Fragt man ChatGPT, wie sich das Gesundheitscoaching oder Fitnesstraining entwickeln wird und welche Rolle die Künstliche Intelligenz darin spielen könnte – und das mal gut, mal böse – rattern innerhalb von Sekunden folgende Zeilen herunter:
Utopie
In einer Zukunftsvision, die heute Realität geworden ist, integrieren Fitness- und Gesundheitszentren weltweit intelligente Assistenzsysteme, die von Künstlicher Intelligenz gesteuert werden. Die Trainer, die vorher mit der aufwändigen Planung und Auswertung von Trainingsprogrammen beschäftigt waren, nutzen nun die automatisierten Systeme, um sich voll und ganz auf die individuelle Betreuung ihrer Trainierenden zu konzentrieren. In einem Vorzeigestudio wird das neue Modell mit Begeisterung aufgenommen. »Ich habe endlich Zeit, mich wirklich auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Trainierenden einzulassen«, berichtet Fitness-Trainerin Anna Müller. »Die KI analysiert die Daten, schlägt individuelle Trainingspläne vor, und ich kann mich um das fokussierte Coaching und die Motivation kümmern.«
ChatGPT 4o, 2024
Dystopie
In einer düsteren Wendung könnte Künstliche Intelligenz zunehmend die menschlichen Trainer ersetzen. Insbesondere wenn KI-Systeme nicht nur die Analyse und Erstellung von Trainingsplänen übernehmen, sondern auch das gesamte Coaching und die Kommunikation automatisieren, entstehen Szenarien wie das folgende: »Ich habe meinen Trainer seit Monaten nicht mehr gesehen«, klagt die langjährige Kundin Rebecca. »Wenn ich Fragen habe oder Anpassungen brauche, erhalte ich standardisierte Antworten von einem Chatbot.« Experten warnen vor den psychologischen Auswirkungen dieser Entwicklung. Trotz der Effizienzsteigerung und der konstanten Datenüberwachung vernachlässigen diese Systeme die emotionalen und sozialen Aspekte des Trainings.
ChatGPT 4o, 2024
Fest steht, dass Künstliche Intelligenz (KI) zahlreiche Möglichkeiten zur Optimierung des Coachings bietet: KI kann Daten effizient analysieren, personalisierte Pläne erstellen und Routineaufgaben übernehmen.
Fest steht jedoch auch, dass der Mensch zentraler Teil der Wertschöpfungskette bleiben muss (Meckel & Steinacker, 2024, S. 13).
KI dient als Assistenzsystem, das den Trainerinnen und Trainern den Raum gibt, ihre eigentlichen Stärken auszuspielen: Fachkompetenz, Empathie, Motivation und individuelle Betreuung.
Optimierung
Ein Vorteil von KI im Gesundheitscoaching ist die automatisierte Datenerfassung und -analyse (Cust, Sweeting, Ball & Robertson, 2019).
Trainierende nutzen Wearables und Apps, die biometrische Parameter (z. B. Blutdruck, Ruhepuls), aber auch Daten zu körperlichen Aktivitäten oder Schlafgewohnheiten erfassen. KI-Algorithmen analysieren diese Daten und ermöglichen so:
- eine automatische Anpassung von Trainingsplänen basierend auf den aktuellen Werten,
- eine präzise Analyse von Fortschritten und darauf aufbauend Modifikationen, um Über- oder Unterforderungen zu vermeiden,
- eine Reaktion auf Veränderungen im Gesundheitszustand des Trainierenden, wie z. B. bei einem kürzlich aufgetretenen Infekt.
Durch diese Assistenz können Trainerinnen und Trainer mehr Zeit in die persönliche Betreuung investieren.
Während die KI das 'Was' des Trainings optimiert, kümmert sich der Trainer um das 'Wie', indem er auf individuelle Bedürfnisse eingeht und motivierende Unterstützung bietet.
Personalisierung des Coachings durch KI
Neben der automatisierten Analyse spielt die Personalisierung eine zentrale Rolle. Aktuell sind Empfehlungen, die im Rahmen eines Gesundheitscoachings gegeben werden, schon hochwertig, mit KI können sie optimiert sowie individueller und lösungsorientierter gestaltet werden.
Durch die Unterstützung von KI bieten sich hier mögliche Ansatzpunkte, z. B. beim Erstellen individueller Pläne unter Berücksichtigung von Fortschritten, Einschränkungen oder Präferenzen (Filler, Kowatsch, Haug, Wahle, Staake & Fleisch, 2015).
KI-Assistenzsysteme helfen dabei, die persönlichen Ziele der Kundinnen und Kunden präziser zu definieren und anzupassen.
So können Modifikationen automatisch vorgenommen werden, wenn die KI erkennt, dass ein Trainierender nach längerer Inaktivität wieder ins Training einsteigen möchte (Bickmore, Schulman & Sidner, 2013).
Diese Personalisierung ist eine wertvolle Ergänzung zum Coaching durch den Trainer, der die Feinabstimmung übernimmt und den persönlichen Kontakt pflegt.
Rolle des (menschlichen) Trainers
Trotz der Fortschritte der KI bleibt die Trainerin bzw. der Trainer das Herzstück des Gesundheitscoachings und trägt damit entscheidend zu dessen Erfolg bei.
