Digital, Markt, Anzeige | Autor/in: Prof. Dr. Marco Speicher |

Perspektiven der Sport-/Gesundheitsinformatik

Die Informatik ist zu einem wichtigen Partner der Sport- und Gesundheitswissenschaft geworden. Doch welche Entwicklungen und neue Technologien sind im Bereich der Digitalisierung zu erwarten? Und wie können diese im Sport-, Fitness- und Gesundheitsbereich genutzt werden? Auch wenn niemand die zukünftige Entwicklung im Detail vorhersagen kann, ist es dennoch möglich, im Voraus zu erahnen, welche Technologien ganz oben auf der 'Agenda' stehen werden. Teil 4 der Reihe: Perspektiven der Sport-/Gesundheitsinformatik.

Perspektiven der Sport- und Gesundheitsinformatik: Digitale Chancen

In den letzten Jahren ist die Sport-/Gesundheitsinformatik immer mehr zu einem wichtigen Bestandteil im Spektrum der sport- und gesundheitswissenschaftlichen Forschung geworden. Hierzu zählen alle Aktivitäten an der Schnittstelle von Informatik und Sport- sowie Gesundheitswissenschaft. Das Spektrum reicht von einfachen Werkzeugen zur Handhabung von Daten über die Steuerung von Sensoren bis hin zur Modellierung und Simulation komplexer sportbezogener Phänomene. Während bei den ersten Anwendungen in den 1970er-Jahren Computer nur zu Informations- und Dokumentationszwecken eingesetzt wurden, beschreiben aktuelle Ansätze virtuelle Umgebungen für das Training von Wahrnehmungsaufgaben spezifisch für den Sport (wie z. B. zur Steigerung der Reaktion und Konzentration), den Anwendungsbereich von Computertechnologien für das Coaching oder die automatische Analyse von Wettkämpfen mittels Mustererkennung (wie z. B. Erkennen von Fehlhaltungen oder falschen Abläufen).

Hier möchten wir Ihnen verschiedene Perspektiven über die technische und zeitliche Entwicklung von beispielhaften Technologien aufzeigen, die sich auf den Sport-, Fitness- und Gesundheitsbereich auswirken könnten.

Miniaturisierung und Rechenleistung

Computer und deren Komponenten wurden in den letzten Jahrzehnten immer kleiner und effizienter. Das Mooresche Gesetz – benannt nach Gordon Moore, der das Gesetz 1965 formulierte – besagt, dass die Anzahl der Transistoren, die kostengünstig auf einer integrierten Schaltung platziert werden können, sich etwa alle zwei Jahre verdoppeln. Bis heute ist die physikalische Barriere noch nicht erreicht, so wird voraussichtlich die Leistung eines Standardcomputers in ähnlichen Dimensionen weiter zunehmen. Das ermöglicht neben dem Bau immer leistungsfähigerer Sensoren auch die schnellere Analyse von Trainings- und Gesundheitsdaten in Echtzeit. Wurde die Fitness eines Sportlers früher noch mithilfe vieler Kabel in einem teuren, speziell dafür eingerichteten Labor erfasst und analysiert, kann dies schon heute mithilfe von kabellosen Sensoren (wie z. B. Pulsgurt, Schrittsensor und Smartwatch) bei jeder Trainingseinheit erfolgen.

