Keynote Speaker Jonas Deichmann im Interview: „120 Triathlons, 120 Tage – geil wird's“
3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen. Während viele sich den Langdistanztriathlon wohl eher nicht zutrauen würden, ist er für Jonas Deichmann eher mit dem 'Warmlaufen' vergleichbar. Der Extremsportler stellt sich in regelmäßigen Abständen scheinbar unmöglichen Herausforderungen. Seine neueste ist die 'Challenge 120': 120 Triathlons an 120 aufeinanderfolgenden Tagen.
Wir haben mit dem Keynote Speaker des Aufstiegskongresses 2024 noch vor dem Start seines aktuellen Extremsportprojektes gesprochen.
fM: Am 9. Mai starten Sie Ihre Challenge: 120 Triathlons in 120 Tagen. Wie läuft die Vorbereitung auf eine so extreme sportliche Herausforderung und wie sehen die letzten Tage vor dem Start aus?
Jonas Deichmann: Wir haben im Januar mit den speziellen Vorbereitungen begonnen. Dabei haben wir natürlich nicht nur die drei Disziplinen immer wieder – auch isoliert voneinander – abgefrühstückt, sondern auch viel Zeit in Stabilitäts- und Core-Training investiert.
Das ist unwahrscheinlich wichtig, um meinen Körper auf diese sportliche Herausforderung vorzubereiten. Dadurch kam schon einiges zusammen, ca. 40 bis 50 Trainingsstunden und ungefähr 21 Trainingseinheiten pro Woche.
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Ende März kam dann der Härtetest: An vier Tagen hintereinander habe ich 70, 80, 90 und schließlich 100 Prozent der Langdistanz hinter mich gebracht. Damit konnte ich erstmals simulieren, wie es sich für mich anfühlen wird, die Langdistanz mit entsprechender Vorbelastung zu absolvieren.
Ganz wichtig bei diesem Härtetest waren auch die organisatorischen Learnings, z. B. dass ich die Wechselzeiten zwischen den Disziplinen so kurz wie möglich halten muss, um nicht über meine zwölf Stunden täglich zu kommen. Beim Härtetest wurde es auch mal halb eins nachts, bis ich mein Läufchen (Anm. d. Red.: den Marathon) beendet hatte.
Vor zwei Wochen dann habe ich das Training auf 25 Stunden reduziert und letztlich wenige Tage vorher werde ich meinen Körper nur noch sehr gering belasten.
Die Schwierigkeit dabei ist, dass ich mir vor der eigentlichen Challenge genügend Ruhe gönne, ohne durch das Tapering einen Leistungsabfall zu provozieren – sonst könnte es mir blühen, dass ich schon nach Tag zehn nicht mehr kann.
Können Sie noch einmal beschreiben, was genau Sie vorhaben?
Ich möchte vom 9. Mai bis zum 5. September jeden Tag einen Langdistanztriathlon absolvieren, also 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen. Das Ganze wird größtenteils auf der Triathlonlangdistanzstrecke in Roth stattfinden.
Dort werde ich dann an Tag 60, am 7. Juli 2024, an der 'Challenge Roth' (Anm. d. Red.: Offizieller Triathlonwettkampf) teilnehmen.
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Mein Ziel ist, pro Tag ungefähr zwölf Stunden inklusive Essenspausen unterwegs zu sein. Bei dem, was ich mache, kommt es nicht auf Schnelligkeit, sondern auf Durchhaltevermögen an.
Deswegen muss ich mich in allen drei Disziplinen im Grundlagenausdauerbereich bewegen, um meinen Körper so wenig wie möglich zu belasten. Natürlich würde ich einen Triathlon auch in unter zehn Stunden schaffen – aber eben keine 120 hintereinander.
Würde ich aber mehr als zwölf Stunden brauchen, wird es organisatorisch einfach zu eng, schließlich muss ich auch noch zum Physiotherapeuten, essen und vor allem schlafen.
Über unseren Interviewpartner
Das 'Outdoor-Gen' erbte Jonas Deichmann von seinen Eltern, die ihn bereits im Kindesalter durch zahlreiche Campingtrips von der Natur begeisterten. Den Drang nach Abenteuern verdankt er jedoch seinem unbestrittenen Kindheitshelden: seinem Großvater, der in Guinea eine Schlangenzucht betrieb.
