Du möchtest das gesamte Gespräch lieber anhören als lesen? Dann klicke hier und springe direkt zum Video der Podcastfolge von 'Fitness im Ohr' mit Stephan Schulan und Christophe Collinet.
fM: Warum holt man sich einen Investor an Bord?
Stephan Schulan: Für mich war das ein ganz bewusster Schritt. Ich habe damals mit einem Partner aus eigenen Mitteln Studios aufgebaut – ohne Fremdkapital, ganz klassisch.

Aber irgendwann merkst du: Wenn du wirklich wachsen und ein skalierbares System schaffen willst, statt nur ein Studio nach dem anderen zu eröffnen, brauchst du Kapital und einen strategischen Partner.
Ein Investor bringt eben nicht nur Geld mit, sondern Know-how, Kontakte und den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten – das kann entscheidend sein. Wir arbeiten seit 2013 mit der NORD Holding zusammen. Das ist im Private-Equity-Umfeld eine ungewöhnlich lange Zeit und zeigt: Wir funktionieren miteinander.
Christophe Collinet: Bei mir war es ein bisschen anders. Als ich bei Fitness First eingestiegen bin, war der damalige Investor Oaktree Capital Management schon drin.

Ich kam aus der Strategieberatung, wollte aber mehr umsetzen und nicht nur Konzepte schreiben. Dass ich dann in ein Unternehmen kam, das bereits von einem Investor geführt wurde, war für mich spannend. Später kam es zum Wechsel von Oaktree zur Waterland Private Equity GmbH.
Das war ein bedeutender Meilenstein in meiner Expertise im Bereich M&A. Was ich immer wieder erlebe: Ein guter Investor bringt nicht nur Geld, sondern auch die Power, Dinge schneller zu bewegen. Wenn man ambitionierte Ziele hat, ist das ein echter Gamechanger. Unser Ziel ist nicht nur Größe, sondern ein funktionierendes Ganzes.
Wie findet Ihr neue Studios zur Übernahme?
Christophe Collinet: Ehrlich gesagt kommen viele Betreiber auf uns zu. Unser Ansatz der Marktstrategie und Integration ist inzwischen bekannt. Natürlich ist Vertrauen dabei ein riesiges Thema. Gerade, wenn ein Betreiber überlegt, sein Lebenswerk zu verkaufen, entscheidet vor allem das Bauchgefühl mit.
Stephan Schulan: Das kann ich nur bestätigen. Viele, die zu uns kommen, sind schon lange in der Branche, wollen aber aus Altersgründen aufhören oder einfach noch mal etwas anderes machen. Dann geht es nicht nur um den Preis, sondern vor allem um das 'Wie'. Ich bin bei jedem Erstgespräch persönlich dabei. Egal, ob es um ein einzelnes Studio oder um 20 Studios geht. Ich will, dass die Menschen verstehen: Wir übernehmen nicht nur Clubs, wir übernehmen Verantwortung.
Das Neue kommt, aber das Beste bleibt.
Christophe Collinet – CCO LifeFit Group
Wie werden Studios in der Praxis bewertet bzw. wie erfolgt die Preisfindung?
Stephan Schulan: Das ist immer individuell. Klar, gibt es Modelle – Ertragswert, EBITDA-Multiples und so weiter – aber wir schauen uns immer das Gesamtpaket an: Wie sieht der Mietvertrag aus? In welchem Zustand ist die Immobilie? Gibt es einen Investitionsstau? Wie ist das Team aufgestellt? Am Ende zählt: Wenn beide Seiten wollen, findet man immer einen Weg.
Christophe Collinet: Bei uns ist der Multiple-Ansatz durchaus dominanter, weil wir häufig profitable Ketten übernehmen. Aber du musst trotzdem genau hinschauen. Ein Studio kann ein gutes EBITDA haben, wenn aber in drei Monaten fünf Geräte ausfallen oder die Mietverträge auslaufen, hast du ein Problem. Anders herum: Wenn jemand frisch investiert hat und alles läuft rund, muss sich das im Preis widerspiegeln. Auch das Thema Steueroptimierung beim Verkauf nehmen wir sehr ernst und beraten dazu unsere Verkäufer aktiv.
Wie funktioniert Integration nach der Übernahme?
Christophe Collinet: Wir versuchen, so schnell wie möglich ins Gespräch zu kommen – mit den Teams, den Clubmanagern, den Mitgliedern. Wir sagen nicht: Alles neu macht die LifeFit Group. Sondern: Was gut ist, bleibt. Was besser geht, bringen wir mit. Es gibt viele Erfolgsgeschichten – Mitarbeitende von Einzelstudios oder kleineren Ketten sind bei uns heute Führungskräfte, die Teams leiten und bedeutende Positionen besetzen. Unser Motto dabei lautet immer 'Nach dem Deal ist vor dem Deal.'
