Fitness, Gesundheit | Autor/in: Katrin Bohr |

Zeitaufwand vs. Trainingseffekt: Effizientes Kraft- und Ausdauertraining

Einer der am häufigsten angegebenen Gründe gegen die Aufnahme eines regelmäßigen Trainings ist Zeitmangel. Aktuellen Studien zufolge ist der erforderliche Zeitaufwand für ein effektives Training jedoch deutlich geringer, als viele denken. Mit welcher Dosis im Kraft- und Ausdauertraining bereits Erfolge erzielt werden können, zeigt dieser Artikel.

Zeitmangel kein K.-o.-Kriterium für Kraft- und Ausdauertraining: Aktuelle wissenschaftliche Studien belegen dies.

Krafttraining steigert die Muskelkraft, erhöht die Muskelmasse und hat zahlreiche gesundheitliche Vorteile. So wird unter anderem die Ausführung von Alltagsaktivitäten, das Herz-Kreislauf-System, die Bewältigung von Rückenschmerzen oder das Verletzungsrisiko positiv beeinflusst (Case, Knudson & Downy, 2020; Ding et al., 2020; Moreno Catalá, Schroll, Laube & Arampatzis, 2018; Wang, Yao, Zirek, Reijnierse & Maier, 2019).

Auch mit Ausdauertraining wird eine Reihe vorteilhafter Effekte verbunden: Verbesserungen der psychischen Gesundheit, der Lebensqualität oder des Herz-Kreislauf-Systems sind nur einige davon (Ahn & Kim, 2020; Gilani & Feizabad, 2019).


 


Dementsprechend ist die Optimierung der eigenen Kraft und Ausdauer für eine breite Bevölkerungsgruppe empfehlenswert.

Doch trotz der bekannten Effekte führt nicht jeder ein regelmäßiges Kraft- und Ausdauertraining durch. Als Begründung dafür werden häufig Zeitmangel und berufliche sowie familiäre Verpflichtungen genannt (Statista, 2015). Dass man trotz eines vollen Terminkalenders bereits mit geringem Trainingsaufwand nennenswerte Fortschritte erzielen kann, bestätigt die aktuelle Studienlage.

Relevanz des Volumens im Krafttraining

Beim Krafttraining sind das Trainingsvolumen und vor allem die Trainingshäufigkeit die zeitrelevanten Parameter. Während die Trainingshäufigkeit die Anzahl der Trainingseinheiten pro Woche beschreibt, wird über das Trainingsvolumen die Anzahl der Sätze pro Muskelgruppe angegeben.

Bezüglich der Trainingshäufigkeit wird Krafttrainingsunerfahrenen seitens des American College of Sports Medicine (2009) ein zwei- bis dreimaliges Training pro Woche empfohlen. Dabei sollte sich die Frequenz mit zunehmendem Leistungsniveau auf vier bis fünf Mal pro Woche erhöhen.

Demotivation durch empfohlene Trainingshäufigkeit

Zeitlich eingeschränkte Personen, die mit Fitness- und Gesundheitssport beginnen möchten, könnten die empfohlene Trainingshäufigkeit allerdings als demotivierend empfinden. Denn ein mehrmaliges Training pro Woche wird oft mit hohem Zeitaufwand für An- und Abreise sowie mit langen Trainingseinheiten assoziiert.

Auch anfänglich Motivierte scheitern

Aufgrund des geringen Zeitbudgets könnte dies sofort als nicht oder nur schwer umsetzbar angesehen werden. Im ungünstigsten Fall könnten anfänglich Motivierte dadurch sogar ganz von sportlicher Aktivität und damit auch von einer eventuellen Mitgliedschaft in einer Sport-, Fitness- oder Gesundheitseinrichtung abgehalten werden.

Positive Effekte schon mit einer Einheit

Für Trainer:innen ist es daher wichtig zu wissen, dass bereits eine geringe Dosis Krafttraining zu maßgeblichen Anpassungen führen kann. Bereits mehrere Studien zeigen, dass mit einer einzigen Trainingseinheit pro Woche positive Effekte hinsichtlich Hypertrophie und Kraftzuwachs eintreten können (Grgic et al., 2018; Ralston, Kilgore, Wyatt, Buchan & Baker, 2018; Schoenfeld, Grgic & Krieger, 2019).


FOLGEN Sie uns bei LinkedInFacebookInstagram & Twitter
und verpassen Sie keine Fitness-NEWS mehr!