Durch diese Kombination aus Tatendrang, Ehrgeiz und Abenteuerlust war für den Schwaben nach zwei Jahren als Sales Manager einer IT-Firma klar, dass aus ihm kein 'Bürohengst' wird. Also machte er sich auf, um einen Langdistanzrekord aufzustellen, der Abenteuer und Ausdauer miteinander verbinden sollte, und betritt Büros seither nur noch als Besucher.
Mittlerweile hat sich der 37-Jährige zu einer Marke im Extremsport entwickelt; viele Athletinnen und Athleten wollen ihm nacheifern. Ihm selbst geht es bei seinen Herausforderungen nicht um mediale Präsenz, Geld oder Anerkennung. Er möchte einfach so viel wie möglich erleben und über sich hinauswachsen: „Wenn ich alt bin, will ich sagen: 'Geil wars!'“
Mittlerweile hat Jonas Deichmann schon 60 Langdistanzen inklusive der Challenge Roth am 7. Juli 2024 erfolgreich absolviert und ist immer noch begeistert dabei. Wer Lust hat, ihn bei einer „tollen Runde“ auf dem Bike oder einem „lockeren Läufchen“, wie er es bezeichnen würde, zu begleiten, der findet die angestrebten Wechselzeiten, die vorgegebene Route und sogar einen Live-Tracker hier. Geil wirds!
Können Sie überhaupt abschätzen, was auf Sie zukommt?
Ja, das schon. Schließlich ist es nicht meine erste Extremsportchallenge. Ich habe schon einige Weltrekorde mit dem Fahrrad, sozusagen meiner Hausdisziplin, aufgestellt und habe 2020/2021 mit der Strecke von insgesamt 120 Triathlons die Welt umrundet.
Deshalb weiß ich auch, was auf mich zukommt. Und natürlich wird es auch viele Herausforderungen geben, aber ich bin in Topform und richtig heiß darauf, anzufangen.
Aber ein paar Zweifel, dass Sie die „Challenge 120“ schaffen, haben Sie schon, oder?
Warum sollte ich Zweifel haben? Meinem Körper geht es gut, mir geht es gut – ich bin frisch und munter und hab Bock, jetzt loszulegen. Ich denke auch, dass mir die Challenge schon die meiste Zeit Spaß machen wird (lacht).
Und wenn ich mal etwas Motivation brauche, dann habe ich auch ein tolles Supportteam hinter mir, das mich sicherlich wieder aufbaut. Oder ich mache mir einfach etwas Musik aufs Ohr. Man sollte manches auch nicht zu sehr „zerdenken“, sondern einfach machen.
Sie scheinen ein echter Optimist zu sein. Wie wichtig ist die mentale Einstellung bei einer solchen Herausforderung?
Natürlich bin ich Optimist. Es besteht ja überhaupt kein Grund, es nicht zu sein. Ich freue mich auf die Herausforderung und glaube, dass das eine ganz tolle Erfahrung wird. Aber natürlich ist die richtige mentale Einstellung eine der Schlüsselkomponenten.
Ich muss zu 100 Prozent an mich glauben, ohne Widerrede. Und ganz ehrlich, wenn man mittendrin ist, dann denkt man nicht übers Aufgeben nach – man macht einfach. Letzten Endes kommen auch wieder Stunden und Tage, an denen es besser läuft.
Dieser Optimismus, das Durchhaltevermögen und die Disziplin kommen eigentlich auch von ganz allein, wenn man etwas mit purer Leidenschaft macht.
Stellen Sie sich während der Challenge bereits vor, wie Sie am 5. September über die Ziellinie laufen?
Nein, absolut nicht. Ich glaube auch, dass das verheerend wäre. Ich spreche hier immer vom „Schokoriegeleffekt“: Es geht um den Schokoriegel an der nächsten Tankstelle, nicht um das zigtausend Kilometer entfernte Ziel.
