Digitale Barrierefreiheit

Mehr als nur Farben und Schriftgrößen: Das BFSG regelt das gesamte digitale Nutzererlebnis. Was genau gilt?
Lesezeit: 2 Minuten
Ein aufgeklappter Laptop mit digitalen Dokumenten, die als schwebende Fenster über dem Bildschirm dargestellt sind. Im Hintergrund bunte App-Symbole auf dunklem Verlauf. Rechts oben das Logo des DSSV – Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen.
Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Das BFSG verpflichtet Studios zur barrierefreien Gestaltung digitaler Angebote – von der Website bis zur App
Digitale Barrierefreiheit: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) soll EU-weit einheitliche Standards setzen. Bei Verstößen gegen die gesetzlichen Vorgaben drohen Bußgelder. Was Fitnessstudios jetzt wissen müssen.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) gilt in Deutschland seit dem 28. Juni 2025. Es verpflichtet Unternehmen, ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten.

Websites mit Vertragsabschluss- oder Buchungsmöglichkeit, Buchungs-Apps, Terminals oder Mitgliederportale müssen so aufgebaut sein, dass sie ohne Einschränkungen auch von Menschen mit Behinderungen genutzt werden können. Wer jetzt handelt, schafft nicht nur Rechtssicherheit, sondern stärkt auch die Mitgliederbindung.

Rechtlicher Rahmen und Zielsetzung

Das BFSG basiert auf dem European Accessibility Act und soll EU-weit einheitliche Standards für digitale Barrierefreiheit schaffen. Konkret heißt das für Fitnessstudios: Inhalte müssen per Screenreader lesbar, ohne Maus bedienbar, strukturiert und verständlich sein.

Dabei geht es nicht nur um Farben oder Schriftgrößen, sondern um die gesamte digitale Nutzererfahrung – von Navigation bis Kommunikation.

Für wen gilt das Gesetz?

Alle Studios, die digitale Angebote bereitstellen, sind betroffen – unabhängig davon, ob es sich um Websites, Apps oder digitale Anmeldetools handelt. Eine Ausnahme gilt lediglich für Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz bzw. einer Bilanzsumme von unter zwei Millionen Euro.

Beide Bedingungen müssen gleichzeitig erfüllt sein. Die Beschäftigtenzahl wird anhand sogenannter Jahresarbeitseinheiten (JAE) berechnet, wobei eine JAE einer ganzjährig vollzeitbeschäftigten Person entspricht – Teilzeitkräfte oder Aushilfen zählen nur anteilig. Auszubildende und Mitarbeitende in Elternzeit werden nicht berücksichtigt.

Warum sich Barrierefreiheit auch wirtschaftlich lohnt

Barrierefreie digitale Angebote verbessern nicht nur die Erreichbarkeit für Menschen mit Behinderungen, sondern machen die Nutzung auch für ältere Mitglieder oder Menschen mit temporären Einschränkungen angenehmer.

Gleichzeitig sendet ein solches Angebot ein klares Signal für Inklusion und Verantwortung. Gerade in einer Branche, die stark auf Vertrauen, Nähe und Service setzt, kann Barrierefreiheit ein echter Wettbewerbsvorteil sein – und Studios jeder Größe profitieren davon.

Einstieg: digitale Angebote prüfen

Der erste Schritt zur Umsetzung ist die systematische Bestandsaufnahme. Online-Tools helfen dabei, Schwachstellen wie fehlende Alternativtexte, zu geringe Kontraste oder schlecht strukturierte Inhalte zu identifizieren.

Für eine umfassendere Bewertung empfiehlt sich ein BITV-Selbsttest nach der Barriere-freie-Informationstechnik-Verordnung (BITV). Er orientiert sich an den internationalen Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und beleuchtet technische, gestalterische und inhaltliche Kriterien.

Noch fundierter ist die Zusammenarbeit mit Dienstleistern für digitale Barrierefreiheit, etwa spezialisierten Agenturen. Sie führen professionelle Analysen durch, geben konkrete Handlungsempfehlungen und begleiten die Umsetzung.

Umsetzung in der Praxis

Barrierefreiheit beginnt bei der Website: Diese sollte per Tastatur bedienbar, mit Screenreadern nutzbar und klar strukturiert sein. Bilder benötigen Alternativtexte, Formulare müssen verständlich und übersichtlich aufgebaut sein.

Auch mobile Apps und Mitgliederportale sollten logisch gestaltet, intuitiv bedienbar und flexibel darstellbar sein. Im Studio selbst gewinnen digitale Terminals an Bedeutung. Sie sollten gut erreichbare und große Touchscreens, eine klare Menüführung sowie akustische oder haptische Rückmeldungen bieten.

Ebenso wichtig: Digitale Inhalte wie Newsletter, Trainingspläne oder Vertragsunterlagen müssen barrierefrei gestaltet sein. Schulungen für Mitarbeitende fördern Sensibilität und verbessern den Umgang mit betroffenen Mitgliedern.

Risiken bei Nichtbeachtung

Fitnessstudios sollten jetzt aktiv werden, um Risiken und Kosten zu vermeiden. Die zuständigen Behörden können kontrollieren, ob die gesetzlichen Vorgaben zur digitalen Barrierefreiheit eingehalten werden – und bei Verstößen unmittelbar Nachbesserungen verlangen.

Bei schwerwiegenden Mängeln drohen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro. Wer zu spät reagiert, setzt sich nicht nur rechtlichen Konsequenzen, sondern auch hohem organisatorischem Druck und unnötigen Mehrkosten aus.

Fazit

Digitale Barrierefreiheit ist mehr als eine Pflicht – sie ist ein Qualitätsmerkmal moderner Dienstleistung. Fitnessstudios, die jetzt handeln, sichern sich nicht nur rechtlich ab, sondern schaffen zukunftsfähige, inklusive und kundenfreundliche Angebote.

Diesen Artikel kannst du folgendermaßen zitieren:

Hecher, A. (2025). Digitale Barrierefreiheit. fitness MANAGEMENT international, 3 (179), 62

fitness types

-Anzeige-

Für fitness MANAGEMENT berichtet

Mehr von diesen Autoren

Das marea Fitness in Lingen hat das Zertifizierungsverfahren „ZertFit“ der BSA-Zert nach DIN-Norm 33961 erfolgreich absolviert und beantwortet damit zugleich...
An dieser Stelle haben wir Anfragen Ihrer Kollegen, unserer Mitglieder, zum Thema Rechte und Pflichten gegenüber Mitarbeitern gesammelt. Kurz und...
Schulung von UV-Fachpersonal: In der Wahrnehmung vieler Betreiber und auch der Öffentlichkeit ist die Schulung und Zertifizierung von UV-Fachpersonal der...