Stefan Ludwig und Christian Rump im Interview: „Die Pandemie beschleunigt bereits zuvor existierende Trends“

Digitale Angebote, kürzere Laufzeiten und Outdoorangebote: Fitnesskund:innen erwarten seit Corona mehr Flexibilität beim Training. Zum Deloitte-Eckdaten-Interview.
Lesezeit: 2 Minuten
Stefan Ludwig und Christian Rump (beide Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) im Eckdaten-Interview.
Stefan Ludwig und Christian Rump (beide Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) im Eckdaten-Interview.
Durch die Corona-Pandemie ist das Bedürfnis nach Flexibilität bei den Kund:innen gestiegen. Eine Kombination aus Training im Fitnessstudio, zu Hause und im Freien wird stark nachgefragt. Welche weiteren Trends in Deutschland und Europa zu beobachten sind, darüber sprechen Stefan Ludwig und Christian Rump (Deloitte GmbH) im Interview zu den „Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft 2022“.

Stefan Ludwig (Master of Business Administration, M. Sc. Sport Management) ist bei der Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Partner und leitet die Sport Business Gruppe.
Christian Rump (M. Sc. Accounting & Finance Management, CEMS Master in International Management) ist bei der Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Sport Business Gruppe tätig.

fM: Herr Ludwig, Sie begleiten die Erhebung der „Eckdaten der deutschen Fitness-Wirtschaft“ für Deloitte seit vielen Jahren in verantwortlicher Position. Wie ordnen Sie die Ergebnisseder diesjährigen Befragung nach zwei Jahren Corona ein?

Stefan Ludwig: Wie bereits 2020 war die deutsche Fitnessbranche auch 2021 stark von der Pandemie beeinflusst. Aufgrund der temporären Schließungen musste die Branche erneut deutliche Rückgänge hinsichtlich des Umsatzes und der Mitglieder verkraften.

Mit sieben bis acht Monaten, darunter die wichtigen Monate zum Jahresbeginn 2021, dauerte der zweite Lockdown für Fitnessanlagen in Deutschland im europäischen Vergleich länger als in vielen anderen Staaten.

In Großbritannien durften die Studios bereits im Frühjahr 2021 wieder öffnen, während der Bevölkerung in Spanien oder Finnland keine zweite landesweite Lockdown-Periode auferlegt wurde.

Im Vergleich zu anderen Ländern fielen die Kündigungszahlen im deutschen Fitnessmarkt deutlich geringer aus, als dies bei einem derart langen Lockdown zu erwarten gewesen wäre.

Das liegt unter anderem daran, dass langfristige Mitgliedsverträge über zwölf oder sogar 24 Monate in Deutschland weit verbreitet sind.

Wie bereits in 2020 verhielten sich zudem viele Mitglieder solidarisch und bezahlten zum Teil über die gesamte Schließungsperiode hinweg weiterhin Mitgliedsbeiträge.


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Bei dem insgesamt leichten Rückgang der Gesamtanlagenzahl um 0,5 Prozent ist das Kettensegment hervorzuheben, das als einzige der drei Betriebsstrukturen – Einzel-, Ketten- und Mikrostudios – den Anlagenbestand im Jahr 2021 um 58 Anlagen erweitern konnte.

Verantwortlich für das Wachstum war vor allem das Discountsegment, das trotz Pandemie seine Expansionspolitik verfolgte.

Dies ist insbesondere durch die der Branche zugrunde liegenden Trends, wie bspw. ein steigendes Gesundheitsbewusstsein, bedingt.

fM: Welche Herausforderungen auf der einen und welche Chancen auf der anderen Seite entstehen aus den Ergebnissen der diesjährigen Befragung?

Christian Rump: Unsere Studienergebnisse zeigen deutlich, dass der Rückgewinn der „verlorenen“ Mitglieder und eine Rückkehr zum Wachstum der vorherigen Jahre die zwei zentralen Herausforderungen für die Branche sind.

Das ist keine leichte Aufgabe, da nicht zuletzt durch die Pandemie Alternativangebote im Outdoorfitnessbereich oder auch digitale Fitnessmöglichkeiten stärker in den Fokus gerückt sind.

In der Pandemie ist bei vielen Kund:innen das Bedürfnis nach Flexibilität gestiegen. Um diesem Bedürfnis besser gerecht zu werden, haben Betreiber:innen ihr Dienstleistungsportfolio deutlich erweitert und bestehende Konzepte optimiert oder neue entwickelt.


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Hierzu gehören u. a. digitale Angebote, Verträge mit kürzeren Laufzeiten, Outdooroptionen oder sogar die Diversifizierung mit Vertrieb von Homefitnessgeräten, die bei manchen Betreiber:innen in Europa zu beobachten ist.

Ergebnisse einer zu Beginn dieses Jahres von Deloitte gemeinsam mit EuropeActive durchgeführten Konsument:innenbefragung zeigen, dass ein großer Teil der Fitnesstreibenden verschiedene Angebote – in Fitnesseinrichtungen, zu Hause und im Freien – kombiniert.

Aus Konsument:innenperspektive ist die Branche besser aufgestellt denn je. Entsprechend ist die Pandemie vor allem ein Beschleuniger bereits zuvor existierender Trends.

Neben dem gestiegenen Gesundheitsbewusstsein und Flexibilitätsbedürfnis hat die Pandemie jedoch die klaren Vorteile der stationären Fitnessbranche gegenüber alternativen Angeboten aufgezeigt: der riesige Wert von persönlicher Betreuung, von qualitativ hochwertigen Geräten und Ausstattungen sowie des sozialen Miteinanders.

Aus diesem Grund erwarten viele Branchenteilnehmende relativ zeitnah eine Rückkehr zu einem Mitgliederwachstum, wie es vor der Pandemie zu beobachten war und sich in einigen europäischen Ländern bereits abzeichnet.

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