Fitness, Gesundheit, Management | Autor/in: Anke Sörensen |

Walter und Daniel Müller: „Ein Glücksfall, dass wir unternehmerisch harmonieren“

Erfolgreiches Generationenmanagement: Walter Müller betreibt gemeinsam mit seinem Sohn Daniel elf Kraftwerk Fitnessclubs im Saarland und in Rheinland-Pfalz (mit ca. 10.000 Mitgliedern), denen im Juli 2022 auf Teneriffa das erste Fitnessstudio im Ausland folgen wird. Zwei bis drei weitere Studios auf den Kanaren sollen hinzukommen. Im Interview sprechen beide über die Vorteile der Zusammenarbeit, kurze Kommunikationswege, unbedingtes Vertrauen, Mut zu Fehlern und gleiche Sichtweisen.

 

Interview mit Daniel und Walter Müller, Kraftwerk Fitnessstudios, zu Generationenmanagement

fM: Wann haben Sie begonnen, sich mit der Nachfolge als Geschäftsführer auseinanderzusetzen oder war der Berufsweg von vornherein klar vorgezeichnet?

Daniel Müller: Zunächst war es nicht meine Intention, der Nachfolger meines Vaters zu werden. Ich begann 2012 mein duales Bachelor-Studium Fitnessökonomie im Studio meines Vaters und lernte dort über drei Jahre, hielt mir aber parallel durch ein zusätzliches BWL-Studium erst einmal viele Möglichkeiten offen. Danach konnte ich es nicht abwarten, mein erstes eigenes Studio zu eröffnen – koste es, was es wolle. Nach Abschluss des Studiums machte ich mich 2015 mit dem QualiLife Fitnessclub in Neunkirchen selbstständig. Bereits ein halbes Jahr später folgte ein zweiter in Quierschied. Erst zwei Jahre später brandeten wir das Studio in Saarbrücken, vormals TC Fitness Treff, ebenfalls zu QualiLife um, um damit bessere Synergieeffekte zu erzielen.

Im gleichen Jahr, 2017, verließ der Partner meines Vaters das Unternehmen und ich stieg als Geschäftsführer ein. Es war keine klassische Nachfolgeregelung, keine vorgezeichnete Übernahme, sondern hat sich so ergeben. Ich konnte meine Führungsqualitäten erst in der Selbstständigkeit testen, auf eigenen Füßen stehen und Lehrgeld zahlen. Mein Vater hat mir den Weg geebnet, das war von beiden Seiten so gewollt. Heute arbeiten wir als ebenbürtige Geschäftspartner sehr eng zusammen und ich hoffe, dass das möglichst lange so bleiben wird.

Walter Müller: Ich habe noch nicht losgelassen, dazu besteht kein Anlass. Wir sind gleichberechtigte Partner und ich werde weiterarbeiten, solange es mir Freude macht. Es macht mir großen Spaß, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der genauso denkt wie ich und in der Branche groß geworden ist. Sich da regelmäßig auszutauschen, ist eine optimale Situation.

Was waren Ihre Beweggründe dafür, in die Geschäftsführung zu wechseln?

Daniel Müller: Während der Zusammenarbeit wurde uns sehr schnell bewusst, dass ich gern Entwicklungen vorantreibe, Ideen in die Tat umsetze und mich über den Erfolg dieser Entscheidungen freue. Viele unserer Ansätze waren sehr innovativ und effektiv. Ich war mutig genug, nicht nur ein Studio zu managen, sondern gleich mehrere. So war uns schnell klar, dass ich als Geschäftsführer fungieren wollte. Meine ersten Erfahrungen in den eigenen beiden Studios haben mir dabei sehr geholfen.

Wie haben Sie versucht, Ihrem Sohn den Einstieg in die Geschäftsführung zu erleichtern?

Walter Müller: Das ging eigentlich von allein. Wir sind beide unheimlich sportaffin, ob Fußball, Golf oder Fitness. Nachdem mein Sohn in meinem Unternehmen die Ausbildung absolviert hatte, war mir klar, dass er irgendwann einsteigen würde. Auf eigenen Wunsch eröffnete er aber zuerst gleich zwei Fitnessstudios , damit hatte ich so schnell nicht gerechnet. Ich denke, dass eine Unternehmensübernahme von Kindern nur dann sinnvoll ist, wenn wirklich ihr Herz am Betrieb hängt und der Wille vorhanden ist, etwas zu verändern. Wenn der Spaß an der Sache fehlt, ist es mit Sicherheit sinnlos.

Wie haben Sie die Übernahme von Verantwortung und Führung im Studio organisiert?

Daniel Müller: Hinter uns steht ein sehr gutes Team, das uns sehr professionell unterstützt. So waren die Organisation und der Aufbau neuer Strukturen zwar viel Arbeit, jedoch kein Problem. Die Aufgabenbereiche und die Verantwortung haben wir uns sehr gut aufgeteilt: Mein Vater ist vor Ort für das operative Geschäft zuständig: Er regelt u. a. das Personalmanagement, die Finanzbuchhaltung, die Kund:innenbetreuung sowie die Mitgliedschaften und ist Ansprechpartner für die Mitarbeitenden. Das hält mir den Rücken frei. Ich bin für die strategische Ausrichtung zuständig, für Digitalisierung, Expansion, Weiterentwicklung und Marketing.

