Restart: Neukundengewinnung als zentrale Herausforderung
Nach dem Wegbrechen des umsatzstarken Neujahrsgeschäfts und der schwierigen Situation rund um die Neukundenakquise stehen die Studiobetreiber aktuell vor großen Herausforderungen: Es gilt, zeitnah nach der Wiedereröffnung möglichst viele (Neu-)Mitglieder für das Training im Studio zu begeistern und trotz der anhaltenden Verunsicherung im Markt neues Vertrauen aufzubauen. Wie Betreiber diese Challenge meistern wollen und welche Strategien und Lösungen sie dabei verfolgen, lesen Sie in Interviews mit Ralf Trierweiler (juka dojo) und Sven Janus (terra sports).
Mit den Monaten Januar, Februar und März sind den Studiobetreibern nicht nur die umsatzstärksten Monate des Geschäftsjahres komplett weggebrochen, sondern ihnen ist auch einer der wichtigsten Zeiträume zur Neukundenakquise verloren gegangen.
Schwere Hypothek: wichtige Neuverträge fehlen
Aktuelle Branchenzahlen des DSSV oder der Sport Alliance zeigen, wie hart der zweite Lockdown die Branche aus wirtschaftlicher Sicht getroffen hat: Normalerweise 'puffert' gerade das erste Jahresquartal die natürliche Mitgliederfluktuation ab und sorgt für ein Drittel der jährlich abgeschlossenen Neuverträge – doch in Zeiten der COVID-19-Pandemie ist vieles anders.
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Allein im Januar fehlten den deutschen Unternehmen schätzungsweise 13 Prozent der kalkulierten Neuverträge. Berücksichtigt man zusätzlich das wirtschaftlich schwierige vierte Quartal 2020, mussten die Studiobetreiber in puncto Neuverträge Einbußen von bis zu 57 Prozent hinnehmen.
Mitgliedergewinnung wichtiger denn je
Angesichts dieser Zahlen wird deutlich, warum nach der Wiedereröffnung gerade der Neukundenakquise eine wichtige Bedeutung zukommt.
Doch wie gewinnt man in diesen unsicheren Zeiten Neukunden für das eigene Studio? Welche Rolle spielen dabei die Kundennähe und eine offene, transparente Kommunikation? Wie schafft man über entsprechende Angebote Sicherheit und Vertrauen?
Um diese und weitere Fragen zu beantworten, haben wir mit Ralf Trierweiler, Inhaber und Geschäftsführer der juka dojo Fitness Clubs in Hamburg, und Sven Janus, Geschäftsführer der terra sports GmbH, über ihre Lehren aus der Krise, neue Strategien und die Pläne für die bevorstehenden Monate gesprochen.
fMi: Rechnen Sie damit, fehlende Neuverträge im Jahresverlauf durch gezielte Maßnahmen kompensieren zu können?
Ralf Trierweiler:Ich glaube nicht, dass wir das in diesem Jahr schaffen werden. Wenn wir nach dem Lockdown wieder öffnen, beginnt ja die in Bezug auf Neuverträge ruhigere Zeit. An einen merkbaren Aufbau ist dann meines Erachtens erst wieder ab Herbst zu denken. Ich rechne damit, dass wir von heute an ca. zwei Jahre brauchen werden, um wieder auf dem Stand vor Corona zu sein.
Haben Sie geplant, in diesem Jahr vermehrt in die Kundengewinnung zu investieren?
Wir werden in Bezug auf die Neukundenakquise einen sehr hohen Aufwand betreiben. Das bedeutet aber nicht, dass wir hier gleich deutlich mehr Etat hineinstecken.
Zusätzlich zu den Neukunden, die noch nie bei uns waren, haben wir ja mehrere Zielgruppen, von denen wir die Kontaktdaten schon haben. Das sind z. B. all die Interessenten, die schon mal bei uns waren und aus irgendeinem Grund nicht abgeschlossen haben, aber auch die Mitglieder, die gerade jetzt in der Corona-Zeit nicht gekommen sind und gekündigt haben. Das sind unterschiedliche Zielgruppen, die jeweils anders angesprochen werden müssen. Hier werden wir einen hohen Aufwand betreiben.
