Coaching für mentale Gesundheit

Mental-Coaching kann das Training auf ein neues Level heben: Praktische Tools steigern die Motivation.
Lesezeit: 4 Minuten
Trainer und Trainierende geben sich im Fitnessstudio ein motivierendes High-Five; daneben Porträts von Heike Hofmann und Julia Krampitz, Autorinnen eines Fachartikels zur mentalen Gesundheit.
Eine starke mentale Gesundheit kann den Unterschied für die Leistungsfähigkeit im Training machen
Wenn der Kopf nicht mitspielt, hilft kein Trainingsplan. Mental-Coaching schließt die Lücke. Praktische Tools können die Motivation steigern und Erfolge sichern. So wird das Fitnessstudio zur ganzheitlichen Gesundheitsadresse.

Mentale Gesundheit ist eine essenzielle Voraussetzung für das allgemeine Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit des Menschen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2022) definiert mentale Gesundheit als einen Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre eigenen Fähigkeiten ausschöpfen, alltägliche Belastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zur Gemeinschaft leisten kann.

In einer Zeit, in der Stress, Unsicherheit und psychische Belastungen durch gesellschaftliche, wirtschaftliche und technologische Veränderungen zunehmen, gewinnt das Thema 'mentale Widerstandskraft' an Relevanz.

Ein entscheidender Faktor für mentale Widerstandskraft ist die Art und Weise, wie wir denken – unsere Denkmuster. Wer stark im Kopf ist, kann Herausforderungen mit einer lösungsorientierten Haltung begegnen und bleibt auch in belastenden Situationen handlungsfähig.

Unsere innere Einstellung beeinflusst maßgeblich, ob wir Stress als überwältigend empfinden oder ihn als Chance zur Weiterentwicklung begreifen. Während förderliche Denkmuster dabei helfen, konstruktiv mit Schwierigkeiten umzugehen, können hinderliche Denkmuster wie Grübeln, Katastrophisieren oder Selbstzweifel die mentale Belastung verstärken.

Stark im Kopf zu sein bedeutet, diese Muster bewusst zu reflektieren, anzupassen und eine resiliente Denkweise zu entwickeln.

Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass psychische Erkrankungen weltweit einen der größten Faktoren für Krankheitslasten darstellen (Vos et al., 2021). Neben individuellen Belastungen können auch gesellschaftliche Krisen wie die COVID-19-Pandemie einen Einfluss auf die mentale Gesundheit haben.

Eine Studie von Pfefferbaum und North (2020) hebt hervor, dass die Pandemie weltweit zu einem Anstieg psychischer Belastungen geführt hat, insbesondere durch soziale Isolation, wirtschaftliche Unsicherheiten und gesundheitliche Ängste.

Mentale Stärke als Schlüsselkompetenz

Doch nicht alle Menschen reagieren gleichermaßen auf Stress und Krisen. Während einige in schwierigen Zeiten psychisch zerbrechen, zeigen andere bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit. Diese Unterschiede lassen sich unter anderem auf den individuellen Umgang mit Stress, die persönlichen Ressourcen sowie soziale Unterstützungsnetzwerke zurückführen (Bonanno, 2004).

Resilienz – die Fähigkeit, sich trotz widriger Umstände anzupassen und zu wachsen – ist ein dynamischer Prozess, der durch gezielte Maßnahmen gefördert werden kann. Hier setzt Coaching als wirksames Instrument an: Es ermöglicht, individuelle Schutzfaktoren zu stärken und resiliente Strategien zu entwickeln, um psychische Belastungen besser zu bewältigen und langfristig mentale Widerstandskraft aufzubauen (Siegrist & Rödel, 2020).

Fitness- und Gesundheitsanlagen als Partner für mentale Gesundheit

Fitnessstudios sind ideale Orte für Mental-Coaching: Der regelmäßige Kundenkontakt, gewachsene Vertrauensbeziehungen zwischen Trainern und Mitgliedern sowie die nachgewiesenen Synergieeffekte zwischen körperlichem Training und mentaler Stärkung schaffen optimale Bedingungen.

Studios mit integrierten Coaching-Angeboten verzeichnen nicht nur eine höhere Kundenbindung, sondern leisten einen wichtigen präventiven Beitrag zur psychischen Gesundheit ihrer Mitglieder. Sie entwickeln sich damit vom reinen Trainingsort zum ganzheitlichen Gesundheitszentrum.

Damit Fitnessstudios ihre Rolle für die mentale Gesundheit optimal erfüllen können, ist ein Verständnis der zugrunde liegenden Basis – der mentalen Stärke – entscheidend.

Mentale Stärke als zentrales Element der Resilienz

Mentale Stärke beschreibt die Fähigkeit, unter herausfordernden Bedingungen stabil zu bleiben, produktiv zu handeln und lösungsorientierte Strategien zu entwickeln. Sie beruht auf mehreren Kernfaktoren:

  • Optimismus: die Fähigkeit, auch in schwierigen Situationen positive Perspektiven zu entwickeln (Seligman, 2011)
  • Akzeptanz: das Annehmen von Situationen, die nicht veränderbar sind (Frankl, 2009)
  • Lösungsorientierung: der Fokus auf Handlungsstrategien anstelle von Problemverstärkung (Goleman, 2018)
  • Selbstwirksamkeit: das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, Herausforderungen erfolgreich zu meistern (Bandura, 1997)
  • emotionale Regulation: der bewusste Umgang mit Stress und negativen Emotionen (Gross, 2015)

