Fitness | Autor/in: Christoph Eifler, Patrick Berndt |

Effektivität und Effizienz von Krafttrainingsmethoden

Deutschlandweit absolvieren mittlerweile über 10 Millionen Freizeit- und Breitensportler ihr Training wie z. B. fitnessorientiertes Krafttraining in 8.684 Fitness-Anlagen.

hit training

HIT versus HVT im fitnessorientierten Krafttraining
Effektivität und Effizienz von Krafttrainingsmethoden

Deutschlandweit absolvieren mittlerweile über 10 Millionen Freizeit- und Breitensportler ihr Training wie z. B. fitnessorientiertes Krafttraining in 8.684 Fitness-Anlagen. Diese hohe Zahl an Fitness-Sportlern ist ein nicht zu unterschätzender ökonomischer Faktor. Obgleich für ein fitness- und gesundheitsorientiertes Krafttraining evidenzbasierte Handlungsempfehlungen existieren, stehen kaum Befunde zur tatsächlichen Umsetzung dieser Trainingsempfehlungen im Setting „Fitness-Studio“ zur Verfügung.

HIT versus HVT
Bei der Auswahl einer geeigneten Krafttrainingsmethode steht im fitnessorientierten Krafttraining nicht ausschließlich die Effektivität einer Trainingsmethode im Fokus der Betrachtung. Unter Berücksichtigung der oftmals extrinsischen Motivation der Fitness-Sportler, einhergehend mit einem geringen Zeitbudget für das Training, kommt daher der Effizienz ein besonderer Stellenwert als Entscheidungskriterium bei der Wahl der Krafttrainingsmethode zu.

Dementsprechend ist es nicht nur aus trainingswissenschaftlicher, sondern auch aus ökonomischer Sicht von Interesse, die Legitimierung der bisweilen dogmatischen Vorgaben eines Krafttrainings nach dem Schema „3x12“, also die in Fitness-Studios typischen drei Trainingssätze mit jeweils acht bis zwölf Wiederholungen, zu hinterfragen.

In der Krafttrainingspraxis kann zwischen intensitätsorientiertem (HIT) und volumenorientiertem Krafttraining (HVT) differenziert werden. Das HIT ist dabei durch einen muskelausbelastenden Satz pro Übung und das HVT durch mehrere Sätze pro Übungen mit submaximaler Intensität charakterisiert. Obgleich die Mehrzahl an Publikationen von einer Überlegenheit des HVT berichten, existieren auch Befunde, die höhere Trainingseffekte durch ein HIT verzeichnen konnten. Da bei der Wahl der Krafttrainingsmethode in kommerziellen Fitness-Anlagen nicht ausschließlich deren Effektivität, sondern in besonderem Maß auch deren Effizienz eine Rolle als Entscheidungskriterium spielt, sollte die Methodenwahl mehrperspektivisch durchdacht werden.

Forschungsprojekt im Setting „Fitness-Studio“
Vor diesem Hintergrund führte die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement DHfPG ein Forschungsprojekt zur Anwendung von HIT und HVT im Kontext des Settings „Fitness-Studio“ durch. Die Studie wurde als Multicenter-Studie in 16 kommerziellen Fitness-Anlagen in Deutschland und der Schweiz durchgeführt. Als Versuchsleiter agierten Studierende der dualen Bachelor-Studiengänge der DHfPG. In dieser Studie wurden die Effekte eines Krafttrainings mit einem Belastungsschema nach dem HIT-Ansatz (HIT) sowie nach dem HVT-Ansatz (HVT) untersucht und verglichen. Insgesamt wurden die Daten von 200 gesunden, erwachsenen Männern und Frauen mit mindestens zwölf Monaten Krafttrainingserfahrung ausgewertet. Alle Probanden absolvierten ein standardisiertes Krafttrainingsprogramm mit zehn Wiederholungen pro Satz über einen Zeitraum von acht Wochen, differenziert nach HIT und HVT.

Das Krafttraining nach dem HIT-Ansatz war charakterisiert durch lediglich einen Satz pro Übung (geringes Trainingsvolumen) sowie eine Intensität, die zum konzentrischen Muskelversagen bei der letzten Wiederholung des Satzes führte (sog. „Point of Momentary Muscular Failure“ – PMF). Demgegenüber war das Krafttraining nach dem HVT-Ansatz durch drei Sätze pro Übung (hohes Trainingsvolumen) sowie eine Intensität, die in jedem Satz bis zu dem subjektiv empfundenen Anstrengungsgrad „sehr anstrengend“ führte (sog. „non Repetition Maximum“ – nRM), charakterisiert.

Ergebnisse der Untersuchung
Übungsunabhängig konnten sowohl beim HIT als auch beim HVT signifikante Steigerungen der Kraftleistung bei 10-RM- sowie 1-RM-Tests (RM = „Repetition Maximum“) festgestellt werden, wobei die Kraftsteigerungen durch HIT tendenziell und bei verschiedenen Übungen sogar signifikant höher waren. Durch das reduzierte Trainingsvolumen ist ein Krafttraining nach dem HIT-Ansatz in deutlich kürzerer Zeit zu absolvieren als ein Krafttraining nach dem HVT-Ansatz. Wenn nun durch ein HIT im Vergleich zu einem HVT tendenziell höhere Kraftsteigerungen bei gleichzeitig geringerer Zeitinvestition erzielt werden, dann kann an dieser Stelle konstatiert werden, dass HIT für das fitnessorientierte Krafttraining fortgeschrittener Fitness-Sportler sowohl die effektivere als auch die effizientere Krafttrainingsmethode darstellt.

