DSSV | Autor/in: Iris Borrmann |

Corona-Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter:innen

Seit die Fitnessstudios wieder für Trainierende öffnen können, müssen Studioinhaber:innen gewappnet sein. Da viele Schutzmaßnahmen weiter bestehen, müssen die Hygienekonzepte überprüft werden und es ist ein Briefing aller Mitarbeiter:innen erforderlich. Schließlich sollen die Mitarbeiter:innen nicht nur selbst alle Auflagen und Bestimmungen einhalten, sondern auch den Betrieb bestmöglich präsentieren.

Rechtsberatung für Fitnessstudios: Corona-Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter:innen

Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Inhaber, um die Mitarbeiter zu verpflichten, einen bestens vor Corona geschützten Betrieb zu repräsentieren?

Dazu wird im Folgenden auf zwei wichtige Aspekte eingegangen: Zum einen geht es um die Frage, ob der Studioinhaber anordnen kann, dass die Mitarbeiter sich einer Corona-Schutzimpfung unterziehen.

Zum anderen wird eine aktuelle Gerichtsentscheidung besprochen, die das oft von Mitarbeitern als lästig empfundene Tragen einer Maske während der Arbeit im Studio konkretisiert.

Kann der Studioinhaber eine Corona-Impfung für die Mitarbeiter anordnen?

Voraussetzung für eine Impfpflicht

Grundsätzlich gilt zum jetzigen Zeitpunkt, dass eine Impfung ein bedeutender Eingriff in die grundrechtlich geschützte Position der körperlichen Unversehrtheit des Arbeitnehmers ist, die der Arbeitgeber nicht anordnen darf. Ausgenommen sind nur medizinisches Personal, das eine Masernimpfung zulassen muss1, und Soldaten der Bundeswehr, die nach dem Soldatengesetz verpflichtet sind, bestimmte Impfungen hinzunehmen2, um die Einsatzbereitschaft der Truppe nicht zu schwächen.

Keine Corona-Impfpflicht

Will der Arbeitgeber in einem nichtmedizinischen oder nicht-militärischen Betrieb eine Impfung der Mitarbeiter anordnen, ist dies nur auf der Grundlage eines Gesetzes möglich.

Da es derzeit keine Corona-Impfpflicht gibt, kann der Arbeitgeber keine Maßnahmen gegen diejenigen Mitarbeiter ergreifen, die nicht geimpft sind oder es grundsätzlich ablehnen. Der Arbeitgeber muss die Mitarbeiter also beschäftigen, unabhängig davon, ob sie geimpft sind oder nicht.


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Die Ausnahme

Falls ein nicht geimpfter Arbeitnehmer in einem gesundheitlich sensiblen Bereich innerhalb des Fitnessstudios arbeiten muss und der Arbeitgeber bei Abwägung der Interessen aller Beteiligten zu dem Ergebnis kommt, dass dieser Mitarbeiter ohne Impfung nicht in Kontakt mit seinen Kunden kommen darf, könnte dieser seinen Anspruch auf Arbeitsvergütung verlieren oder personenbedingt gekündigt werden. Das wäre der Fall, wenn der Mitarbeiter ohne Impfung für die Ausübung seines Berufes ungeeignet wäre. Dies wird allerdings hauptsächlich im klinisch-gesundheitlichen Bereich angenommen. Im sportlich-gesundheitlichen Bereich kommt es selten zu einer Annäherung von Personen, der nicht durch die allgemeinen Schutzmaßnahmen (Maske, Abstand) begegnet werden kann.

Mitteilungspflicht der Arbeitnehmer

Arbeitnehmer müssen auch nicht aktiv mitteilen, ob sie geimpft sind oder nicht. Wenn der Arbeitgeber aber die Auskunft verlangt, weil er auch für die Gesundheit der übrigen Arbeitnehmer und seiner Kunden zu sorgen hat, kann diese Frage zulässig sein. 

