Fitness | Autor/in: Albert Busek |

Franz Beckenbauer: Fußballikone, Botschafter, Menschenfreund!

Der Tod von Franz Beckenbauer am 7. Januar 2024 hat mich so tief getroffen, dass ich erst am letzten Tag seines Todesmonats in der Lage bin, darüber zu schreiben. Ich bin sehr dankbar, dass ich meinen Gefühlen hier freien Lauf lassen darf und bitte um Nachsicht.

Albert Busek schreibt in seinem Kommentar über die Fußballikone Franz Beckenbauer

Zwei Jahre vor Franz ebenfalls in München geboren, habe ich den Lebensweg des Fußballers Franz Beckenbauer von Anfang an miterleben dürfen. Fußball war von frühester Kindheit an mein Leben.

Schließlich kam ich in den Fünfzigerjahren zum SC Bajuwaren im Stadtteil Ramersdorf. Wir spielten damals noch auf dem alten Platz neben meiner Taufkirche und Schule. Direkter Stadtteilnachbar im Westen ist Giesing.


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Dort spielte Franz Beckenbauer zur gleichen Zeit beim SC München von 1906. Bei uns in Ramersdorf hieß es damals schon bald in Münchner Mundart: „Bei de Sechser spuit a ganz Guada.“

„Sechser“ war unsere Kurzform dieses Konkurrenzvereins und der Name Franz Beckenbauer war spätestens dann allen bekannt, als er im 14. Lebensjahr zum FC Bayern wechselte. Viele von uns hatten ebenfalls den Traum, einmal bei einem der beiden großen Münchner Vereine zu spielen – ich auch.

Meine diesbezüglichen Ambitionen wurden durch eine allgemeine ärztliche Untersuchung in der Schule allerdings jäh gestoppt. Später stellte sich heraus, dass es eine Fehldiagnose war. Herr Rattenhuber, damals 1. Vorsitzender des SC Bajuwaren, kam zu uns nach Hause und bat meine Eltern inständig: „Lasst’s den Buam bitte spuin!“ Es nutzte nichts.

Meine Begeisterung für Fußball blieb, aber mein Lebensweg führte mich nach dieser schicksalhaften Weichenstellung 1959 zum Bodybuilding – in dem Jahr, als Franz Beckenbauer zum FC Bayern wechselte.

Rückblickend bin ich unendlich dankbar, dass ich diese zweite Chance im Leben hatte und meinen Weg fand. Fußball, vor allem die Karriere von Franz und die seiner künftigen Mitspieler, verfolgte ich über die Jahrzehnte mit größter Bewunderung und Begeisterung weiter.


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Franz gab mit seiner Leichtigkeit, Technik und Eleganz den Bezeichnungen „Libero“ und „Fünfer“ eine völlig neue Bedeutung. Ihm beim Spiel zuzuschauen war mehr als Fußball, es war Kunst – und Freude pur.

Epische Momente der Sportwelt!

Die Daten 7., 8. und 9. Juli haben sich bei mir ins Gedächtnis eingebrannt. Am 7. Juli 1974 konnte Franz als Kapitän der Nationalmannschaft im Münchner Olympiastadion den WM-Pokal in die Höhe halten.

Am 8. Juli 1990 ging er nach dem WM-Sieg als Teamchef der Nationalmannschaft in Gedanken versunken über den Rasen des Olympiastadions in Rom. Deutlich zu erkennen war dabei, dass die Jahre zuvor sehr an seinen Kräften gezehrt hatten.

Am 9. Juli 2006 erlebte Franz am WM-Finaltag den wohl glücklichsten Moment seines Sportlerlebens, als er am Nachmittag aus dem Fenster des Hotels Adlon in Berlin auf die etwa 500.000 Menschen aus allen Ländern auf der Fanmeile vor dem Brandenburger Tor blickte und gemäß seines damaligen Managers Höfl leise vor sich hin sagte: „So hat der liebe Gott sich die Welt vorgestellt.“

Als Botschafter unterwegs

Franz dachte dabei wohl auch an das Motto der WM 2006 in Deutschland: „Die Welt zu Gast bei Freunden“!

