Bis zum Ende der Antragsfrist am 31. Mai 2020 gingen allein für die Soforthilfe über zwei Millionen Anträge ein. 13,5 Milliarden Euro wurden daraufhin erst nur an Kleinstunternehmen und Soloselbstständige ausgezahlt – später auch an mittlere Unternehmen (KMU). Es folgten in den zwei folgenden Jahren die Überbrückungshilfen I bis IV, die Neustarthilfe und die November-/Dezemberhilfe. Insgesamt wurden 4,1 Millionen Anträge mit 76 Milliarden Euro ausgezahlt (Stand: April 2025).
Bundesrechnungshof kritisiert BMWE
Noch nicht berücksichtigt bei den bisherigen Zahlen sind mögliche Nach- oder Rückzahlungen. Wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) dem bereits drängelnden Bundesrechnungshof schon Ende 2023 mitteilte, werden die Schlussberichte mit den finalen Zahlen aus den Ländern erst zum Jahresende 2025 erwartet.
In einer abschließenden Mitteilung rügte damals der Bundesrechnungshof (2023): „Das ... [BMWE] hatte sich auch drei Jahre nach Ende der Antragsfrist keinen genauen Überblick über die Soforthilfen verschafft.
Anhand der Daten, die die Länder erfasst hatten, ist das ... [BMWE] bis heute nicht in der Lage, schlüssig und vollständig festzustellen, wie viele Rückzahlungen in welchem Volumen bereits geleistet und zurückgefordert wurden und wie viele Rückzahlungen in welchem Volumen noch zu erwarten sind.“
Zu dem Zeitpunkt schätzte das BMWE, dass 30 Prozent der ausgezahlten Soforthilfen erstattet werden müssen. 2024 ging dann das BMWE davon aus, dass von den ursprünglich 13,5 Milliarden Euro ausgezahlten Soforthilfen rund fünf Milliarden Euro zu viel an Empfänger gegangen seien.
Und die weiteren Wirtschaftshilfen? Von bislang geprüften 14,5 Milliarden Euro – aus insgesamt rund 60 Milliarden Euro – wurden im Saldo knapp 308 Millionen Euro zurückgefordert (gut 2 %). Hochgerechnet könnten bis zum Abschluss der Schlussabrechnungen bis zu 700 Millionen Euro an den Bund zurückfließen; dabei ist zu beachten, dass die Überbrückungshilfen III Plus und IV in den bisherigen Prüfungen noch unterrepräsentiert sind (Stand: April 2025).
Nach einem wirklichen Überblick klingt das jetzt – im Sommer 2025 – nicht. Auch bis Ende des Jahres ist dieser, angesichts offener Prüfungsverfahren und laufender Klagen, nur schwer vorstellbar.
Soforthilfe – kleinste Hilfe, größte Probleme
Trotz der unvollständigen Daten ist eine Tendenz zu erkennen – das größte Konfliktpotenzial zwischen Antragssteller und Landesbank/IHK bietet das kleinste Paket, die Soforthilfe. Wird bei den restlichen Wirtschaftshilfen nur anteilig etwas zurückgefordert, ist es bei der Soforthilfe häufig der komplette Betrag. Aber nur weil eine Rückzahlungsaufforderung ausgestellt wird, muss nicht zwangsläufig gezahlt werden. Eine Erstattung ist jedoch häufig nur über eine Klage zu verhindern. Das Gute: Ein Erfolg vor Gericht ist für Unternehmen aussichtsreich.
Mittlerweile ist bekannt, dass über 400.000 Betroffene die erhaltenen Mittel entweder vollständig oder teilweise zurückgezahlt haben oder noch zurückzahlen müssen. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2024 des WDR, NDR und der Süddeutschen Zeitung unter allen 16 Landesregierungen wurden bis zum damaligen Zeitpunkt über 5.000 Klagen eingereicht (Fröhmcke & Grill, 2024). Inzwischen ist zu erwarten, dass die Anzahl der Klagen noch gestiegen ist, berücksichtigt man die anhaltenden Prüfungsverfahren einiger Bundesländer.
Immer mehr Verwaltungsgerichte, vor denen die Rückforderungen verhandelt werden, sehen es genauso wie der Bundesgerichtshof und kritisieren die Bearbeitung der Hilfsprogramme. Durch unternehmerfreundliche Urteile werden die Rechte von Firmen gestärkt und es gibt verschiedene Ansätze, mit denen Rechtsanwälte eine Rückzahlung verhindern können.
Formfehler und geänderte Bedingungen
Das Verwaltungsgericht Stuttgart entschied am 18. September 2024 im Fall einer Friseurin aus Heidenheim zugunsten der Hilfeempfänger. Die L-Bank Baden-Württemberg hatte einen Teil der Corona-Soforthilfe zurückgefordert.
Das Gericht stellte fest, dass die Förderbedingungen missverständlich waren und die Antragstellerin daher nicht erkennen konnte, dass die Soforthilfe ausschließlich zur Abwendung eines Liquiditätsengpasses bestimmt war. Aufgrund des Wortlauts des Bewilligungsbescheids durfte die Friseurin vielmehr davon ausgehen, dass auch eine existenzbedrohliche Wirtschaftslage oder erhebliche Umsatzeinbrüche ausreichend gewesen seien.
