Fitness | Autor/in: Sandra Gärttner |

Intensiv und persönlich: Boutique Studios

Klein, aber fein. In den letzten Jahren haben Boutique Studios eine hohe Aufmerksamkeit in der Branche erfahren und einen erheblichen Mitgliederzuwachs erzielen können. Was macht die kleinen Studios so besonders?

Der Aufwärtstrend der Fitness- und Gesundheitsbranche in Deutschland hält an. Der Gesamtmarkt konnte eine Mitgliedersteigerung von 5,2 Prozent zum Vorjahr verzeichnen (DSSV, 2018, S. 10). Innerhalb der Branche werden immer wieder neue Impulse gesetzt, die zur positiven Entwicklung beitragen. In den letzten Jahren haben Boutique Studios, oftmals auch als Mikrostudios bezeichnet, eine steigende Präsenz in der Branche erfahren und erhebliche Marktanteile gewinnen können. Allein im letzten Jahr stieg die Anlagenzahl um 10,3 Prozent an. Im Vergleich dazu betrug das Wachstum aller Fitnessstudios 3,5 Prozent (DSSV, 2018, S. 10).

Die Tatsache, dass die neue Ausrichtungsform von Jahr zu Jahr an Beliebtheit gewinnt, obwohl sich Boutique Studios lediglich auf ein bestimmtes Angebot spezialisieren und sich dadurch von den umfangreichen Angeboten eines klassischen Studios abgrenzen, sollte Anlass zur genaueren Betrachtung sein, welche Vorteile und Potenziale sich dahinter verbergen. Innovative Angebote, persönliche Betreuung, stilvolles Ambiente und zum Teil auch ungewöhnliche Zusatzservices sind nur einige Punkte, auf die sich der derzeitige Erfolg von Boutique Studios begründet und alles danach aussehen lässt, dass dieser junge Zweig der Fitnessbranche zukünftig sicher noch stärker an Beliebtheit zunehmen wird.

Damit ist klar, dass die Ansprüche und die Konkurrenz auch innerhalb des Mikro-Segments wachsen und jeder Betreiber eines Boutique Studios eine präzise Strategie planen sollte, um das Risiko zu minimieren, auf das „falsche Konzept“ zu setzen. Welche Vorteile für die Wahl eines Boutique Studios sprechen und welche Form des Trainings sich in diesem Kontext als empfehlenswert erweist, soll im Folgenden erläutert werden.

Die Besonderheiten und Charaktereigenschaften
Der Begriff „Boutique“ entstammt dem US-amerikanischen Fitnessmarkt und wird derzeit noch unterschiedlich interpretiert. Was jedoch die Definitionen eint, ist, dass es sich bei einem Boutique Studio um eine überschaubare Fläche und ein sehr spezifisches Angebot handelt. Meist befinden sie sich – egal, ob in den USA oder in Deutschland – in den Großstädten.

Darüber hinaus charakterisieren sich Boutique Studios durch einen ausgeprägten Erlebnischarakter des Trainings sowie ein im Regelfall hohes Preisniveau (DSSV, 2018, S. 76). Dabei kann eine Mitgliedschaft zwischen 60 und 600 Euro pro Monat kosten, je nachdem, wie viele Personal-Training-Stunden integriert werden. Die Teilnahmegebühr für einen Kursbesuch beginnt bei 15 bis 20 Euro pro Stunde. Manche Studios arbeiten bereits mit dem Bezahlmodell „pay per use“, das heißt, der Kunde zahlt lediglich für die Stunde, die er in Anspruch nimmt.

Vorteile für den Boutique Studiobetreiber
• Geringer Flächenbedarf
• Niedriger Kapitaleinsatz für die Eröffnung eines Boutique Studios
• Bereitschaft der Kunden, einen höheren Beitrag zu zahlen
• Fokussierung auf ein bestimmtes Angebot, meist nicht mehr als zwei Spezialbereiche
• Intensive Betreuung durch eine persönliche Atmosphäre und Beziehung zu den Mitgliedern, da die Gruppengrößen überschaubar sind
• Möglichkeit, die Bedürfnisse der Mitglieder durch intensivere und persönlichere Betreuung frühzeitig zu erkennen und zu erfüllen
• Meist fest angestelltes, überdurchschnittlich ausgebildetes und motiviertes Personal
• Ein Trainer betreut und motiviert mehrere Teilnehmer gleichzeitig
• Möglichkeit, die Serviceleistung zu erweitern und Lifestyle-orientiert zu arbeiten
• Intensiver Kundenkontakt, da weniger Mitglieder und oftmals höhere Trainingshäufigkeit
• Besonderes Ambiente, wie z. B. eine „Szene Club Location“ mit entsprechender Musik bis hin zu einem Live-DJ

