Digital, Fitness, Markt, Anzeige | Autor/in: Anke Sörensen |

'Die Menschen wollen zurück in die Studios' – Interview mit Benjamin Roth

fitness MANAGEMENT international hat mit Benjamin Roth, dem Co-Founder und CEO von Urban Sports Club, darüber gesprochen, wie sich die Trainingsgewohnheiten der Menschen während der Corona-Pandemie verändert haben und wie Studios darauf am besten reagieren können.

Die Branche ist anpassungsfähig in Krisenzeiten – Interview mit Benjamin Roth, Co-Founder und CEO von Urban Sports Club

fMi: Was haben Sie aus dem Jahr 2020 gelernt?

Benjamin Roth: In jeder noch so unvorhersehbaren Krise gibt es immer etwas Positives: Wir haben gezeigt, wie anpassungsfähig wir als Branche sein können. Dass wir innerhalb von Tagen mit unseren Partnern von Urban Sports Club ein Livestream-Angebot auf die Beine stellen können, das unsere Mitglieder auch annehmen, obwohl sie vorher ein flexibles Offline-Angebot hatten – das hätten wir nicht gedacht.



Im März 2020 haben wir uns bewusst für Livestreams aus den Studios entschieden, damit unsere Partner den Mitgliederkontakt halten können. Online-Kurse sind aber kein vollständiger Ersatz, Klettern und Schwimmen funktionieren im Wohnzimmer beim besten Willen nicht.

Wir haben große Marketing-Kampagnen eingesetzt, um Mitglieder zu Online-Fitness während der Lockdowns zu motivieren und etwa die Hälfte hat sie dankbar angenommen. Die Menschen werden in die Studios zurückfinden: Unsere Zahlen letzten Sommer haben das gezeigt. Dazu kommt eine 'Online-Müdigkeit' bei vielen, die den Studios helfen wird, die Menschen zurückzuholen.

Unser Ziel ist es, unsere privaten Mitglieder und Firmen über ein flexibles Hybrid-Angebot und Spaß am Sport zu motivieren – vor allem diejenigen, die noch nicht oder nicht mehr aktiv sind.


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Welche Erkenntnisse zeigen Ihre Auswertungen der Daten? Sind Überraschungen dabei?

Ja, der Oktober, das heißt der Monat vor dem zweiten Lockdown, war ein sehr starker Monat mit mehr Buchungen als durchschnittlich im Dezember 2019 und Januar 2020. Das zeigt uns: Die Menschen wollen Sport treiben und zurück in die Studios.

Was uns verwundert hat, ist, dass die Nutzung der Kurse zur Mittagszeit zwar etwas angestiegen ist, aber trotz Homeoffice und Kurzarbeit Dienstag um 18 Uhr die beliebteste Zeit zum Trainieren geblieben ist. Ich war auch überrascht, dass Tanzen sich als sportliche Aktivität deutlich schneller erholt hat als andere Aktivitäten und sogar schnell über das Vor Corona-Niveau hinausging. Vielleicht haben hier viele einen Weg gefunden, die geschlossenen Clubs zu kompensieren.

Nicht überraschend war, dass die Nachfrage nach Outdoor-Fitness in die Höhe gegangen ist. Bei Online-Kursen spielt die Größe der Studios oder Anbieter keine große Rolle, es geht mehr um den Bezug der Trainer und Trainerinnen zur Community und um die Qualität des Online-Angebots.

Wie hat sich die Nutzung der Online-Kurse entwickelt?

In den Lockdown-Zeiten ist die Nutzung natürlich rasant gestiegen – zum Glück für unsere Partner und Mitglieder, die weiter etwas tun konnten. Im Sommer 2020, nach dem Lockdown, ist ein Großteil unsere Mitglieder in die Studios zurückgekehrt, während die Online-Kurse sich von Juli bis Oktober bei circa 12 Prozent Nutzung eingependelt haben.

Gibt es eine bestimmte Zielgruppe, die besonders onlineaffin ist? Und auch das Gegenteil?

Die Online-Kurse wurden zu 82 Prozent von Frauen gebucht. Warum sind es nur 18 Prozent der Männer? Kurse sind bei Frauen generell beliebt, während viele Männer Geräte und wettbewerbsorientiertes Training bevorzugen.

Die beliebtesten Online-Kategorien sind Yoga, Fitness und Functional Training, Pilates, Tanz, Meditation und Pole Dance. Ich hätte nicht gedacht, dass Pole und Chair Dance solche Trends im Lockdown werden würden. Bei Yoga und Meditation lag die Vermutung nahe, da viele Menschen einen starken mentalen Ausgleich gesucht haben.