Alle operativen Fragen gehen an meinen Vater und ich vertraue ihm blind. Wir müssen die Entscheidungen des anderen nicht kontrollieren, jeder hat komplette Handlungsfreiheit. Wenn es um größere Investitionen geht, sprechen wir uns natürlich ab. Klassische Entscheidungen wie personelle Fragen werden eigenständig getroffen. Es vereinfacht die Arbeit ungemein, dass wir uns in der Geschäftsführung sehr einig und in der Meinung oft deckungsgleich sind. Das schafft mir eine Menge Freiheiten, um mich um expansive Themen zu kümmern, neue Standorte anzuschauen, mit Vermieter:innen zu verhandeln, Leasingpartner:innen ins Boot zu holen und hohe Investitionen zu tätigen. Ich bin wirklich dankbar, dass ich mit meinem Vater jemanden an der Seite habe, der keine schlechten Entscheidungen trifft.

Walter Müller: Im Zweifelsfall stimmen wir uns ab. Wir haben kaum Meinungsverschiedenheiten, weil wir sehr ähnlich denken. Obwohl mein Sohn viel unterwegs ist, tauschen wir uns ständig aus, sehen uns oft und telefonieren sehr viel. Wenn etwas ansteht, kommunizieren wir es direkt und treffen dann eine Entscheidung. Das läuft nicht in festen Meetings nach Terminplan, sondern wir regeln auf dem kurzen Dienstweg, was gerade anliegt und notwendig ist. Auch privat, z. B. im Urlaub, im Restaurant oder bei Familientreffen, ist das Business unser Hauptthema. Das ist sicherlich in jeder Familie so, die gemeinsam einen Betrieb führt – weil es Spaß macht und unsere Passion ist.


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Was hätten Sie gemacht, wenn Ihr Sohn nicht bei Ihnen eingestiegen wäre?

Es gab keine Alternativen und deswegen war es ein Glücksfall, dass mein Sohn die gleichen Interessen hat und wir unternehmerisch absolut harmonieren. Die Expansion hätte ich mit Sicherheit weniger vorangetrieben als er, wahrscheinlich hätte mir der Mut gefehlt. Ich war immer ein bisschen vorsichtiger, habe auch zunächst meinen Lehrerberuf nicht aufgegeben, als ich das Studio eröffnete. Sicher wäre ich weiter in der Branche tätig und hätte vielleicht das eine oder andere Studio in der nahen Umgebung eröffnet, aber nicht in der Größenordnung, wie es jetzt läuft.

Was machen Sie bewusst anders als Ihr Vater?

Daniel Müller: Ich bin etwas mutiger als mein Vater, auch risikobereiter. Das kann natürlich auch mal einen Misserfolg mit sich bringen, aber ich bin bereit, das zu riskieren. Ansonsten habe ich von meinem Vater extrem viel gelernt.

In der Vergangenheit habe ich Lehrgeld bezahlt und hätte auf ihn hören sollen. Aber man macht Fehler, um es beim nächsten Mal besser zu machen. Ein Beispiel: Mein zweites Studio in Quierschied war die ersten zwölf Monate lang nicht kostendeckend. Damals riet mir mein Vater, langsamer zu expandieren und nicht den erstbesten Mietvertrag zu unterschreiben. Ich tat es trotzdem und musste finanziell bluten. Für unseren großen Club auf Teneriffa habe ich jetzt ganz anders verhandelt. Unterm Strich hat mir der Fehler von damals also geholfen. Aktuell haben wir in den ersten sechs Wochen in Teneriffa über 1.000 Anmeldungen im Vorverkauf.

Auch die Arbeit an sich machen wir anders. Ich bin bewusst wenig vor Ort. Mit Abstand kann ich besser an meinem Unternehmen arbeiten und über neue Preismodelle, Marketingaktionen und strategische Fragen nachdenken, die uns nach vorn bringen. Aus Unternehmersicht tut es mir gut, mir wirklich Zeit zu nehmen, und zu schauen, wo die Reise hingeht, statt von morgens bis abends im Club zu sein.

Welche Ausbildungen, Kenntnisse und Erfahrungen haben sich in Ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer als besonders wertvoll herausgestellt?

Daniel Müller: Tatsächlich würde ich sagen, dass mir meine Studiengänge eine gute Grundlage gegeben haben. Für meine tägliche Arbeit waren aber vor allem die Misserfolge wirklich wertvoll. Fehler, die man begeht, sind wohl die beste Erfahrung und Lehre, die man ziehen kann.

Welche Tipps haben Sie für zukünftige Unternehmer:innen, die sich auf eine Übergabe vorbereiten?

