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie-Patienteninformation. Meniskusläsion (= Meniskusriss). Zugriff am 16.04.2020.
Brucker, P. U., Feucht, M. J., Becker, R., Hinterwimmer, S. Holsten, D. & Imhoff, A. B. (2013). Intraoperative biologische Augmentation. Arthroskopie, 26, 105–113.
Kreutz, M. (2019a). Rehabilitationsplan nach Meniskusrefixation. Köln: Sporthomedic.
Shafizadeh, S. (2020). Informationen Meniskustransplantation/-teilersatz. Köln: Kliniken Köln.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.
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