Mit welchen Strategien und Angeboten wollen Sie in der Praxis bei den Interessenten punkten?
Ich rechne damit, dass die klassischen Themen, wie Abnehmen oder Schmerzfreiheit in Bezug auf Rücken und Gelenke, gerade nach dem Lockdown Wirkung zeigen. Hier ist es wichtig, dem Kunden klare Konzepte aufzuzeigen, wie er diese Ziele bei uns auch wirklich erreicht.
In diesem Bereich haben wir in der letzten Zeit viel automatisiert. Wir werden den Interessenten zielgenau Content zu ihren Problemthemen liefern können, in dem dann verschiedene Angebote des Kennenlernens enthalten sind. Dafür setzen wir auf eine Mischung aus Landingpages, E-Mail- und SMS-
Marketing, Webinaren und Videobotschaften, die den Kunden begleiten und zu uns in den Club führen sollen.
Welche Verkaufsargumente sind in der aktuellen Situation besonders wichtig sowie Erfolg versprechend und warum?
Ich denke, dem Kunden wird es um das Wohlfühlen und die Lebensqualität gehen. Gerade in diesen Bereichen können wir als Fitnessclub sehr stark punkten, was auch die eben genannten Themen beinhaltet.
Da wir aber auch gerade die Zielgruppe ansprechen wollen, die noch nicht bei uns war, müssen wir die Hürden so niedrig wie möglich setzen, z. B. durch Testangebote oder monatlich kündbare Angebote. Der Kunde muss das Erlebnis „Fitness“ spüren und er muss merken, dass dieses ein anderes ist, als wenn er vor dem PC Sport macht oder spazieren geht.
Im ersten Lockdown war ich noch der Meinung, das Thema Immunsystem würde die Menschen interessieren. Das ist aus meiner Sicht allerdings nicht der Fall. Daran müssen wir sicherlich langfristig arbeiten, kurzfristig sieht der Kunde uns hier aber nicht als ersten Lösungsanbieter.
Welche Rolle spielen die Faktoren Hygiene- und Sicherheitsstandards, Mitarbeiterqualifikation, digitale Zusatzangebote, Online-Verträge sowie flexiblere Mitgliedschaftsmodelle in der Außendarstellung und für das Marketing Ihrer Studios?
Oh, das sind ja viele, aber wichtige Fragen in einer (lacht). Die Hygiene wird einen sehr hohen Stellenwert haben. Dem Kunden muss schon in der Werbung deutlich gemacht werden, dass wir hier verantwortungsbewusst sind. Auch wird es wichtig sein, aufzuzeigen, dass ein Fitnessclub nicht unhygienischer ist als z. B. ein Supermarkt oder ein anderes Geschäft. Wir sind im Bereich Hygiene bei den meisten Punkten, wie Lüftung und Nachverfolgung von Kontakten, sogar deutlich besser aufgestellt.
Die Mitarbeiterqualifikation war vor dem Lockdown wichtig und ist es nach dem Lockdown auch. Gerade wenn wir einen deutlichen Unterschied zu den Online-Angeboten hervorheben wollen, werden in der nächsten Zeit neben den fachlichen besonders auch die sozialen Kompetenzen gefordert sein.
Auch wenn ich der Meinung bin, dass wir gerade die Kunden in unserem Studio haben, die den persönlichen Kontakt und die Atmosphäre im Club wollen, sehe ich die digitalen Angebote als eine tolle Ergänzung. Hier gibt es so viele Möglichkeiten, dem Kunden einen Mehrwert zu bieten. Wir werden dies beibehalten. Es ist aber auch für potenzielle Mitglieder ein Zwischenschritt, um mit uns in Kontakt zu kommen.