Stephan Schulan: Genau. Für mich ist wichtig: Die DNA eines Unternehmens steckt nicht im Logo, sondern in den Menschen. Ich hatte zum Beispiel kein Problem damit, dass aus meiner Marke 'Jumpers', die ich mit einem Partner aufgebaut hatte 'all inclusive Fitness' wurde – weil unsere Werte weiterleben. Viele unserer Führungskräfte sind seit über zehn Jahren dabei. Das gibt Stabilität. Wenn neue Leute dazukommen, holen wir sie persönlich ab. Das ist aufwändig, aber extrem wertvoll.
Ein Investor bringt nicht nur Geld – er bringt strategische Stärke.
Stephan Schulan – CEO all inclusive Fitness
Wie geht Ihr bei der Integration mit verschiedenen Unternehmenskulturen um?
Christophe Collinet: Das ist bei jeder Übernahme einer der sensibelsten Punkte. Nach der Unterschrift beginnt die eigentliche Arbeit: die Integration. Wir setzen darauf, von Anfang an offen, wertschätzend und persönlich mit den Teams zu kommunizieren. Die Unternehmenskultur eines übernommenen Betriebs verschwindet ja nicht über Nacht – das wäre auch nicht unser Ziel. Vielmehr versuchen wir, die Stärken der bestehenden Kultur mit unserer Fitness First- bzw. LifeFit-DNA zu verbinden. Wir sagen unseren neuen Kolleginnen und Kollegen immer: „Das Neue kommt, aber das Beste bleibt.“
Stephan Schulan: Absolut. Kultur lässt sich nicht einfach standardisieren. Gerade bei inhabergeführten Studios ist der Spirit oft über Jahre gewachsen. Den darfst du nicht mit einer Rebranding-Maßnahme einfach übertünchen. Deshalb sind wir auch beim Onboarding sehr nah dran: Ich führe jedes Erstgespräch selbst.
Entwicklung all inclusive Fitness
Gründung jumpers Fitness – 1/250
Aufbau der Zentrale in Rosenheim; organisches Wachstum und Akquisition neuer Studios – 35/250
Akquisition von EuroFit – 69/250
Akquisition mehrerer Kleinketten und Einzelstudios – 92/250
Wachstum durch Übernahme von purfitness – 126/250
One Brand Strategy: Zusammenführung der drei Brands jumpers Fitness, all inclusive Fitness und BestFit zu all inclusive Fitness – 140/250
NORD Holding investiert in jumpers Fitness, um schneller und nachhaltiger zu wachsen – 10/250
Zusammenschluss von jumpers Fitness mit all inclusive Fitness und Gründung der Holding BestFit Group – 63/250
Akquisition mehrerer Kleinketten und Einzelstudios – 83/250
Zusammenschluss mit Flexx Fitness und FiveStar – 120/250
Akquisition mehrerer Kleinketten und Einzelstudios – 140/250
Zusammenschluss mit FIT STAR und Übernahme von Fitness Future – 170/250
Über all inclusive Fitness
all inclusive Fitness, eine der am schnellsten wachsenden und innovativsten Fitnessstudioketten in Deutschland, zeichnet sich durch eine tiefe Leidenschaft für Fitness, Gesundheit und Wohlbefinden aus. Jeder Club bietet unterschiedliche Trainingsbereiche – von funktionalem Training über klassisches Gerätetraining bis hin zu Fitnesskursen. Ziel ist es, ein erstklassiges und motivierendes Fitnesserlebnis zu bieten, das zugleich erschwinglich ist. Derzeit betreibt das Unternehmen rund 170 Clubs und zählt über 650.000 Mitglieder.
Unsere Erfahrung zeigt: Wenn du die Menschen ernst nimmst, ihnen mit Respekt begegnest und Perspektiven gibst, dann funktioniert die Integration – nicht immer sofort, aber langfristig stabil. Natürlich gibt es auch Fälle, in denen jemand sagt: „Das neue Konstrukt ist nichts für mich.“ Aber das ist völlig in Ordnung. Entscheidend ist, dass man den Übergang gemeinsam gestaltet.
Was waren Eure spannendsten Deals?
Stephan Schulan: Da fallen mir natürlich die großen Gruppen wie FIT STAR oder Flexx Fitness ein. Diese Übernahmen waren strategisch extrem wertvoll. Aber ich liebe auch die kleinen, feinen Übernahmen: Ein einzelnes Studio, bei dem alles passt, kann genauso befriedigend sein. Darauf sind wir mit einem internen Team spezialisiert, das genau diese Übernahmen sauber integriert.