Konkret untersuchten Schoenfeld et al. (2019) hierzu, wie häufig ein Muskel pro Woche trainiert werden muss, um Muskelhypertrophie zu maximieren. Dabei stellten sie fest, dass durch höhere Trainingsfrequenzen dann signifikant größere Effekte erzielt wurden, wenn sich durch zusätzliche Einheiten auch das Trainingsvolumen erhöhte.

Trainingsvolumen schlägt Trainingsfrequenz

Wurde das wöchentliche Volumen jedoch gleichgesetzt, konnten zwischen den Gruppen, die einmal pro Woche trainierten und den Gruppen, die ihr Training mindestens dreimal wöchentlich durchführten, keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden.

Das Forschungsteam schlussfolgerte daraus, dass Trainierende nach Belieben selbst über ihre wöchentliche Trainingsfrequenz entscheiden können, wenn das Trainingsvolumen vorgegeben ist.

Gleiches Trainingsvolumen, ähnliche Krafzuwächse

Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch die Metaanalyse von Ralston et al. (2018), in der die Auswirkungen unterschiedlicher Trainingsfrequenzen auf die Muskelkraftsteigerung untersucht wurden.

Die Untersuchungsgruppe leitete aus ihren Ergebnissen ab, dass geringe Trainingshäufigkeiten (low frequency [LF]; 1 Trainingseinheit [TE]/Woche) ähnliche Kraftzuwächse generieren können wie höhere Frequenzen (high frequency [HF] ≥ 3 TE/Woche), wenn das Trainingsvolumen gleichgesetzt wird.

LF-Training für untrainierte und ältere Menschen

Somit sei ein LF-Training eine geeignete Möglichkeit, um bei untrainierten oder älteren Erwachsenen Kraftzuwächse zu erreichen. Darüber hinaus könne aber eine höhere Trainingsfrequenz dabei helfen, das wöchentliche Trainingsvolumen insgesamt zu steigern und damit weitere Kraftzuwächse möglich zu machen.



Dass das wöchentliche Trainingsvolumen für Hypertrophie- und Krafteffekte wichtiger ist als die Trainingsfrequenz, stellten auch Iverson, Norum, Schoenfeld und Fimland (2021) heraus. In einem narrativen Review überprüften sie, wie Trainingsprogramme gestaltet sein müssen, um zeiteffizient Kraft und Muskelmasse zu steigern.

Untergrenze für effektives Trainingsvolumen

Dabei analysierten sie neben der minimal notwendigen Trainingsfrequenz auch die Untergrenze für ein effektives Trainingsvolumen. Für Personen mit eingeschränktem Zeitbudget leiteten sie dabei ein Minimalvolumen von vier Sätzen pro Muskelgruppe pro Woche ab.

Dieses kann entweder in einer längeren Trainingseinheit oder in mehreren kürzeren umgesetzt werden.

Zeiteffizientes Ausdauertraining mit HIIT

Ähnlich wie beim Krafttraining bestehen auch hinsichtlich ausdauernder Belastungen allgemeine Bewegungsempfehlungen. Um erhebliche gesundheitliche Vorteile zu erlangen, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (2020) wöchentlich 150 bis 300 Minuten moderat-intensives oder 75 bis 150 Minuten intensives Ausdauertraining.

Alternativ ist eine entsprechende Kombination beider Varianten möglich. Wie neue Untersuchungen zeigen, wirken sich allerdings schon geringere wöchentliche Umfänge positiv auf die Gesundheit aus.

Vor allem High-Intensity Interval Training (HIIT) scheint eine zeiteffiziente Vorgehensweise zu sein, die ähnliche Auswirkungen wie ein wesentlich längeres Training mit den Dauermethoden hat und die sogar für zuvor Inaktive geeignet ist (Kettenis, 2021).

Auf Vollbelastung folgt Entlastung

Im Jahr 2016 untersuchten Gillen et al. dazu bei sportlich inaktiven Männern die Auswirkungen eines zehnminütigen Sprint-Intervall-Trainings (3 x 20 Sekunden Fahrradsprint unter Vollbelastung mit jeweils zwei Minuten Entlastung – 3 TE/Woche) im Vergleich zu einem 45-minütigen Training nach der extensiven Dauermethode (ca. 70 % Hfmax – 3 TE/Woche).

Hierbei konnte festgestellt werden, dass das kurze intensive Intervalltraining die kardiometabolische Gesundheit in gleichem Maße verbessert wie das klassische Ausdauertraining nach der Dauermethode.