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Bei den Mitgliedschaftsmodellen bin ich eher konservativ. Ich glaube nicht, dass die Zeit der 24-Monatsvereinbarung schon vorbei ist. Sicherlich ist es wichtig, flexible und einfache Einstiegsmodelle zu finden, aber wenn der Kunde das Vertrauen hat, sieht er nach meinen Erfahrungen kein Problem in einer längeren Bindung. In der Werbung werden natürlich die Einstiegsmodelle eine Rolle spielen. Wir müssen unsere Erfahrung noch machen, ob die Kunden diese online abschließen. Im Discount- ist das vermutlich einfacher als im Premiumbereich.
Welche Lehren ziehen Sie aus der Krise für die zukünftige Neukundenakquise?
Wir waren vor dem Lockdown sehr glücklich mit unseren älteren Mitgliedern. Um unseren Schnitt von 55 Jahren im juka dojo Nienstedten wurden wir immer beneidet, da es sich hier bekanntlich um eine sehr konstante Zielgruppe handelt. Da waren wir sehr verwöhnt. Die Pandemie und die damit verbundene Angst gerade bei älteren Menschen hat dieses Bild komplett auf den Kopf gestellt. Wir werden also in der Werbung und im Angebot vermehrt auf eine Zielgruppe zwischen 30 und 50 Jahren setzen.
Sehen Sie im gestiegenen Gesundheitsbewusstsein und der Sensibilisierung durch die Pandemie auch eine Chance für ein weiteres langfristiges Mitgliederwachstum?
Auch wenn die Menschen uns in Bezug auf das Immunsystem noch nicht als ihren Ansprechpartner sehen, glaube ich, dass das Thema „körperliches Wohlbefinden“ eine größere Rolle einnehmen wird. Hier sehe ich die große Chance für uns, langfristig noch mehr zu wachsen. Und natürlich müssen wir intensiv daran arbeiten, dass wir in Zukunft als die gesehen werden, die die Risikogruppen in der Bevölkerung kleiner machen.
fMi: Rechnen Sie damit, fehlende Neuverträge im Jahresverlauf durch gezielte Maßnahmen kompensieren zu können?
Sven Janus: Die Zeit der Schließungen hat uns natürlich – wie alle anderen auch – in eine schwierige Lage gebracht. Nichtsdestotrotz werden wir die fehlenden Neuverträge kompensieren können. Wir haben durch unseren hervorragenden Kundenkontakt viele Mitglieder dazu bewegen können, uns in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen. Dafür möchte ich mich auch an dieser Stelle noch einmal persönlich bei allen Kunden herzlich bedanken.
Wir haben mit unserem Partner für Neukundengewinnung und Kundenbindung, der global fitness and health academy GmbH und Geschäftsführer Julian Hermsen, ein seit Jahren erfolgreiches System implementiert. Dies bezieht sich auf Neukundengewinnung – online und offline –, Empfehlungsmanagement, Kundenbindung sowie auf Schulungen des gesamten Personals. Von daher sind wir sicher, dass wir unsere Netto-Wachstumszahlen von mindestens zwölf pro Monat und Studio wieder erreichen werden.
Werden Sie in diesem Jahr vermehrt in die Neukundengewinnung investieren?
Wir haben schon immer stark auf diesen Bereich gesetzt, da der EMS-Sport generell noch etwas mehr Aufmerksamkeit benötigt als das Training in konventionellen Studios. Wir investieren monatlich in das Konzept der global fitness and health academy. Die Ergebnisse der letzten Jahre haben uns dahingehend bestätigt und gezeigt, dass wir die besten Wachstumszahlen der Branche haben.
Mit welchen Strategien und Angeboten wollen Sie in der Praxis bei den Interessenten punkten?
Ich denke, dass uns die Themen Sicherheit und Hygiene noch jahrelang begleiten werden. Daher haben wir alle Maßnahmen getroffen, um den besten Schutz bieten zu können.
Natürlich sind wir in erster Linie Personal Trainer. Daher ist jeder Erfolg des Kunden auch unser Erfolg. Dazu bieten wir eine Menge an Extraleistungen wie personalisierte Ernährungscoachings. Uns ist sehr wichtig, dass unsere Personal Trainer diesen Titel auch verdienen. Jeder Angestellte der terra sports GmbH, wird mehrmals pro Monat von der global fitness and health academy geschult und fortgebildet. Ohne eine fünftägige Startschulung arbeitet kein Mitarbeiter am Kunden.