Und so ist das eben auch mit meinen Challenges; ich betrachte sie als 120 separate Triathlons, die es zu absolvieren gilt – heute konzentriere ich mich auf heute, und morgen konzentriere ich mich auf morgen.
Ein wichtiges Etappenziel ist aber ganz klar Tag 60, also Halbzeit, an dem ich an der „Challenge Roth“, dem größten Langdistanztriathlon der Welt, teilnehme.
Aber irgendetwas kann vermutlich auch Sie ausbremsen, oder?
Tatsächlich habe ich am meisten Respekt vor einem ganz normalen Infekt. Denn das ist der entscheidende Unterschied zu meinen bisherigen Challenges: Ich habe keinen zeitlichen Puffer und muss 120 Langdistanzen hintereinander absolvieren.
Mit einem Infekt besteht aber die Gefahr einer Herzmuskelentzündung. Da hilft kein Tapen, Kühlen oder sonst was. Dann wäre die einzig logische Konsequenz der Abbruch. Um dem aber vorzubeugen, achte ich bereits seit einigen Wochen darauf, dass ich Körperkontakt vermeide und z. B. nur noch mit Faustcheck grüße.
Gott sei Dank habe ich für den Fall der Fälle auch einen Mediziner, der selbst Extremsportler ist, an meiner Seite. Er kann mir zum einen die Entscheidung für einen Abbruch abnehmen, zum anderen kann er aber auch meine Lage viel besser einschätzen als andere Ärzte.
Wie hat sich Ihr Körper während der Vorbereitung verändert und wie sieht es während der Challenge mit der Ernährung aus?
Ich habe schon gemerkt, dass sich mein Körper verändert hat, muskulöser geworden ist. Ich entdecke mittlerweile Sehnen und Muskeln an ungeahnten Stellen (lacht). Auch wenn ich mir natürlich auch einen kleinen Puffer von zwei Kilogramm angegessen habe, wird der wahrscheinlich nicht länger als drei Tage anhalten.
Das mit dem Essen ist sowieso eine Herausforderung für sich. Am Tag brauche ich zwischen 9.000 und 10.000 Kilokalorien. Deswegen gibt es zwischen den Disziplinen immer kurze Essenspausen.
Natürlich sind auch Powerbars oder Energy-Gels super wichtig für mich, aber natürlich kann ich mich nicht vier Monate lang ausschließlich von Sportlernahrung ernähren. Das ist auch einer der Gründe, warum ich im Grundlagenausdauerbereich bleiben muss:
Ich muss darauf achten, dass ich mit 80 bis 90 Gramm Kohlenhydraten pro Stunde auskomme, sonst wird die Zufuhr richtig schwierig. Natürlich kann es auf dem Rad auch mal eine Banane geben, aber beim Schwimmen oder Laufen ist Essen eher umständlicher.
Sie wirken super vorbereitet, echt motiviert und zu 100 Prozent von Ihrer Leistungsfähigkeit überzeugt. Aber warum machen Sie solche extremen Challenges?
Naja, ich lege keinen Wert darauf, der Schnellste oder Beste zu sein, deswegen nehme ich auch nicht an klassischen Wettkämpfen teil. Auch die Rekorde sind für mich nicht das Ausschlaggebende.
Ich mache einfach gern Dinge, bei denen ich aus meiner Komfortzone muss, wo Überraschungen auf mich warten. Dieses Hinarbeiten auf ein Ziel und dabei die eigenen Grenzen verschieben, das macht mir einfach Spaß.
Was mich aber am meisten begeistert und woran ich auch nach Jahren zurückdenke, das sind die Erlebnisse, die vielen kleinen Begegnungen und besonderen Momente.
Wie kamen Sie auf die Idee zu dieser Challenge?
Nun ja, ich komme ja ursprünglich aus dem Radsport und habe in diesem Bereich auch eine Vielzahl an Rekorden aufgestellt. Während meines letzten Rekordversuchs in Afrika kam in mir der Gedanke auf, etwas Neues auszuprobieren – einfach mal etwas anderes zu machen.
Und irgendwann war die Idee mit dem „Triathlon um die Welt“ geboren. Lustigerweise konnte ich eigentlich nie so gut schwimmen, auch wenn ich das Silberabzeichen des DLRG habe.