Intervalltraining: Fünftel des Volumens

Denn trotz des fünffach geringeren Volumens des Intervalltrainings waren die positiven Effekte auf die kardiorespiratorische Fitness, die Insulinsensitivität und den Mitochondriengehalt nahezu identisch.

Die Autor:innen schlussfolgerten daraus, dass ein Sprint-Intervall-Training mit einem wöchentlichen Engagement von 30 Minuten genauso effektiv ist wie 150 Minuten moderatintensives Ausdauertraining pro Woche.


Der fM Podcast #FitnessImOhr:
Reinklicken, anhören & abonnieren: Bei Spotify, Deezer, Apple oder Podigee


Diese zeiteffiziente Gesundheitswirkung auf das Herz-Kreislauf-System konnten Cocks et al. (2016) auch bei Übergewichtigen feststellen. In ihrer Untersuchung stellten sie einen wöchentlichen Trainingsumfang von 200 bis 300 Minuten mit der extensiven Dauermethode einem dreimal wöchentlich durchgeführten, hochintensiven Training mit vier bis sieben Sprintintervallen gegenüber.

HIIT auch für Übergewichtige

Beide Trainingsformen bewirkten gleiche Steigerungen hinsichtlich Kapillarisierung, Insulinsensitivität und aerober Kapazität. Daraus wurde geschlossen, dass sich HIIT auch für Übergewichtige als eine zeiteffiziente Alternative zum klassischen Ausdauertraining darstellt.

Knowles, Herbert, Easton, Sculthorpe und Grace (2014) beobachteten die zeitsparenden, gesundheitspositiven Effekte des HIIT sogar bei älteren, lebenslang inaktiven Menschen.

Ein Intervalltraining alle fünf Tage

Bereits ein hochintensives Intervalltraining, das lediglich alle fünf Tage mit vier bis sechs Intervallen durchgeführt wurde, verbesserte die Einstufung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, die Trainingsmotivation sowie die aerobe Kapazität.

HIIT auch im Alter

Dementsprechend ist HIIT auch für Ältere mit fehlender Trainingserfahrung eine geeignete Möglichkeit, um die Gesundheit und Belastbarkeit mit geringem Zeitaufwand positiv zu beeinflussen.


Fazit

Zeitknappheit führt immer wieder dazu, dass Menschen gar nicht erst mit Sport beginnen. Die aktuelle Studienlage zeigt jedoch, dass sowohl für Kraft- als auch für Ausdauertrainingseffekte nur wenig Zeit investiert werden muss.

Trainer:innen sollten daher auf eingeschränkte zeitliche Verfügungsrahmen sensibel reagieren und individualisierte zeiteffiziente Pläne erstellen. Bisher Inaktive können dadurch Zweifel hinsichtlich der Umsetzbarkeit von Sport abbauen und zur Trainingsaufnahme ermutigt werden.


Über die Autorin

Katrin Bohr, M. A. Prävention und Gesundheitsmanagement, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin, Tutorin, Dozentin und Autorin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und Referentin für die BSA-Akademie im Fachbereich Trainings- und Bewegungswissenschaften.


Auszug aus der Literaturliste

Gillen, J. B., Martin, B. J., MacInnis, M. J., Skelly, L. E., Tarnopolsky, M. A. & Gibala, M. J. (2016). Twelve Weeks of Sprint Interval Training Improves Indices of Cardiometabolic Health Similar to Traditional Endurance Training despite a Five-Fold Lower Exercise Volume and Time Commitment. PloS one, 11 (4), e0154075.
Iversen, V. M., Norum, M., Schoenfeld, B. J. & Fimland, M.S. (2021). No Time to Lift? Designing Time-Efficient Training Programs for Strength and Hypertrophy: A Narrative Review. Sports Med, 51 (10), 2079–2095.
Schoenfeld, B. J., Grgic, J. & Krieger, J. (2019). How many times per week should a muscle be trained to maximize muscle hypertrophy? A systematic review and meta-analysis of studies examining the effects of resistance training frequency. Journal of Sports Sciences, 37 (11), 1286–1295.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 01/2022 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

Zum Abonnement
fMi 01/2022
Unsere Partner
DHZ Fitness Europe GmbH
EGYM Wellpass GmbH
gym80
InBody
KWS GmbH
MATRIX
milon
seca
EGYM
FIBO
Hoist
KS Einrichtungen
LES MILLS GERMANY GmbH
miha bodytec
Panatta srl
Technogym
Unser Netzwerk
EuropeActive
BfB
BSA-Akademie
Aufstiegskongress
DSSV e. V.
DHfPG
BSA-Zert
aufstiegsjobs.de