Wir haben neben der DIN-Zertifizierung und der neuen Strahlenschutzverordnung nun auch die EU-Norm umgesetzt und werden in naher Zukunft alle Studios zertifiziert haben, sodass ein Maximum an Sicherheit für unsere Kunden gewährleistet ist.
Welche Verkaufsargumente sind in der aktuellen Situation besonders wichtig sowie Erfolg versprechend und warum?
Für uns sowie für die gesamte Branche ist es natürlich von Vorteil, dass wir ein beschränktes Kundenaufkommen haben. Personal Training ist für uns nur mit maximal zwei Kunden gleichzeitig möglich. Wir haben die Möglichkeit, Kontakte einfach und nachvollziehbar über die Studiosoftware zu tracken.
Neben den unzähligen Schutzmaßnahmen, die wir anbieten, steht natürlich das Ziel des Kunden im Mittelpunkt. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die professionelle Betreuung durch einen fachkundigen Personal Trainer das beste Mittel ist, seine persönlichen Ziele schnell und nachhaltig zu erreichen.
Welche Rolle spielen die Faktoren Hygiene- und Sicherheitsstandards, Mitarbeiterqualifikation, digitale Zusatzangebote, Online-Verträge sowie flexiblere Mitgliedschaftsmodelle in der Außendarstellung und für das Marketing Ihrer Studios?
Eine große Rolle. Die Hygiene- und Sicherheitsstandards hatten wir bei terra sports schon vor der Corona-Krise umgesetzt. Diese haben wir beispielsweise durch Plexiglasscheiben zwischen Kunde und Trainer noch einmal aufgestockt.
Die Qualifikation der Mitarbeiter ist der wichtigste Faktor. Neben dem dualen Studium an der DHfPG oder der Ausbildung über die IHK bilden wir unsere Mitarbeiter ständig fort. Die Themen Ernährung, Trainingslehre, Knigge, Verkauf, Kundenbindung, Anatomie und Physiologie durchläuft jeder Mitarbeiter je nach Wissensstand mehrmals im Monat. Die global fitness and health academy kann mit dem Psychologen Julian Hermsen auch unsere Führungskräfte optimal coachen und fortbilden.
Online-Verträge sind heutzutage selbstverständlich. Wir gehen diesen Weg aber etwas anders. Wir möchten über die Online-Verträge hinaus mit jedem neuen Mitglied der terra sports Familie persönlich sprechen, seine Wünsche, Ziele und Motivation herausfinden und ihm die Besonderheiten des EMS-Trainings bei terra sports erläutern. Wir haben einen hybriden Weg gewählt, weil für uns der persönliche Kontakt zum Kunden das Wichtigste und Schönste an unserer täglichen Arbeit ist.
Welche Lehren ziehen Sie aus der Krise für die zukünftige Neukundenakquise?
Die Kunden für den EMS-Sport sind vielfältig. Wir möchten in Zukunft auch gerade den Best Agern bessere Angebote und mehr Möglichkeiten geben, um terra sports zur Erfüllung ihrer persönlichen Ziele zu nutzen. Wir sind mit unserem Partner für die Neukundenakquise hochzufrieden. Wir haben ein komplettes System um den Kunden herum aufgebaut, das zukunftssicher ist und freuen uns alle, wenn es endlich wieder losgeht.
Sehen Sie im gestiegenen Gesundheitsbewusstsein und der Sensibilisierung aufgrund der Pandemie auch eine Chance für ein weiteres langfristiges Mitgliederwachstum?
Ja definitiv. Ich denke, die gesamte EMS-Branche wird nach der Wiedereröffnung einen enormen Kundenzufluss haben. Mich freut, dass unser Sport generell mehr in den Fokus rücken wird und ich bin sicher, dass sich alle Anbieter dieser Verantwortung bewusst sind.
Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 02/2021 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.
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