Haben sich Ihre Mitgliederzahlen verändert? Wenn ja, eher bei den Privatkunden oder beim Firmensportangebot?

Natürlich haben wir auch Mitglieder während des Lockdowns verloren. Zuversichtlich stimmt uns aber, dass wir etwa vier Monate nach der ersten Wiedereröffnung ein sehr starkes Mitgliederwachstum verbuchen konnten.

In den Lockdowns hat über die Hälfte der Mitglieder pausiert. Privatpersonen tendieren schneller dazu, 'in die Pause zu gehen' als Geschäftskunden. Bei Firmen haben wir ein verstärktes Interesse gespürt, dass sie sich jetzt um die Gesundheit der Mitarbeitenden kümmern wollen – gerade in Zeiten, in denen viele im Homeoffice sind.

Sehen Sie die Online-Angebote als vollwertigen Ersatz für den Studiobesuch oder eher als Ergänzung während der Lockdowns?

Im Sommer 2020 sind fast 90 Prozent unserer Mitglieder zum Training im Studio oder im Freien zurückgekehrt, weil sie die Community und die direkte Anleitung durch Kursleiter oder Trainerin brauchen.

Jedoch schreiben Mitglieder uns auch mit der Bitte, die Online-Kurse beizubehalten, da sie nun ländlich wohnen und sich freuen, bei tollen Studios in den Städten online per Livestream zu trainieren. Sie werden die Online-Kurse weiter nutzen, genau wie Geschäftsreisende oder Eltern mit sehr vollem Kalender – wie ich –, die weiterhin einige Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten.

Wie schnell sind die Mitglieder nach dem ersten Lockdown in die Studios zurückgekehrt?

Das hat ein paar Wochen gedauert, wobei wir auch sehr kundenfreundlich reagierten und den Mitgliedern Zeit geben wollten, um aus der 'COVID-19-Pause' herauszukommen. Die Hygieneregeln waren neu und viele hatten noch Angst. Vier bis fünf Monate nach der ersten Wiedereröffnung ist die Nutzung unseres Sportangebots dann aber sogar allgemein über Vorjahresniveau gewachsen.


„Einerseits wollen die Menschen endlich wieder aus dem Haus und etwas für ihre Fitness tun. Andererseits sind viele noch nicht geimpft und werden vorsichtig sein. Wenn die Mitglieder mit dem Hygienekonzept zufrieden sind, werden sie wieder regelmäßig im Studio trainieren. Outdoor- wird sicherlich mit Indoor- und Online-Training noch mehr gemixt.“
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Benjamin Roth, Co-Founder und CEO Urban Sports Club


Was müssen die Studios für den Restart beachten, um erfolgreich zu sein?

Hygienekonzepte und klare Kommunikation. Vertrauen und Community-Gefühl wieder aufbauen. Kurse und Zeitfenster lassen sich digital buchen, sodass Kontakte nachvollziehbar sind. Es geht uns ja darum, Mitglieder zum Training zu motivieren, aber auch darum, dass Training für die Gesundheit und Disziplin an der Studiotür nicht aufhören.

Darauf zielte unsere #SafeSportsClub-Kampagne vergangenes Jahr schon ab. Fitnesstraining ins Freie verlegen, sofern das möglich ist. Wer ein Hybrid-Angebot hat, kann testen, ob die erfolgreichsten Online-Kurse weiterhin funktionieren. Unser Angebot von Urban Sports Club bleibt hybrid und wir werden verstärkt Firmen und private Mitglieder zum Sport motivieren.

Wie lautet Ihre Prognose für die Wiedereröffnung?

Einerseits wollen die Menschen endlich wieder aus dem Haus und etwas für ihre Fitness tun. Andererseits sind viele noch nicht geimpft und werden vorsichtig sein. Wenn die Mitglieder mit dem Hygienekonzept zufrieden sind, werden sie wieder regelmäßig im Studio trainieren. Outdoor- wird sicherlich mit Indoor- und Online-Training noch mehr gemixt.

Aufgrund meiner Erfahrung denke ich, dass es ein paar Wochen dauern wird, aber dann werden Menschen stärker denn je zurückkommen. Das zeigt das letzte Jahr und der 'Hunger' der Menschen nach Gemeinsamkeit, nach Erlebnissen und einer durch Fitness gestärkten Gesundheit.


Unser Interviewpartner

Benjamin Roth gründete die Fitnessplattform Urban Sports Club mit  seinem Mitgründer Moritz Kreppel 2012 in Berlin.

 

 


 

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