KI kann helfen, Entscheidungen zu treffen, aber die Verantwortung für die Interpretation und Anwendung dieser Entscheidungen liegt weiterhin beim Menschen.
In der Praxis bedeutet das:
- Empathie und emotionale Intelligenz: Der Trainer besitzt die Fähigkeit, die psychologische und emotionale Lage seiner Trainierenden zu erkennen und auf die Stimmung, Ängste und Herausforderungen der Trainierenden einzugehen. Dies ist entscheidend, um langfristige Erfolge zu sichern.
- Mentale Unterstützung: Trainierende benötigen oft mehr mentale als trainingsspezifische Unterstützung. Ein Trainer, der motivierend eingreift, kann den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen.
- Feinjustierung: Auch wenn KI Datenmuster erkennt, bleibt der menschliche Trainer verantwortlich für die Feinjustierung der Trainingsprogramme. Denn nicht alle Faktoren sind messbar. Der Trainer kann in einem persönlichen Gespräch Aspekte aufgreifen, die über die reine Datenerhebung hinausgehen – z. B. kann er mögliche Ursachen für Schlafprobleme erörtern und den Trainingsplan entsprechend anpassen oder ergänzen (z. B. durch ein Entspannungstraining).
- Direkte Betreuung auf der Trainingsfläche: Der Trainer erkennt sofort, wenn ein Trainierender Korrekturen bei der Ausführung von Übungen benötigt.
- Individuelle Anpassung im Dialog: KI liefert Daten, aber der Trainer setzt diese in den spezifischen Kontext des Trainierenden und bietet Unterstützung.
Es ist zu betonen, dass KI nicht dazu gedacht ist, die Trainerin oder den Trainer zu ersetzen, sondern ihnen zu helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die persönliche Betreuung und Motivation, die den Unterschied zwischen kurzfristigem Erfolg und langfristiger Bindung machen.
Flexibles Training
Ein weiterer Vorteil der KI-basierten Systeme ist die Möglichkeit, das Gesundheitscoaching ortsunabhängig durchzuführen.
Gerade in Zeiten zunehmender Digitalisierung und mobiler Arbeitskonzepte wünschen sich viele Trainierende flexible Möglichkeiten, die nicht an einen festen Standort gebunden sind.
Mit KI-gestützten Plattformen (z. B. einer Fitness-App) können Trainierende ihre Trainingseinheiten zu Hause oder unterwegs absolvieren und erhalten trotzdem detaillierte Anweisungen und Anpassungen in Echtzeit.
Dennoch bleiben die Trainerinnen und Trainer die zentralen Ansprechpartner: Sie stehen zur Verfügung, um das Training individuell zu justieren, Fragen zu beantworten, persönliche Tipps zu geben oder die Trainingsmotivation aufrecht zu erhalten.
Herausforderungen
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen, die bei der Implementierung von KI im Gesundheitscoaching bedacht werden müssen (Franke, 2023).
So spielt das Thema Datenschutz eine zentrale Rolle (Bloch, Schumann & Clauss, 2022):
- Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten: Trainierende müssen darauf vertrauen können, dass ihre Daten sicher sind und auch vom Trainer nicht missbraucht werden.
- Transparenz in der Entscheidungsfindung: Trainerinnen und Trainer müssen verstehen, wie KI ihre Trainingspläne beeinflusst, und immer wieder kritisch hinterfragen.
Es geht darum, Technologie in den Dienst der Menschen zu stellen und sicherzustellen, dass der Mensch die Kontrolle behält.
KI sollte als Werkzeug gesehen werden, das die Effizienz steigert, ohne den menschlichen Aspekt des Coachings zu ersetzen (Meckel & Steinacker, 2024).
Fazit
Künstliche Intelligenz bietet enormes Potenzial für das Gesundheitscoaching in Fitness- und Gesundheitseinrichtungen.
Sie entlastet Trainerinnen und Trainer bei Routineaufgaben, ermöglicht personalisierte Trainingspläne und steigert die Motivation der Kundinnen und Kunden durch kontinuierliches Feedback.
Der menschliche Trainer bleibt dabei zentral und kann sich dank der KI stärker auf die individuelle Betreuung konzentrieren, was die Qualität und den Erfolg des Coachings langfristig verbessert.
Einrichtungen, die frühzeitig auf diese Technologie setzen, schaffen einen Wettbewerbsvorteil und steigern das Kundenerlebnis nachhaltig.
Auszug aus der Literaturliste
Bloch, W., Schumann, M. & Clauss, M. (2022). Digitalisierung und künstliche Intelligenz in der Sportmedizin. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 73 (1), 5–12.
Franke, R. (2023). Coaching und KI. Chancen und Gefahren des Einsatzes künstlicher Intelligenz.Coaching-Magazin, (4), 46–48.
Meckel, M. & Steinacker, L. (2024). Alles überall auf einmal. Wie Künstliche Intelligenz unsere Welt verändert und was wir dabei gewinnen können (Originalausgabe). Hamburg: Rowohlt.
Diesen Artikel kannst du folgendermaßen zitieren:
Kind, S. (2025). Neue Welten: Coach und KI? fitness MANAGEMENT international, 1 (177), 102-104.
Fragen, Feedback oder etwas entdeckt? Lass es uns wissen – wir freuen uns auf deine Nachricht!