Sie habe die Mittel im Vertrauen auf die damals geltenden Vorgaben verwendet, eine nachträgliche Korrektur sei unzulässig. Der Vertrauensschutz habe Vorrang, wenn sich die behördliche Einschätzung im Nachhinein ändere (Verwaltungsgericht Stuttgart, Az. 15 K 7121/23).
In mehreren Fällen aus dem Jahr 2023 entschied das Oberverwaltungsgericht in Münster (OVG NRW) zugunsten von Soforthilfeempfängern, darunter ein Steuerberater, eine Inhaberin eines Kosmetikstudios sowie ein Betreiber eines Schnellrestaurants. Sie alle hatten im Frühjahr 2020 jeweils 9.000 Euro Soforthilfe erhalten.
Einige Monate später forderte das Land über Schlussbescheide knapp 7.000 Euro zurück. Aufgrund des hohen Zeitdrucks waren die Bescheide missverständlich formuliert, was bei den Empfängern zu verständlichen, aber falschen Erwartungen geführt hatte. Das OVG hielt dagegen: Missverständliche Formulierungen gehen zulasten des Landes. Es wies die Rückzahlungsforderungen zurück (Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW, Az. 4 A 1986/22).
Recht haben und Recht bekommen
Eine Garantie liefern diese Herangehensweisen nicht, wie ein gegenteiliges Urteil bei gleicher Argumentationskette aus Bayern zeigt (Verwaltungsgericht Ansbach, AN 15 K 23.1671). Grundsätzlich ist die Entscheidung für eine Klage sorgfältig abzuwägen und sollte ökonomisch mit dem schlechtesten Ergebnis kalkuliert werden. Sollte ein für das Unternehmen negatives Urteil nicht zu großen Schaden anrichten, stehen die Chancen gut, eine Erstattung abwenden zu können.
Einige Gerichte fassten die zahlreichen Klagen in Parallelverfahren zusammen und urteilten für mehrere Fälle gleichzeitig. Denn der Paragraf 93 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erlaubt es dem Verwaltungsgericht, Verfahren flexibel zu organisieren.
Wenn mehrere Verfahren zum selben Streitgegenstand anhängig sind, kann das Gericht sie zu einer gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden. Eine solche Verbindung kann auch jederzeit wieder aufgehoben werden. Ziel ist es, den Ablauf zu vereinfachen und dennoch eine gerechte Entscheidung zu ermöglichen.
Weiter spielen für ein Gericht bspw. spätere Kompensationsleistungen, wie es bei Fitnessstudios häufig vorkam, selten eine Rolle. Unternehmen sollten daher mit einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht ihre Situation individuell beurteilen und bei einer möglichen Klage ihre Begründung danach ausrichten. Die bisherigen Urteile bieten dabei eine gute Grundlage.
Evaluationsbericht zieht positives Fazit – Zweifel ist der Anfang der Weisheit
Derzeit werden die Corona-Wirtschaftshilfen im Auftrag des BMWE einer umfassenden externen, wissenschaftlichen Evaluation unterzogen. Neben den Überbrückungshilfen I bis IV sowie den November- und Dezemberhilfen umfasst diese Analyse auch die Corona-Soforthilfen und Neustarthilfen.
Ein erstes Ergebnis wurde im Juni 2025 (BMWE) veröffentlicht, dabei fällt das Fazit überwiegend positiv aus: Die Hilfen hätten maßgeblich dazu beigetragen, pandemiebedingte Liquiditätsengpässe zu überbrücken, Unternehmensinsolvenzen zu vermeiden und wirtschaftliche Strukturen zu stabilisieren.
Besonders wirksam seien die Unterstützungsleistungen in Branchen gewesen, die stark von den Lockdownmaßnahmen betroffen waren. Allerdings weist die Analyse methodische Grenzen auf und es bleiben die bereits erwähnten offenen Fragen: Wie zuverlässig kann ein Evaluationsbericht sein, wenn noch nicht alle Rückmeldeverfahren abgeschlossen sind (Stand: Juli 2025)?
Der vorliegende Bericht ist daher eher als Zwischenbilanz denn als abschließende Bewertung zu verstehen. Er liefert wertvolle Einblicke in Funktionsweisen und kurzfristige Effekte, bleibt aber in seiner Aussagekraft durch den noch unvollständigen Datensatz begrenzt.
Wer heute also noch mit einer Rückzahlungsaufforderung konfrontiert wird, sollte nicht vorschnell zahlen, sondern prüfen, ob eine Klage sinnvoll ist. Die bisherigen Entscheidungen der Gerichte zeigen deutlich, dass die Erfolgsaussichten gut stehen.
Wenn Sie mit Problemen oder Rückzahlungsaufforderungen konfrontiert sind, stehen wir Ihnen als DSSV gern zur Seite – melden Sie sich für eine erste Einschätzung bei uns. www.dssv.de/kontakt
Auszug aus der Literaturliste
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. (2025). Evaluation der Corona-Wirtschaftshilfen zieht ein positives Fazit. Berlin: Hrsg.
Bundesrechnungshof. (2023). Abschließende Mitteilung an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz über die Prüfung Grundlagen für die Schlussrechnung der Corona-Soforthilfen. Bonn: Hrsg.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktiere uns bitte hier per Mail.
Diesen Artikel kannst du folgendermaßen zitieren:
Wulf, A. (2025). Ende in Sicht?. fitness MANAGEMENT international, 5 (181), 50–51.