Praktischer Nutzen für Fitness-Studios
Die Effizienz einer Trainingsmethode bedeutet nicht nur eine bessere Kosten-Nutzen-Relation hinsichtlich des Zeitaufwands zur Erreichung der individuellen Trainingsziele bzw. -fortschritte für den Kunden, sondern äußert sich für die Fitnesseinrichtung selbst in einer geringeren Frequentierung der Trainingsgeräte sowie in einem niedrigeren Betreuungsaufwand durch das Personal. Eine effizientere Trainingsmethode könnte demnach zu einer Senkung der Instandhaltungs- und Betreuungskosten bei gleichzeitig unveränderter Kundenzahl oder zur Aufrechterhaltung der Betreuungsqualität bei steigender Mitgliederdichte beitragen. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass die Kundenzufriedenheit durch eine höhere Betreuungsqualität (mehr Zeit pro Kunde) und geringere Wartezeiten am Gerät gesteigert werden kann. Wartezeiten beeinflussen besonders zu Stoßzeiten die Kundenzufriedenheit maßgeblich und können durch die entsprechende Anwendung von zeiteffizienten Trainingsmethoden, wie beispielweise dem HIT, verringert werden.

In diesem Zusammenhang muss jedoch kritisch angemerkt werden, dass die aus der Muskelausbelastung resultierenden hohen mechanischen Stimuli zwar ausschlaggebend für den Trainingseffekt sein mögen, diese aber gleichzeitig auch die orthopädische und kardiovaskuläre Beanspruchung erhöhen. Insbesondere im Setting „Fitness-Studio“ muss mit einer nicht zu unterschätzenden Zahl an Gesundheitssportlern mit orthopädischen und/oder internistischen Problemen bzw. Risikofaktoren gerechnet werden. Die unreflektierte Empfehlung eines muskelausbelastenden Krafttrainings muss daher kritisch hinterfragt werden.

Ein weiterer Aspekt, der bei der Wahl der Trainingsmethode im Setting „Fitness-Studio“ berücksichtigt werden sollte, ist die Motivation der Fitness- und Gesundheitssportler. Es darf angenommen werden, dass ein bis zum Muskelversagen durchgeführtes Krafttraining trotz der Zeiteffizienz höhere Anforderungen an die Motivation und Volition des Sportlers stellt als ein vergleichsweise submaximales Krafttraining. Die Effektivität einer Krafttrainingsmethode hängt primär vom Ausmaß ihrer Anwendung ab.

Ungeachtet der kurzfristig erzielbaren Trainingseffekte oder der Zeiteffizienz, kann eine Krafttrainingsmethode nur dann als praktikabel für das Setting „Fitness-Studio“ erachtet werden, wenn sie von den primär extrinsisch motivierten Fitness- und Freizeitsportlern dauerhaft und kontinuierlich umgesetzt wird.

Fazit
Als zentrales Ergebnis der vorliegenden Studie kann festgehalten werden, dass sowohl ein Krafttraining dem HIT-, als auch dem HVT-Ansatz folgend effektive Krafttrainingsmethoden für fortgeschrittene Fitness-Sportler darstellen, jedoch nach dem HIT-Ansatz höhere Trainingseffekte erzielt werden können. Zusammenfassend kann daher konstatiert werden, dass ein Krafttraining nach dem HIT-Ansatz im Vergleich zu einem HVT für fortgeschrittene Fitness-Sportler die effektivere sowie effizientere Krafttrainingsmethode darstellt.

Ob in der Krafttrainingspraxis im Setting „Fitness-Studio“ der HIT-Ansatz im Individualfall die Krafttrainingsmethode der Wahl darstellt, kann jedoch nur unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes sowie der Motivation des Fitness-Sportlers entschieden werden.

Unabhängig vom medizinischen und trainingswissenschaftlichen Standpunkt lässt sich abschließend festhalten, dass die gezielte Anwendung effizienter Trainingsmethoden aus betriebswirtschaftlicher Sicht durchaus vielversprechend erscheint und deren Integration vor allem in Fitnesseinrichtungen mit hoher Mitgliederdichte in Erwägung gezogen werden sollte.

Prof. Dr. Christoph Eifler
Prof. Dr. Christoph Eifler ist Prorektor für Forschung sowie Fachbereichsleiter Trainings- und Bewegungswissenschaft der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement. Darüberhinaus leitet er den Fachbereich Fitnesstraining der BSA-Akademie.

Patrick Berndt
Der Sportwissenschaftler ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement/BSA-Akademie im Fachbereich Trainings- und Bewegungswissenschaft tätig. Durch seine Tätigkeit als Fitness- und Personal Trainer sowie als trainingswissenschaftlicher Berater diverser Fitness- und Gesundheitseinrichtungen und Vereine verfügt er über umfassende Praxiserfahrung.

Auszug aus der Literaturliste
Baechle, T. R., Earle, R. W. & Wathen, D. (2008). Resistance training. In T. R. Baechle & R. W. Earle (eds.), Essentials of strength training and conditioning (3. Ed., pp. 381-412). Champaign, IL: Human Kinetics
DSSV – Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (2017). Eckdaten 2017 der deutschen Fitness-Wirtschaft. Hamburg: DSSV Gießing, J., Preuss, P., Greiwing, A., Goebel, S., Müller, A., Schischek, A. & Stephan, A. (2005). Fundamental definitions of decisive training parameters of single-set training and multiple-set training for muscle hypertrophy. In J. Gießing, M. Fröhlich & P. Preuss (eds.), Current results of strength training research (pp. 9-23). Göttingen: Cuvillier
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