Coaching als Schlüssel zur mentalen Widerstandsfähigkeit

Coaching bietet einen strukturierten Rahmen, um mentale Stärke gezielt zu entwickeln. Durch individuelle Gespräche, gezielte Interventionen und praxisorientierte Übungen können Klienten ihre Ressourcen erkennen, weiterentwickeln und in den Alltag integrieren. Dabei geht es insbesondere um:

  1. Ressourcenaktivierung: Die Identifikation und Nutzung persönlicher Stärken ist ein zentraler Bestandteil des Coachings. Ressourcenorientierte Methoden fördern das Selbstbewusstsein und ermöglichen eine gezielte Kompetenzentwicklung (Schüler et al., 2018). Interventionen aus der Positiven Psychologie haben sich als besonders effektiv erwiesen, um langfristige Verhaltensänderungen und eine positive Selbstwahrnehmung zu fördern (Seligman, 2011).
  2. Kognitive Umstrukturierung: Viele mentale Belastungen entstehen durch hinderliche Gedankenmuster und negative Glaubenssätze. Durch Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie (engl. cognitive behavioral therapy, CBT) können solche Denkmuster identifiziert, hinterfragt und durch realistischere und konstruktivere Sichtweisen ersetzt werden (Beck, 2011). Studien zeigen, dass kognitive Umstrukturierung wirksam zur Stressbewältigung beiträgt und das Risiko für Depressionen und Angststörungen reduziert (Hofmann et al., 2012).
  3. Zielorientierung: Die Definition realistischer und motivierender Ziele schafft Struktur und Klarheit. Das SMART-Modell (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert) unterstützt dabei, Ziele konkret zu formulieren und die Selbstverpflichtung zu stärken (Locke & Latham, 2002). Coachingbasierte Zielsetzungen wurden mit einer erhöhten Erfolgswahrscheinlichkeit und langfristiger Verhaltens-
    änderung in Verbindung gebracht (Grant, 2012).
  4. Achtsamkeits- und Entspannungstechniken: Praktiken wie Meditation, Atemtechniken oder Progressive Muskelentspannung haben sich als wirksam erwiesen, um Stressreaktionen zu verringern und emotionale Balance zu fördern (Kabat-Zinn, 1990). Studien belegen, dass regelmäßige Achtsamkeitsübungen nicht nur das allgemeine Wohlbefinden steigern, sondern auch die Resilienz gegenüber Herausforderungen stärken (Baer, 2003).
  5. Lösungsfokussierte Fragen: Coaching fördert eine lösungsorientierte Perspektive, indem es gezielte Fragen stellt, die zur Reflexion und zum Perspektivwechsel anregen (De Shazer, 1985). Studien bestätigen, dass lösungsorientierte Gesprächsführung zu einer schnelleren Problembewältigung und höheren Zufriedenheit mit den eigenen Entscheidungen führt (Grant & O’Connor, 2010).

Mentale Gesundheit fördern:

Fünf Coaching-Impulse für den Trainingsalltag

  • Stärken sichtbar machen: Nach dem Training gezielt nach Erfolgen fragen – zum Beispiel: „Was hat heute gut funktioniert?“ Das fördert Selbstvertrauen und Motivation.
  • Blockierende Gedanken hinterfragen: Bei Aussagen wie „Ich schaffe das nicht“ kann die Gegenfrage helfen: „Was könntest du tun, damit es funktionieren kann?“ – ein kleiner Perspektivwechsel mit großer Wirkung.
  • Ziele konkret formulieren: Im Beratungsgespräch mit der SMART-Methode arbeiten: Klare, realistische Ziele machen Fortschritte messbar und geben Orientierung im Training.
  • Ruhephasen bewusst nutzen: Kurze Atemübungen oder Achtsamkeitsmomente – vor dem Training, nach Kursen oder als Impuls zwischendurch – helfen, Stress abzubauen und den Fokus zu schärfen.
  • Lösungsorientiert kommunizieren: Fragen wie „Was hat in einer ähnlichen Situation geholfen?“ oder „Was wäre ein erster machbarer Schritt?“ stärken die Eigenverantwortung und fördern Handlungskompetenz.

Fazit

Mentale Gesundheit ist ein dynamischer Prozess, der aktiv gefördert werden kann. Coaching bietet wissenschaftlich fundierte Werkzeuge, um Resilienz und psychische Widerstandsfähigkeit gezielt zu stärken.

Langfristige Forschungsergebnisse bestätigen, dass Coaching nicht nur kurzfristige Verbesserungen im Wohlbefinden bewirken kann, sondern auch langfristig zu einer besseren Stressbewältigung und positiven Lebensgestaltung beiträgt (Theeboom et al., 2014; Grant, 2012).

Gezieltes Training von Schutzfaktoren führt langfristig zu mehr Wohlbefinden und psychischer Stabilität (Bonanno, 2004; Tugade & Fredrickson, 2004).

Gerade im Fitness- und Gesundheitsbereich kann Coaching ein wertvoller Baustein sein – vorausgesetzt, es wird von qualifiziertem Fachpersonal mit fundierter Ausbildung angewendet, das mentale Prozesse sicher und wirksam begleiten kann.

Auszug aus der Literaturliste

De Shazer, S. (1985). Keys to Solution in Brief Therapy. New York: W. W. Norton & Company.

Goleman, D. (2018). Emotional Intelligence: Why It Can Matter More Than IQ. Bantam. New York.

WHO (2022). World Mental Health Report. Genf: World Health Organization.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktiere uns bitte hier per Mail.

Diesen Artikel kannst du folgendermaßen zitieren:

Hofmann, H. & Krampitz, J. (2025). Coaching für mentale Gesundheit. fitness MANAGEMENT international, 5 (181), 120–122.

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