Er bereiste dazu im Vorfeld die Welt und wurde zu einem der besten Botschafter, die Deutschland je hatte. Damals schwärmte die ganze Welt von der heiteren, weltoffenen und freundschaftlichen Atmosphäre in Deutschland. Ohne Franz hätte die Welt diese völlig neue und so positive Wahrnehmung Deutschlands nicht erleben können. Punkt.

Skandal um die WM

Eine Spiegel-Titelstory stürzte Franz Beckenbauer dann von dem Sockel, den die Medien selbst über Jahrzehnte aufgebaut hatten.

Ja, Franz hat, wie alle Menschen, Fehler gemacht. Möglicherweise auch schwere, aber alles, was um die Vergabe der WM 2006 passierte, waren keine Fehler, sondern die üblichen „Verfahren“ in diesen Strukturen.

Thomas Kistner, einer der profiliertesten Kenner der Szene, hat schon 2012 ein Buch mit dem Titel „Fifa-Mafia“ geschrieben. Alle Versuche, den Verkauf gerichtlich zu stoppen, scheiterten.

Auch die mutigeren Politiker äußerten sich klar und deutlich zu diesen „Strukturen“, wie etwa Ex-Außenminister Joschka Fischer: „Wie naiv muss man denn sein, zu glauben ...“ Franz hat alles getan, um die WM 2006 nach Deutschland zu holen, und die „Regeln“ dazu hat nicht er gemacht!

Menschenfreund und Lichtgestalt

Eine der vielen Bezeichnungen für den einzigartigen Sportler Franz Beckenbauer ist „Lichtgestalt“. Nun, die Meinungen über solche Bezeichnungen gehen immer auseinander. Für mich persönlich wurde Franz zur Lichtgestalt, als ich ihn gleich zu Beginn seiner Franz Beckenbauer-Stiftung 1982 näher kennenlernen durfte.

Ich engagiere mich seit über 50 Jahren für verschiedene Organisationen, Vereine, Institute, Stiftungen und Freundeskreise. Über die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft hatten wir den ersten von mehreren Kontakten in den Achtzigerjahren. Allein schon der Zweck der Franz Beckenbauer-Stiftung sprach mir aus der Seele:

„Für Menschen mit Behinderung und Personen, die krank oder unverschuldet in Not geraten sind.“

Schließlich unterstützte ich in diesem Zusammenhang als Studioinhaber auch Aktionen, die der damalige Manager Robert Schwan für Franz organisierte.

Vor allem aber lernte ich dabei Franz – den Münchner aus Giesing und Weltbürger – kennen. Jeden einzelnen Moment unserer Treffen und alle Gespräche werde ich nie vergessen.

Meine an Multipler Sklerose erkrankte Frau Gaby hatte auch in schwierigsten Phasen eine so positive Ausstrahlung, dass sie die Menschen wie ein Magnet anzog. Bei der Übergabe eines von seiner Stiftung finanzierten Transportfahrzeugs für Behinderte war Franz selbst dabei und begegnete dabei erstmals meiner Frau. 

Auch er konnte sich ihrer Ausstrahlung nicht entziehen und schob schließlich sogar selbst ihren Rollstuhl zurück ins Krankenhaus. Das war einer meiner ganz großen persönlichen Glücksmomente.

Ewig unvergessen

Meine Frau Gaby Busek starb am 27. Oktober 1987, Franz Beckenbauer starb am 7. Januar 2024. Bei meinen unzähligen Friedhofsbesuchen seit 1987 habe ich sehr oft auch am Grab von Franz Beckenbauers Eltern gebetet, das nicht weit entfernt ist.

Mit Franz verband mich auch der schwerste Schicksalsschlag, der Eltern treffen kann – ein Kind zu verlieren. Sein Sohn Stephan und mein Sohn Alexander sind auch auf diesem Friedhof bestattet.

Mögen sie alle in Frieden ruhen.

Auch heute mit 80 Jahren bin ich froh, den Traum gehabt zu haben, einmal mit den Besten Fußball spielen zu können, auch wenn er nicht in Erfüllung ging. Ich fand im Bodybuilding mit 16 Jahren die Möglichkeit, einen neuen Traum zu leben – und der ging in Erfüllung.

Deshalb – hört nie auf an eure Träume zu glauben!

Mein großer Kreis mit Franz Beckenbauer schließt sich mit dem Rückblick, dass der SC München von 1906 als Kraftsportverein gegründet wurde und die Fußballabteilung erst 1927 dazu kam.

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