Erscheinungsvielfalt des Boutique Konzepts
Die Anfänge des Boutique-Studio-Marktes liegen bereits ein paar Jahre zurück. Im Jahr 1992 gründeten Gary und Diane Haven „Curves“, ein Zirkelstudio auf kleiner Fläche für Frauen. Auch der deutsche Erfinder der „Pilates Methode“, Joseph Pilates, startete mit einem kleinen überschaubaren Studio. Später kamen weitere Erfindungen wie „Anytime Fitness“ und „Snap Fitness“ hinzu, die beide ihren Fokus auf Kraft- und Ausdauertraining legen. Weitere Erfindungen gliedern sich dem Indoor-Cycling unter. So legt „Soul Cycle“ besonders Wert auf Showqualität, Animation und Erlebnisorientierung und „Flywheel“ setzt den Mittelpunkt auf die Athletik, indem mit Leistungsmessung und Rankings gefahren wird. Andere Konzepte, wie zum Beispiel „Barry`s Bootcamp“, fokussieren das HIIT-Training. Hierbei stehen ein paar Laufbänder im Kursraum und im Wechsel mit dem Lauftraining werden die Kräftigungsübungen durchgeführt. Ein weiterer Vertreter der Mikro- bzw. Boutique Studios sind die EMS-Studios. Als zusätzliches Angebot mit dem Schwerpunkt „Intervalltraining“ lässt sich „Orangetheory Fitness“ nennen. Dabei kommen weitere Geräte wie Rudermaschinen, TRX und freie Gewichte zum Einsatz. Auch „CrossFit“, ein intensives Kraft- und Cardiotraining, das aus vielen funktionellen Übungen besteht, die fortlaufend variieren und mit hoher Intensität durchgeführt werden müssen, ist als Boutique-Studio-Konzept einzustufen.

Motive für den Besuch eines Fitnessstudios
Motive und Motivation im Sport spielen eine bedeutsame Rolle in der Leistungserbringung und der Compliance der Kunden. So geben mehr als die Hälfte der Befragten als Motiv für ihren Besuch in einem Fitnessstudio an, dass die Anlage und damit verbunden das Angebot den Ausgleich zum Alltag darstellt (Statista, 2018).

Dies spiegelt sich in der Philosophie der Boutique Studios wider, die den „Erlebnischarakter“ in den Vordergrund stellen. Die „User Experience“, d. h. ein besonderes Nutzererlebnis, ist hier die „Unique Selling Proposition“ (das Alleinstellungsmerkmal) von Boutiquen und grenzt sie von den üblichen Fitnessstudios ab.

Die urbanen Kunden tendieren immer mehr dazu, ihre knappe Zeit zum einen terminiert und zum anderen in einer Gruppe unter Gleichgesinnten, in der sie intensiv von Trainern, die gleichzeitig Entertainer sind und jeden mit Namen kennen, verbringen zu wollen. Das Training wird so zu einem wichtigen sozialen Bestandteil im Leben. Spaß und optimale Trainingsresultate sind das Ergebnis.

Möglichkeiten im Kontext Training
Wenn es darum geht, entsprechende Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, ist es wünschenswert, im Sinne der Sportwissenschaft alle Formen der sportmotorischen Fähigkeiten einzubinden. In diesem Zusammenhang sind die Implementierungsmöglichkeiten quasi unerschöpflich. Jedoch empfiehlt es sich grundsätzlich, ähnliche Belastungsformen anzubieten, um die Spezialisierung zu wahren und die benötigten räumlichen und materiellen Voraussetzungen nicht zu groß für ein solches K onzept werden zu lassen. Aus dem Bereich des Gruppentrainings lassen sich beispielsweise folgende Angebote gut in ein Boutique Konzept integrieren:
• Indoor-Cycling
• Yoga
• Pilates
• Dance
• Workout-Kombinationen

Des Weiteren eignen sich auch Angebote wie:
• Kickboxing
• EMS-Training
• Functional Training

Fazit/Praktische Relevanz
Boutique Studios „boomen“ und der Trend wird noch weitergehen. Die verschiedenen Konzepte der Boutique Studios greifen bestehende Trainingskonzepte mit allen Facetten der sportmotorischen Fähigkeiten auf und „kleiden“ sie neu ein. Sie möchten dem Kunden das Training mit Exklusivleistungen, besonderem Ambiente und speziell ausgebildeten Instruktoren zum Erlebnis machen. Für den Studiobetreiber sind Boutique Studios eine Chance, sich auf ein bestimmtes Angebot zu fokussieren und verstärkt Lifestyle-orientiert zu arbeiten.

www.dhfpg-bsa.de

Sandra Gärttner
Sandra Gärttner, Bachelor of Arts Fitnesstraining, ist an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement/BSA-Akademie als Autorin, Tutorin und Dozentin im Fachbereich Trainings- und Bewegungswissenschaft tätig. Die Fitnessexpertin verfügt über mehrjährige Erfahrung im Bereich Gruppen- und Individualtraining sowie als Personal Trainerin im Bereich Pilates.

Auszug aus der Literaturliste
- DSSV-Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (2018. Eckdaten 2018 der deutschen Fitness-Wirtschaft. Hamburg: DSSV).
- Statista (2018). Befragung von sportlich Aktiven im Alter von 18 bis 69 Jahren. In Statista – das Statistik-Portal. Zugriff am 25.07.2018. Verfügbar unter: de.statista.com/statistik/daten/studie/597157/umfrage/gruende-besuch-fitnessstudios-in-deutschland/

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

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