Christophe Collinet: Ich erinnere mich besonders an unseren Einstieg bei smile X. Das war 2019, ein Wendepunkt für Fitness First. Wir haben 40 Millionen Euro über eine Anleihe aufgenommen, das war der Startschuss für unsere heutige Plattformstrategie.
Entwicklung LifeFit Group
Neupositionierung der Marke Fitness First – 52/250
Gründung der LifeFit Group – 60/250
Akquisition von Barry's in Frankfurt und Berlin – 81/250
Akquisition von FitnessLOFT – 121/250
Akquisition von Club Pilates Frankfurt – 144/250
Akquisition von BodyCulture Group – 164/250
Akquisition von SportsUp – 166/250
Akquisition von FIT/One – 204/250
Akquisition von ELBGYM – 60/250
Akquisition von smile X – 79/250
Akquisition von In Shape – 94/250
Akquisition von MA Holding GmbH – 143/250
Akquisition von Buena Vista Fitnessclubs – 149/250
Akquisition von YogaSix Frankfurt – 165/250
Akquisition von Sports & Health – 167/250
Akquisition von MoreFit – 212/250
Über die LifeFit Group
Die LifeFit Group ist eine führende Fitness- und Gesundheitsplattform in Deutschland, die mehrere Fitnessmarken wie Fitness First oder Barry’s Bootcamp unter einem Dach vereint. Die Gruppe ist bestrebt, ihre Kunden zu inspirieren und zu unterstützen, ihr Leben durch individuelle, abwechslungsreiche und zielgerichtete Gesundheits- und Fitnesserlebnisse zu verbessern. Mit rund 210 Studios und 700.000 Mitgliedern ist die LifeFit Group die größte Buy-and-Build-Plattform im deutschen Fitnessmarkt.
Wir hatten auch einen anderen Deal, der ziemlich herausfordernd war: Zwei Gesellschafter, die nicht mehr miteinander sprachen. Wir mussten zwei unterschiedliche Kaufverträge machen – es war fast wie eine Paartherapie, aber wir haben es geschafft. Natürlich war unser bisher größter Deal mit FIT/One bei dem wir in einem Schritt über 40 Studios übernommen haben.
Wie bewertet Ihr die Übernahme von clever fit durch Basic-Fit?
Stephan Schulan: Das kam für mich so überraschend wie für die ganze Branche. Ein Ereignis, das die Fitnesslandschaft in Deutschland nachhaltig verändern wird. Es entstehen neue Dynamiken, neue Strategien, neue Chancen. clever fit ist eine große Marke und Basic-Fit ein starker, internationaler Player. Die Frage ist: Wie wird die Integration laufen? Wird alles gerebranded? Ich bin echt gespannt, aber für unseren Kurs ändert es nichts.
Christophe Collinet: Ich sehe es als positives Signal: Große Deals zeigen, dass der Kapitalmarkt unserer Branche vertraut. Klar gibt es viele offene Fragen – was passiert mit dem Franchisemodell, wie geht es weiter? Aber grundsätzlich gilt: Mehr Bewegung im Markt heißt auch mehr Dynamik, und das kann uns allen helfen, die Penetrationsrate zu steigern.
Wie sieht Eure Vision bis zum Jahr 2030 aus und wie wird sich der Markt verändern?
Stephan Schulan: Wir wachsen bewusst – lieber ein Deal weniger als der falsche. Ich bin überzeugt, dass wir unser Ziel – 250 Clubs bis 2028 – locker erreichen werden. Das ist nur ein Zwischenziel. Der Markt wird sich konsolidieren, aber es wird auch weiterhin Platz für starke Einzelstudios, kreative Ketten und Premiumanbieter geben. Und das ist gut so. Wir brauchen Vielfalt – und wir brauchen noch viele neue Studios, wenn wir die 15 Millionen Mitglieder erreichen wollen.
Christophe Collinet: Absolut. Der Kettenanteil wird steigen, das sieht man auch international. Aber daneben wird es immer Platz für innovative Betreiber, Boutiquekonzepte und Nischenmodelle geben. Was ich spannend finde: Der Aggregatorenmarkt wächst rasant. Über 1,3 Millionen Menschen trainieren heute über Plattformen wie Urban Sports Club, Wellhub, Hansefit oder Wellpass. Das verändert den Markt und wir müssen es in unseren Strategien mitdenken.
Neugierig geworden? Dann jetzt die Folge des fitness MANAGEMENT Podcast 'Fitness im Ohr' mit Stephan Schulan und Christophe Collinet anhören.