Verweigerung bestimmter Beschäftigungen für Nicht-Geimpfte

Wenn der Arbeitgeber ein konkretes Interesse daran hat, dass ein ungeimpfter Arbeitnehmer keinen Zutritt zu bestimmten Bereichen bekommt, muss er das sehr genau begründen. Eine Begründung ist nur stichhaltig, wenn die allgemeinen Maßnahmen, etwa Abstandsregelung und Maskenpflicht, nicht ausreichend sind.


 


Hier handelt es sich beispielsweise um Anwendungen direkt an einer Person, die über eine halbe Stunde lang unmittelbar engsten Kontakt erfordert (z. B. Massagen). Ein Arbeitgeber kann einem ungeimpften Mitarbeiter auch die Nutzung eines sehr kleinen Pausenraums untersagen, wenn sich dort bereits eine weitere Person aufhält. Solche Regelungen sollten nachvollziehbar in einer Gefährdungsbeurteilung dokumentiert werden.

Verbietet man gewisse Beschäftigungen oder den Zutritt zu Räumlichkeiten, ist immer zu prüfen, ob es dadurch zu einer (arbeitsrechtlich sanktionierten) Benachteiligung von Beschäftigten kommt, die ihren Anspruch auf Schutzimpfung nicht wahrnehmen wollen (§ 612a BGB). Ein Arbeitnehmer müsste eine rechtswidrige Anordnung des Arbeitgebers nicht beachten und könnte zusätzlich auf Unterlassung klagen.

Auslobung eines Impfbonus

Hat der Arbeitgeber ein nachvollziehbares Interesse an der Impfung, kann er im Gegenzug dafür, dass der Arbeitnehmer seine grundrechtlich geschützte Position aufgibt, eine Belohnung anbieten. Ein Impfbonus kann z. B. in Form einer Sonderzahlung an Arbeitnehmer geleistet werden, die sich freiwillig gegen das Coronavirus impfen lassen (Nachweis anfordern!). Zu beachten ist, dass die Einführung einer solchen Sonderzahlung am allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen ist.

Eine entsprechende Impfprämie müsste daher so gewährt werden, dass kein Mitarbeiter benachteiligt wird, ohne dass ein Sachgrund dafür vorliegt. Eine Differenzierung zwischen 'regulären' Vollzeitbeschäftigten und Beschäftigten in Teilzeit, Minijobbern, dual Studierenden etc. dürfte hier nicht gelten, da der Inhaber von der Impfung sämtlicher Beschäftigten profitiert – unabhängig von deren Status und Beschäftigungsgrad.

Vor der tatsächlichen Umsetzung empfiehlt es sich, die Voraussetzungen einer Impfprämie, deren Höhe und Zahlungsmodalitäten präzise zu formulieren, bevor sie den Mitarbeitern gegenüber kommuniziert wird.

Tipp: Für die Bonusauszahlung können Arbeitgeber die steuerfreie Coronaprämie nutzen (siehe: BMF, Schreiben v. 26.10.2020, IV C 5 - S 2342/20/10012 :003). Das gilt für alle Inhaber, die diese Prämie (höchstens 1.500 EUR) bisher noch nicht ausgezahlt haben.

Die Frist zur Auszahlung der einmaligen Prämie wurde bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Da die Impfbereitschaft ein sachliches, objektivierbares Kriterium ist, verstößt die darauf begründete Entscheidung nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Kann der Inhaber das Tragen einer Maske durchsetzen?

Grundsätzliche Maskenpflicht

Diese Frage ist leicht zu beantworten, da inzwischen in fast allen Räumen mit Publikumsverkehr – sogar hoheitlich – eine Maskenpflicht angeordnet ist. Die Diskussion darüber, ob jetzt auch in Fitnessstudios medizinische (FFP2-)Masken erforderlich sind, hat gerade erst begonnen.

Aufgrund der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung sowie aus Gründen der Fürsorgepflicht für alle anderen Mitarbeiter ist der Inhaber berechtigt und verpflichtet, das Tragen einer Maske anzuordnen. Bei Verstoß folgt eine Abmahnung. Wird diese Abmahnung ignoriert, kann das Arbeitsverhältnis verhaltensbedingt gekündigt werden.

