Ernährung, Gesundheit | Autor/in: Antje Ruhwedel |

An apple a day keeps the doctor away – 'Fake News' oder Wahrheit?

Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten – unzählige schädliche Mikroorganismen finden sich in der Umwelt. Die Immunabwehr ist unermüdlich im Einsatz und arbeitet dabei hocheffektiv. Das ist eine gigantische Leistung! Fest steht, eine ausgewogene Ernährung ist wichtig für die Gesundheit. Aber insbesondere die Lebensmittelauswahl nimmt unmittelbaren Einfluss auf die Funktionstüchtigkeit des Abwehrsystems.

Fittes Immunsystem: Genügt ein Apfel täglich tatsächlich, um den Doktor fernzuhalten?

Vom Immunsystem des Menschen hängt sein Überleben ab. Somit ist es enorm wichtig, dieses gesund zu halten und zu stärken, unabhängig von der Jahreszeit.

Bei vielen Krankheiten wichtig

Denn nicht nur bei Infektionen, Grippe oder ganz aktuell beim Coronavirus (COVID-19), sondern auch bei vielen anderen Krankheiten wie Allergien, Krebs, Arteriosklerose oder chronischen Entzündungen spielt das körpereigene Abwehrsystem eine wichtige Rolle.

Wer seine Gesundheit erhalten will, sollte daher alle Möglichkeiten nutzen, seine Abwehrkräfte zu stärken. Ernährung kann einen wesentlichen Beitrag leisten.

Allerdings bedeutet immungesundes Essen, nicht nur auf Vitamine und Mineralstoffe zu achten, sondern auch die Makronährstoffe zu berücksichtigen (Reuther, 2019).

Generell kann sowohl ein Mangel als auch ein Überangebot an Nahrungsenergie die Effizienz des Abwehrsystems beeinflussen (Müller, 1998).

Fettsäuren zur Prävention

Das Fettsäuremuster der Ernährung, besonders im Hinblick auf mehrfach ungesättigte Fettsäuren (PUFAs = polyunsaturated fatty acids), spielt eine wesentliche Rolle bei der Immunfunktion (Dayong, Erin, Munyong & Simin, 2018).

Verhältnis von Omega-3 und Omega-6

Während Omega-6-Fettsäuren aus Getreide-, Distel- und Sonnenblumenöl sowie aus tierischen Lebensmitteln (z. B. Fleisch, Eier) die Immunabwehr eher herabsetzen, verbessern Omega-3-Fettsäuren aus fettreichem Fisch bzw. aus Fischöl sowie aus Lein-, Walnuss- und Hanföl die Immunfunktion.

Das Verhältnis sollte laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) nicht größer als 5:1 sein (Reuther, 2019). Omega-3-reiche Nüsse und Samen – Empfehlung: 50 Gramm pro Tag (Martin, 2015) – sowie Pflanzenöl und fettreicher Seefisch versorgen den Körper mit dem richtigen Fett für das Immunsystem.

Kohlenhydrate sind nicht nur schlecht

Es geht nicht darum, die komplette Nährstoffgruppe der Kohlenhydrate zu 'verdammen', sondern die historisch nie zuvor gekannten Mengen an isolierten Kohlenhydraten – konsumiert über Süßigkeiten, Knabbereien, Erfrischungsgetränke, Fertigprodukte, Fast Food und Co. – stark zu reduzieren (Kast, 2018).

Die WHO empfiehlt, nur maximal zehn Prozent der gesamten täglichen Nahrungsenergie mit niedermolekularen Kohlenhydraten zu decken (Leitzmann & Keller, 2013).

Zuckerreiche Lebensmittel reduzieren

So führt eine hohe Zufuhr an Mono- und Disacchariden wie Glukose, Fruktose oder Saccharose aus zuckerreichen Lebensmitteln zu einem dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel, der dann die Entwicklung von Entzündungsprozessen im Körper fördert (Reuther, 2019).

Demgegenüber liefern die Polysaccharide, eine weitere Gruppe der Kohlenhydrate, bestimmte Faserstrukturen, die von großer gesundheitlicher Bedeutung insbesondere für das Immunsystem sind: die Ballaststoffe (engl.: non-digestible polysaccharides).

Der Darm als 'Immunsystem undercover'

Diese bilden eine sehr komplexe Stoffgruppe mit verschiedensten Eigenschaften und Funktionen im Körper (European Commission, 2016). Vor allem der Darm, sozusagen das 'Immunsystem undercover', mit seiner zentralen Rolle in der Abwehr – 70 Prozent der Immunzellen befinden sich im Dünn- und Dickdarm; knapp 80 Prozent aller Abwehrreaktionen starten hier – profitiert von einer ballaststoffreichen Ernährung (Schwiertz, 2019).

Empfehlung für Gemüse und Obst

Wünschenswert sind 40 bis 50 Gramm pro Tag, gewonnen aus Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst, Kartoffeln und Vollkornprodukten (von Koerber, Männle & Leitzmann, 2004).