Netzwerkkapazität und Vernetzung

Neben der Miniaturisierung und Steigerung der Rechenleistung wird auch der Ausbau der Netzwerkkapazität von immer größerer Bedeutung. Auf der einen Seite werden die Daten auf den Endgeräten immer effizienter verarbeitet. Auf der anderen Seite müssen die immer größer werdenden Datenmengen dennoch irgendwie (möglichst kabellos) übertragen werden. Über ein selbst konfigurierendes, drahtloses Netzwerk können solche zum Teil autonomen Geräte miteinander kommunizieren und Daten austauschen. Dieses „Internet der Dinge“ basiert auf gemeinsamen Standards (z. B. Bluetooth, NFC, WLAN) und kann jede in der Umgebung verfügbare Netzwerkinfrastruktur nutzen. Auch dort ist in den letzten Jahren viel passiert, wie z. B. die Einführung des Standards „Bluetooth Low Energy (BLE)“. Bei BLE handelt es sich um einen Funkstandard, der Bluetooth-Verbindungen auch mit geringen Sendeleistungen und geringem Stromverbrauch möglich macht. Diese Technologie lässt sich beispielsweise in Fitnesstrackern oder Sensoren finden. Der Hauptvorteil liegt darin, dass eine Bluetooth-Verbindung möglichst stromsparend aufgebaut werden kann und nur wenig (ca. 10 mW) Sendeleistung benötigt wird. Von Nachteil ist jedoch, dass BLE meist etwas langsamer als das klassische Bluetooth ist und die Reichweite durch die verringerte Sendeleistung auf etwa 10 bis 40 Meter beschränkt ist. Doch meist trägt man das Smartphone sowieso am Körper oder es bleibt in der Nähe der Sensoren. Um dann die Trainings- oder Gesundheitsdaten von überall erreichbar zu machen (z. B. für die persönliche Analyse zu Hause oder durch den Coach), müssen die Daten an einem Ort gesammelt werden. Dies geschieht heute meist mithilfe eines Cloud-Servers oder Ähnlichem, was jedoch einen Internetzugang mit ausreichender Bandbreite voraussetzt. Unter optimalen Bedingungen könnte man in Zukunft eine Datenübertragungsrate von etwa 1 GBit/s (Gigabit/Sekunde) erreichen, was derzeit zwar noch nicht flächendeckend verfügbar ist, jedoch bereits in Planung oder in der Umsetzung (wie z. B. 5G) ist. Dennoch können wir davon ausgehen, dass die Netzwerkkapazität in den nächsten Jahren enorm erweitert und verstärkt wird, was besonders den mobilen Endgeräten zugutekommen wird.

Hardware

Mithilfe von Kunststoff und 3D-Drucktechnologien ist es bereits heute problemlos möglich, anwendungsspezifische Geräte oder Halterungen sehr kostengünstig herzustellen. Die elektrische Energieversorgung mobiler Geräte wird jedoch ein zentrales Problem bleiben, wie z. B. die Akkulaufzeit von aktuellen Smartphones (1–3 Tage) oder Smartwatches (1–2 Tage). Hier kommt neue Hardware (z. B. neuartige Sensoren) ins Spiel, deren kleiner Energiebedarf durch alternative Energien wie Körperwärme, kinetische Energie, Licht- oder Schallwellen gedeckt werden kann. Dazu zählen aber auch wichtige Entwicklungen im Bereich der Displaytechnologien, wie z. B. Projektionen, besonders große oder kleine Bildschirme oder immer kleinere und leichtere Datenbrillen. Solche Datenbrillen können die Welt um uns herum mit digitalen Informationen erweitern („Augmented Reality“) oder es dem Benutzer ermöglichen, ganz in virtuelle 3D-Simulationen einzutauchen („Virtual Reality“).

Fazit

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, auf welche Weise diese Fortschritte für den Sport oder die Fitnessbranche nützlich sein können? Ein Ansatz in diesem Zusammenhang wäre, das Wissen von Sportlern, Gesundheitsexperten und Sportwissenschaftlern in Computersysteme zur Trainingsdiagnose und -intervention zu integrieren. Im Gegensatz zu ersten Versuchen aus den 1990er-Jahren des vorherigen Jahrhunderts ist die Qualität der technologischen Umsetzung und die Nachfrage von Trainern und Sportlern heutzutage bedeutend höher. In diesem Kontext bietet der neue Bachelor-Studiengang Sport-/Gesundheitsinformatik der DHfPG für die Sport-, Fitness- und Gesundheitsbranche die Möglichkeit, von diesem rasanten digitalen Wandel zu profitieren.

Über den Autor 

Prof. Dr. Marco Speicher ist Dozent an der DHfPG. 2019 promovierte er im Fachbereich Informatik an der Universität des Saarlandes zum Thema 'Measuring User Experience for Virtual Reality'. Von 2014 bis 2019 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Dort war er Teil des Forschungs- und Entwicklungsteams des Ubiquitous Media Technologies Lab (UMTL) und des Innovative Retail Laboratory (IRL).

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 04/2020 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

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