Fitness, Gesundheit, Management | Autor/in: Sabine Kind |

Barrierenmanagement: Gesundheitsverhalten langfristig ändern

Der positive Einfluss von Bewegung auf das Wohlbefinden gilt durch zahlreiche Studien als belegt. Doch auch wenn die Motivation für mehr Bewegung oft hoch ist, führen Barrieren wie der „innere Schweinehund“ dazu, dass viele ihr Verhalten nicht langfristig ändern können. Hier stellt sich die Frage, welche unterstützenden Maßnahmen vonseiten der Sport-, Fitness- und Gesundheitsanlagen ergriffen werden können.

Motivation und Willenskraft etablieren Gewohnheiten – Sabine Kind stellt Methoden des Barrierenmanagements vor.

Um das Verhalten zu ändern, bedarf es zweier wesentlicher Komponenten: Motivation und Volition. Motivation ist die aktivierende Ausrichtung einer Handlung auf einen positiv bewerteten Zielzustand (Rheinberg, 2002, S. 17). Sie bildet die Basis für eine Verhaltensänderung. Ohne Motivation ist die Wahrscheinlichkeit für eine Verhaltensänderung sehr gering.

Langfristige Verhaltensänderung

Die zweite wichtige Komponente ist die Volition. Hierbei handelt es sich um die willentliche Steuerung des eigenen Verhaltens – kurz gesagt um die Willenskraft. Je höher diese ist, desto wahrscheinlicher wird es, dass das gewünschte Verhalten aufgenommen bzw. langfristig umgesetzt wird.


 


Maßnahmen zur Förderung der Motivation

Eine zentrale Maßnahme zur Förderung der Motivation ist die positive Beeinflussung von Konsequenzerwartungen. Hier geht es darum, dass der:die Trainer:in gemeinsam mit dem:der Klient:in erarbeitet, welche Vorteile das neue Verhalten hat.

Je mehr positive Konsequenzen erkannt werden, desto größer sollte die Motivation zur Verhaltensänderung werden (Parschau, 2013). Hilfreiche Instrumente können hier zum Beispiel eine einfache Pro-Contra-Tabelle (Was spricht für die Veränderung – was spricht dagegen?) oder eine Entscheidungswaage sein. Im anschließenden Gespräch sollte dann auf die folgenden Aspekte eingegangen werden:

  • Wie ist das quantitative Verhältnis zwischen den genannten Vor- und Nachteilen einer Verhaltensänderung?
  • Wie ist das Verhältnis zwischen rationalem und emotionalem Ausdruck in den Aussagen?
  • Was sind die stärksten Gründe (1–3) für eine Veränderung? Bei der Entscheidungswaage können die jeweils genannten Vorteile z. B. symbolisch mit einem Gewicht (in kg ausgedrückt) versehen werden.

Formulierung individueller Ziele

Aus der Absicht heraus, das Verhalten ändern zu wollen, sollten die Kund:innen in einem nächsten Schritt konkrete Ziele definieren. Diese bilden im weiteren Verlauf die Basis für die Planung der Aktivität und dienen als Gradmesser zur Bewertung des Erfolges.


FOLGEN Sie uns bei LinkedInFacebookInstagram & Twitter
und verpassen Sie keine Fitness-NEWS mehr!


Die Ziele sind die Grundlage für die Zusammenarbeit von Trainer:in und Kund:in in der volitionalen Phase. Deshalb sollten diese immer schriftlich fixiert sein.

Unterstützung der Trainer:innen

Wichtig ist, dass das Ziel eigenständig formuliert wird, damit eine Identifikation mit diesem stattfinden kann. Der:Die Trainer:in unterstützt hierbei, gibt fachliche Hinweise und lenkt die bewusste Auseinandersetzung mit der angestrebten Verhaltensänderung.

Das formulierte Ziel sollte die Person in ihrem Alltag begleiten, zum Beispiel durch einen Eintrag in den Kalender, eine kurze Notiz in der Wohnung u. ä.

Förderung der Volition

Doch die Aufnahme und vor allem die Beibehaltung einer Verhaltensänderung wird nur teilweise von der Motivation geprägt. Ein „klassisches“ Beispiel hierfür sind die guten Vorsätze zu Neujahr: Die Motivation ist hoch, aber für die Umsetzung und Verwirklichung sind weitere Handlungsprozesse notwendig (Fuchs, 1997, 2014).

Die Unterstützung der Klientel bei der Umsetzung des Zielverhaltens durch den:die Trainer:in ist hier ein wichtiger Aspekt (Sniehotta, Winter, Dombrowski & Johnston, 2007, S. 166). Wesentliche Interventionen sind:

  • Formulierung von Handlungsplänen
  • Identifikation von Barrieren
  • Entwicklung von wirksamen Gegenstrategien zur Überwindung der Barrieren (Barrierenmanagement)
  • regelmäßige Selbstbeobachtung

In den weiteren Ausführungen werden insbesondere die Identifikation von Barrieren sowie das Barrierenmanagement betrachtet.

Die Identifikation von Barrieren sowie die Bewältigungsplanung sind wesentliche Aspekte für die Umsetzung bzw. Beibehaltung eines gesundheitsförderlichen Verhaltens.

Hierbei geht es zum einen um das Erkennen von Hindernissen (Barrieren), die der Ausführung der Handlungspläne entgegenstehen könnten. Zum anderen sollen geeignete Strategien gefunden werden, wie mögliche auftretende Barrieren erfolgreich überwunden werden können (Sniehotta et al., 2007, S. 160–161).