Dabei sollte die von der DGE vertretene Empfehlung '5 am Tag' mit drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst besser in '4 plus 1' geändert werden: viermal Gemüse und einmal Obst am Tag (Schwiertz, 2019).

Protein – nicht nur für Sportler wichtig

Der Grund ist ganz einfach: Verschiedene Zellen des menschlichen Immunsystems müssen ständig reproduziert werden. Kommt es zu Engpässen in der Proteinzufuhr, wird die Zellerneuerung gestört und die Abwehrkräfte lassen nach (Calder, 2013).

Aminosäuren: Schutz vor pathogenen Keimen

Generell bildet somit eine adäquate Versorgung des Körpers mit Aminosäuren die Basis zur Erhaltung einer funktionsfähigen Immunkompetenz, um diesen vor pathogenen Keimen schützen zu können (Baumann, Hagenlocher & Lorenz, 2013).

Verbesserte zelluläre Immunantwort dank Arginin

Eine Sonderstellung nehmen darüber hinaus die Aminosäuren Arginin und Glutamin ein. Arginin beispielsweise verbessert die zelluläre Immunantwort, trägt zur Bildung und Funktionalität von T-Lymphozyten bei und regt die Phagozytose (Vernichtung von Fremdsubstanzen) an (Reuther, 2019).

Glutamin stärkt das Immunsystem

Glutamin trägt zur Synthese von Genbausteinen bei. Daher haben alle Körperzellen, die sich häufig teilen bzw. erneuern, einen hohen Bedarf an Glutamin. Das gilt besonders für die Zellen der Darmwände und die Leukozyten (weiße Blutkörperchen). Auf diese Weise stärkt Glutamin das Immunsystem (Calder, 2013).

Ohne Vitamine macht die Abwehr schlapp

Der Körper benötigt Vitamine, um gesund zu bleiben und gut zu funktionieren, kann sie aber – mit Ausnahme von Vitamin D – nicht selbst herstellen.

Wer also starke Abwehrkräfte haben möchte, isst am besten möglichst oft frische oder selbst zubereitete pflanzliche Nahrungsmittel.

Rohes oder schonend gegartes Gemüse und Obst liefern dem Körper wichtige Nährstoffe, die das Immunsystem stärken (Baumann, Hagenlocher & Lorentz, 2013). Vitamine wie C und E sowie die Vitamine des B-Komplexes nehmen dabei relativ unspezifisch, beispielsweise als Antioxidanzien, positiven Einfluss auf das Immunsystem, wohingegen die Vitamine A und D sowie die Spurenelemente Eisen, Selen und Zink das Immunsystem auf einem spezifischeren Weg beeinflussen (Calder, 2013).

Gute Eisenlieferanten sind Fleisch, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte und grünes Gemüse. Vitamin D wird mithilfe von UV-B-Strahlen aus dem Sonnenlicht gebildet. Geringe Mengen finden sich in Fettfischen (Reuther, 2019).

Täglich Obst und Gemüse konsumieren

Die EPIC-Studie (= European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) hat gezeigt, dass jeder Apfel, jede Kiwi und jede Paprika das Mortalitätsrisiko senken, vorausgesetzt, dass diese Gemüse- und Obstsorten täglich konsumiert werden (Diehm, 2017).

Zudem enthalten sind sogenannte sekundäre Pflanzenstoffe. Diese haben in ihren Ursprungspflanzen eine große Aufgabe: Schutz vor Krankheiten und Schädlingen. Und genauso wirken sie auch im menschlichen Körper.

Wichtig für eine immunstärkende Ernährung ist, dass möglichst bunt und vielfältig gegessen wird, denn grüne, rote und gelbe Früchte oder Gemüsesorten liefern unterschiedliche sekundäre Pflanzenstoffe (Reuther, 2019).

Fazit

Ein stabiles und gesundes Immunsystem kann sich gegen die meisten Erreger gut wehren. Es lohnt sich also, das Abwehrsystem mit der richtigen Lebensmittelauswahl zu unterstützen.

Der tägliche Speiseplan sollte aus reichlich Gemüse, Hülsenfrüchten und etwas Obst bestehen, die den Körper mit den nötigen Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen sowie mit sekundären Pflanzenstoffen versorgen.

Nüsse, Samen und Fisch liefern zudem wertvolles Protein und sorgen zusammen mit Omega-3-reichen Pflanzenölen für entzündungshemmende Fette. Mageres Fleisch, Eier und Milchprodukte liefern zusätzliches Protein und Vollkornprodukte runden die Lebensmittelauswahl durch Ballaststoffe ab.

Über die Autorin

Antje Ruhwedel (B. A. Ernährungsberatung, M. A. Prävention und Gesundheitsmanagement) ist selbstständige, zertifizierte Ernährungsberaterin und Inhaberin eines Gesundheitsstudios.
Sie ist als Dozentin für die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und die BSA-Akademie sowie als Referentin für verschiedene Krankenkassen und Kliniken tätig.

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