Vorlage eines Attestes

Die Maskenpflicht wurde jedoch bereits während des ersten Lockdowns dadurch unterwandert, dass viele Hausärzte ein Attest ausstellten, das den Patienten von der Maskenpflicht befreite. Später gab es dafür sogar Vordrucke im Internet.

Ein Präzedenzfall 

In einem vom Arbeitsgericht Siegburg im Dezember 2020 gesprochenen Urteil3 wurden hierzu einige Sachverhalte klargestellt. Im zugrunde liegenden Fall ging es darum, dass ein im Rathaus beschäftigter Mitarbeiter das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht erfüllen wollte, obwohl diese Verpflichtung vom Dienstherrn angeordnet worden war.

Er legte ein ärztliches Attest vor, das ihn ohne Angabe von Gründen von der Maskenpflicht befreite. Auf die Anweisung des Arbeitgebers, in den allgemeinen Räumen ein Gesichtsvisier zu tragen, legte er ein neues ärztliches Attest vor, das ihn ebenfalls ohne Angabe von Gründen auch von der Pflicht zum Tragen von Gesichtsvisieren jeglicher Art befreite

Der Arbeitgeber lehnte daraufhin die Beschäftigung des Angestellten ohne Gesichtsbedeckung im Rathaus ab. Auf den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Arbeitnehmers, ohne Gesichtsbedeckung an seinem alten Arbeitsplatz zu arbeiten oder alternativ im Homeoffice beschäftigt zu werden, hat das Arbeitsgericht nun Folgendes klargestellt:

  1. Der Arbeitgeber darf das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung während der Arbeitszeit anordnen, da der Gesundheits- und Infektionsschutz der Mitarbeiter und Besucher das Interesse des Arbeitnehmers überwiegt.
  2. Enthalten ärztliche Atteste, die eine Befreiung von der Maskenpflicht bescheinigen, keine konkreten und nachvollziehbaren Angaben, warum eine Maske nicht getragen werden kann, bestehen Zweifel an ihrer Richtigkeit. Ein ärztliches Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht bedarf konkreter und nachvollziehbarer Angaben.

Wichtig ist, dass das Gericht Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Atteste zugelassen hat. Atteste müssen nach Auffassung des Gerichtes konkrete und nachvollziehbare Angaben enthalten, warum eine Maske nicht getragen werden kann. 

Es muss nachvollziehbar sein, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren. Soweit entsprechende Vorerkrankungen vorliegen, müssen auch diese konkret bezeichnet werden.


Hinweis: Die dargestellten Informationen entsprechen dem Kenntnisstand vom 12. März 2021. Aufgrund der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden regelmäßigen Anpassungen der Maßnahmen kann es sein, dass diese Informationen nicht mehr aktuell sind. Beachten Sie daher zusätzlich auch die Meldungen auf der DSSV-Website.


1Seit Inkrafttreten des Masernschutzgesetzes am 1. März 2020 dürfen bestimmte Arbeitnehmergruppen (z. B. Erzieher, Lehrer und medizinisches Personal) nur tätig werden, wenn sie einen Impfnachweis erbringen können.

2§ 17 a Soldatengesetz

3Arbeitsgericht Siegburg – Urteil vom 16.12.2020 – Az.: 4 Ga 18/20


 

Iris Borrmann, DSSV-Syndikusanwältin

Zu allen rechtlichen Fragen rund um den Studioalltag bietet die Rechtsabteilung des DSSV im Rahmen einer bestehenden Mitgliedschaft die Möglichkeit, eine kostenlose rechtliche Erstberatung mit Einschätzung der Rechtslage zu erhalten, beispielsweise nach Erhalt einer Attestkündigung, zur Überprüfung von Vertragsklauseln oder zu arbeitsrechtlichen Themen.

Tel.: 040 - 766 24 00, E-Mail: jurist@dssv.de

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