Erster Schritt – die Identifikation von Barrieren

Die Leitfrage hier lautet: Was könnte der Umsetzung des Handlungsplanes entgegenstehen?

Es wird zwischen äußeren und inneren Barrieren unterschieden. Äußere Barrieren sind beispielsweise keine Zeit, hohe Kosten, schlechtes Wetter, berufliche Verpflichtungen.

Zu den inneren Barrieren zählen keine Lust, Müdigkeit, Stress, Angst vor Blamage oder Bequemlichkeit.

In dieser Phase kann der:die Trainer:in unterstützend tätig sein. Beispielsweise kann gemeinsam eine Liste der Barrieren erarbeitet werden (z. B. „Bitte notieren Sie bis zu drei Hindernisse, die Sie davon abhalten könnten, regelmäßig sportlich aktiv zu sein.“), auch Rückfragen können gegebenenfalls gestellt werden (Göhner & Fuchs, 2007, 48–50; 54–58).



Zweiter Schritt – Strategien zum Barrierenmanagement

Barrierenmanagement steht für das kreative Finden von Lösungsmöglichkeiten für die Überwindung der persönlich wahrgenommenen Barrieren (z. B. „Was können Sie tun, damit Sie trotz der genannten Hindernisse sportlich aktiv sind?“).

Hier besteht zum Beispiel die Möglichkeit einer Gegenüberstellung: Hindernis 1 – Gegenstrategie 1 usw. Im Rahmen eines Barrierenmanagements sind folgende Kontrollstrategien von Bedeutung (Fuchs, 2007; Göhner & Fuchs, 2007):

  • Aufmerksamkeitskontrolle: Ausblenden von Informationen, die konkurrierende Intentionen unterstützen würden. Beispiel: Gar nicht erst den Fernseher einschalten.
  • Stimmungsmanagement: Mit den eigenen Stimmungslagen so umgehen, dass sie die geplante Handlung nicht beeinträchtigen. Beispiel: Wenn man weiß, dass man zu Hause nach der Arbeit zunächst schlafen würde und sich nicht mehr zum Sport aufraffen könnte, dann fährt man direkt von der Arbeit zum Fitnessstudio.
  • Kognitive Umstrukturierung: Neubewertung von Situationen zur Förderung der geplanten Handlung. Beispiel: Regen nicht als Hindernis, sondern als willkommenes Naturerlebnis beim Joggen einschätzen.
  • Nachmotivieren: Frühzeitig nachlassende Motivation erkennen. Beispiel: Noch einmal deutlich die gesundheitspositiven Ziele formulieren, die durch das Sporttreiben erreicht werden sollen.
  • Strategien der Umweltkontrolle: Sich die räumlich-materielle Umgebung so einrichten, dass die Ausführung des Zielverhaltens erleichtert wird. Beispiel: Immer eine gepackte Sporttasche im Auto liegen haben.
  • Soziales Commitment: Bewusstes Einbinden des neuen Verhaltens in einen sozialen Kontext. Beispiel: Die sportliche Aktivität in einer Gruppe ausführen.

Nachdem entsprechende Gegenstrategien zum Einsatz gekommen sind, muss abschließend immer geprüft werden, ob diese auch tatsächlich funktioniert haben.

Um den Ablauf und die Umsetzung eines Barrierenmanagements zu verdeutlichen, zeigt Tabelle 1 das Beispiel einer Kundin, die ihr Verhalten ändern möchte. Nach der Erstellung eines Handlungsplans folgt die Identifikation möglicher Barrieren. Für die festgestellten Barrieren werden abschließend Bewältigungsstrategien erarbeitet.


Fazit

Trainer:innen können bei der Aufrechterhaltung regelmäßiger körperlicher Aktivität unterstützen, indem sie bei der Identifikation von Barrieren sowie für das Barrierenmanagement wertvolle Hilfestellungen geben.

Hierbei sollte gegenüber den Klient:innen eine wertschätzende Haltung eingenommen werden. Aktives Zuhören sowie eine Gesprächsführung mittels offener Fragetechniken helfen den Klient:innen dabei, die eigenen Barrieren zu erkennen und schließlich auch steuern zu können.


Über die Autorin

Sabine Kind, M. A. Gesundheitsmanagement, arbeitet als Dozentin, Autorin und Tutorin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und als Referentin an der BSA-Akademie. Sie ist Autorin zahlreicher Fachartikel und gefragte Expertin zu Fitness- und Gesundheitsthemen.


Auszug aus der Literaturliste

Fuchs, R. (2007).Das MoVo-Modell als theoretische Grundlage für Programme des Gesundheitsverhaltens. In R. Fuchs, W. Göhner & H. Seelig (Hrsg.), Aufbau eines körperlich-aktiven Lebensstils (S. 317–325). Göttingen: Hogrefe.
Fuchs, R. (2014).Modelle des Gesundheitsverhaltens. In M. Egger & O. Razum (Hrsg.), Public Health. Sozial- und Präventivmedizin kompakt (S. 142–146). Berlin: de Gruyter.
Sniehotta, F. F., Winter, J., Dombrowski, S. & Johnston, M. (2007).Volitionale Verhaltenskontrolle. In R. Fuchs, W. Göhner & H. Seelig (Hrsg.), Aufbau eines körperlich-aktiven Lebensstils (S. 150–169). Göttingen: Hogrefe.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 01/2022 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

Zum Abonnement
fMi 01/2022