Man sollte in allen Abteilungen einmal selbst tätig gewesen sein, um zu wissen, wie die Dinge dort laufen. Außerdem sollte man mit ganzem Herzen bei der Sache sein und lieben, was man tut. Dann funktioniert vieles von selbst.

In den verschiedenen Bereichen braucht man interne und externe Berater:innen, qualifiziertes Fachpersonal im Marketing, Personalmanagement und in der Finanzbuchhaltung – gute Leute, auf die man sich verlassen kann. Niemand kann alles wissen. Extern sind gute Steuerberater:innen sehr wichtig, gerade, wenn eine Expansion ansteht und es um Fragen der Haftung, der Rechtsformen etc. geht. Ganz wichtig sind auch branchenfremde Berater:innen, die mit dem Blick von außen, ohne „Fitnessbrille“, wertvolle Tipps liefern.

Ich rate dazu, einfach Dinge zu wagen, mutig zu sein, sich in wichtige Themen einzulesen, sich durch Hörbücher zu motivieren und sich mit Partner:innen aus der Branche auszutauschen – aber auch Fehler zu begehen und nicht aufzugeben, wenn einmal sehr harte Zeiten kommen.


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Welche Tipps geben Sie Unternehmer:innen, die eine Nachfolgeregelung mit einem Familienmitglied planen?

Walter Müller: Eine Nachfolgeregelung mit Familienmitgliedern ist nur sinnvoll, wenn bei dem:der Nachfolger:in der Enthusiasmus für die Sache wirklich vorhanden und die fachliche Kompetenz gegeben ist. Beides ist bei uns der Fall, sodass ich selbst oft der Lernende bin.

Unterschiedliche Ansätze, verschiedene Blickwinkel: Wie gehen Sie mit Konflikten um und lösen sie?

Bevor wir eine neue Strategie fahren, überlegen wir lange und informieren uns sehr gründlich. Dann finden wir einstimmig eine Lösung, das ist wichtig. Schwierige Entscheidungen diskutieren wir über mehrere Wochen, bis wir zu einer Lösung gelangen. Ich kann mich an keine studiospezifische Entscheidung erinnern, bei der wir nicht einer Meinung waren. Wir haben zum Beispiel lange über monatlich kündbare Verträge diskutiert, zig Studios besucht und mit anderen Betreiber:innen gesprochen.

Daniel Müller: Wenn einer von uns von einem Kongress oder der FIBO ein neues Thema mitbringt, befassen wir uns intensiv mit der Materie. Wir brauchen das Know-how, um eine Strategie zu entwickeln oder eine Investition zu beurteilen, wie beispielsweise die Vertragsabschaffung. Monatlich kündbare Verträge gibt es bei uns schon seit drei Jahren und wir waren damit vor Corona einer der ersten Fitnessclubs. Wir mussten es tun. In Saarbrücken herrscht mit die höchste Studiodichte in Deutschland. Nur, wenn wir uns am Kund:innennutzen orientieren, entscheiden sie sich für uns. Natürlich barg diese Entscheidung ein gewisses Risiko, aber wenn man zu lange in seinen alten Mustern stecken bleibt, ist man irgendwann nicht mehr da.

Über die Interviewpartner

Walter Müller war zunächst parallel zu seinem Studium der Sportwissenschaften in Saarbrücken und an der Sporthochschule Köln und später hauptberuflich Fußballprofi beim FC Homburg, bei Fortuna Köln und beim 1. FC Saarbrücken. Insgesamt absolvierte er 306 Spiele in der zweiten Bundesliga, 30 in der Bundesliga und zog 1985 als Mannschaftskapitän mit dem 1. FC Saarbrücken ins DFB Pokal Halbfinale ein. Von 1987 bis 1989 war er Manager des 1. FC Saarbrücken. Nach seinem Abschluss als Diplom-Sportlehrer arbeitete er im Schuldienst und gründete 1984 sein erstes Fitnessstudio TC Fitness Treff, das 2011 durch die Gründung einer Physiotherapiepraxis erweitert wurde. 2016 eröffnete er das erste Kraftwerk Fitnessstudio in Saarbrücken und arbeitet seit 2017 gemeinsam mit seinem Sohn in der Geschäftsführung.

Daniel Müller schloss 2015 die Studiengänge Bachelor of Arts Fitnessökonomie (DHfPG) und Bachelor of Arts Betriebswirtschaftslehre ab und übernahm mit dem QualiLife Fitnessclub im saarländischen Neunkirchen sein erstes Studio, 2016 folgte in Quierschied das zweite. 2017 absolvierte er den MBA-Studiengang Sport-/Gesundheitsmanagement, ein gemeinsamer Studiengang der DHfPG und der Universität des Saarlandes. Im selben Jahr stieg er in die Geschäftsführung ein und treibt seitdem die Expansion maßgeblich voran. Inzwischen gehören elf Kraftwerk Fitnessclubs und die Boulderhalle Boulderwerk ins Portfolio.

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