Und weil ich mir immer direkt nach einer Challenge Gedanken darüber mache, was als Nächstes kommt, musste ich mir die logische Frage stellen, ob ich die 120 Triathlons zur Umrundung der Welt auch hintereinander schaffen kann.
Wie fühlen Sie sich ein paar Tage vor dem großen Start und wer sind Ihre wichtigsten Supporter?
Stimmt, ich rede immer von „wir“. Auch wenn es manchmal so scheint, könnte ich das, was ich mache, niemals ganz allein schaffen. Es gibt ganz viele Menschen im Hintergrund, die mich auf unterschiedliche Weise unterstützen und begleiten.
Am wichtigsten sind aber mein Papa und mein Bruder. Sie werden beide fast die ganze Zeit auf unterschiedliche Weise an meiner Seite sein: Mein Papa wird sich auf der Strecke und auch abends u. a. um das Essen kümmern und mein Bruder wird auch einige Langdistanzen gemeinsam mit mir absolvieren.
Wenn man dann gerade in den schwierigeren Momenten Menschen an seiner Seite hat, auf die man sich vollkommen verlassen kann und die einen auffangen und wieder aufbauen, ist das ein absoluter Gamechanger.
Aktuell bin ich angespannt, aber nicht nervös. Die ersten vier bis fünf Tage sind am härtesten, weil wir in den Abläufen noch keinen Rhythmus, keine Routine haben. Außerdem muss sich mein Körper in diesen ersten Tagen noch an die Belastung gewöhnen, das macht es für mich persönlich nochmals schwieriger.
Inwiefern passen Sie und das diesjährige Aufstiegskongress-Motto 'Einfach MACHEN – EINFACH machen' zusammen?
Ich bin kein Mensch, der Themen gern „zerdenkt“, sondern alles mit einer gewissen 'Einfach mal machen'-Einstellung und einer gesunden Portion Optimismus angeht. Wer zu viel denkt, der blockiert sich selbst und lässt viele Potenziale einfach liegen.
Im selben Moment glaube ich auch an die Einfachheit. Ich selbst lebe sehr minimalistisch, besitze nur das Nötigste und habe mit Laufen, Radfahren und Schwimmen drei Sportarten gewählt, die im Prinzip auch minimalistisch sind – jeder kann damit anfangen.
Und genau darin sehe ich auch den Kern: Wer Fitness, Sport und Gesundheit anstrebt, der braucht einfach zugängliche Angebote, damit er sich damit identifizieren kann und eine Leidenschaft entsteht.
Worum wird es in Ihrem Keynote-Vortrag beim Aufstiegskongress gehen?
Allgemein geht es um die Herausforderungen, denen ich mich bei meinen Challenges immer wieder stelle, wie z. B. bei meinem Triathlon um die Welt, und wie ich sie schließlich meistere. Natürlich werde ich auch von der 'Challenge 120', von meinen Erfahrungen, den Höhen und Tiefen dieser Herausforderung berichten.
Und ich zeige auf, wie ich mit Fehlern umgehe und daraus neue Kraft schöpfe, um erneut über meine Grenzen zu gehen. Ganz wichtig ist dabei auch, 'out of the box' zu denken, nach dem Credo 'Do shit first' zu leben und auf Probleme zuzulaufen, denn auf dem Sofa hat sich noch niemand weiterentwickelt.
Ich denke, dass die Teilnehmenden des Aufstiegskongresses ganz viel für ihre tägliche Arbeit und ihr persönliches Leben mitnehmen können. Sie werden für sich, ihr Unternehmen und ihre Kunden den ein oder anderen wertvollen Denkanstoß hinsichtlich Zielsetzung, Motivationsstrategien und Resilienz erhalten.
Ihre letzten Worte, bevor es losgeht und wir uns in Mannheim wiedersehen?
Ich habe jetzt so lange dafür gearbeitet, dass ich nur noch loslegen will. Ich bin in Topform und hab richtig Bock. Deshalb werde ich das jetzt einfach MACHEN!
Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 04/2024 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.
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